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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1900
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- Erscheinungsdatum
- 13.02.1900
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- Deutsch
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ZS, 13. Februar 1900. Nichtamtlicher Teil. 1237 Statuen, welche sich im Stuttgarter Schloßpari befinden u. s. w. — stehen bleiben, obgleich sie zum Teil absolut nicht keusch wirken. Aber wenn eine ernste Reproduktion in einem Kunstladen ausgestellt wird, dann wollen Sie auf Grund der lex Heinze gegen dieselbe vergehen. Nachdem auch noch das Kunstgesetz vom Jahre 1876 derartige Reproduktionen direkt unterstützt, wird das ganze deutsche Volk überhaupt nicht begreifen können, welche Logik in einem Gesetz ist, das das Original, das in riesigen Dimensionen auf der Straße steht, einfach stehen laßt, das aber die ernste und künstlerische Kopie beanstandet! (Sehr richtig! links.) Ueber diese Unlogik werden Sie unter keinen Umständen hinwegkommen! Meine Herren, wir gehen aber in unserer Anschauung bezüglich der Gefahren der Bestimmung noch weiter: Wenn Sie auch vielleicht an das Kunstmuseum nicht heran können, so können Sie doch unter allen Umständen nach dem Wortlaut des Gesetzes gegen die Kunstausstellungen Vorgehen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Künstler auch -zu geschäftlichen Zwecken-- ausstellt; die Kunst will leben, der Künstler will vor allem seine Bilder verkaufen, er will bekannt werden, damit er zahlende Käufer bekommt. Deshalb hege ich keinen Zweifel, daß dis Kunstausstellung auch nach der Fassung des H 184a der I» Heinze unterliegt. Dazu kommt noch ein weiteres Moment. Genügt denn der Rechtszustand, den wir bisher hatten, nicht? Ist denn die Polizei, vor allem die preußische Polizei, bisher nicht prüde und zimperlich genug auf diesem Gebiet vorgegangen? Es sind ja auch in süddeutschen Städten verschiedene merk würdige Geschichten vorgekommen. Ich will nicht von den Leuten reden, denen es oontrs natnrs.w sui gsnvris geht, daß sie lange Hosen anziehen, den Wadenstrllmpflern unseres bayerischen Hochlandes, die angeblich in Stuttgart aufgegriffen worden sein sollen. (Heiterkeit.) Das mag unrichtig dargestellt worden sein. Aber das eine läßt sich nicht leugnen, daß ebenfalls in Stuttgart, ein Kunstblatt, dem auch meiner Meinung nach nicht das Ge ringste nachgesagt werden kann, beanstandet wurde. Sie wissen vielleicht, daß eines der hervorragendsten Kunstwerke der Neuzeit das »Leben Michelangelos« von Herman Grimm ist. Dieses Werk trägt als Titelblatt den bekannten David von Michelangelo, der in Florenz — glaube ich — aus dem Markte steht. Nun, meine Herren, die Polizei in Stuttgart hat dieses Bild als unzüchtig bezeichnet und bewirkt, daß dasselbe aus dem Ladenfenster wegkam. Ich glaube, daß ich eine weitere Kritik über ein derartiges polizeiliches Vor gehen nicht hinzuzufügen brauche. (Sehr wahr!) Ich will auch gar nicht sprechen von den vielen Konfis kationen, die vor allem im August, September und Oktober hier geschahen, bei Werken, die bisher zehn, zwanzig Jahre im Kunsthandel erschienen waren, und die nie irgendwie be anstandet worden sind; allein, meine Herren, es ist doch ein glücklicher Zufall für uns, daß gerade in den letzten Tagen die Berliner Polizei eine große Thätigkeit in solchen Dingen entfaltet hat. (Sehr gut! links.) Sie hat uns sehr in unseren Bestrebungen gegen dieses Gesetz genützt. So kam es, daß z. B. zwei Reproduktionen von Böcklins »Spiel der Wellen« — der Herr Kollege Gaulle hat, soviel ich weiß, die Güte, es nachher dem hohen Hause vorzulegen —, künstlerische Reproduktionen von Siemeradzki und Veith, auf Veranlassung eines Schutzmanns aus dem Auslegefenster hinweggeräumt wurden. (Hört! Hört! links.) Der Schutzmann soll bezeichnenderweise erklärt haben, als man ihm auseinandersetzte, daß es sich hier um ein großes Kunstwerk handle, welches sogar in Seiner Majestät Galerie, der sogenannten »Schackothek« in München ausgestellt sei, — der Schutzmann ist ja natürlich der deutsche Kunst- censor—: »so etwas gehört nicht in das Schaufenster hinein«. (Hört! hört! links.) Was aber erst in den letzten Tagen vorkam, das ist ein Fall bei dem Kunsthändler Wendler hier; ich bin in der Lage, einen großen Teil des ganzen Materials dem hohen Hause vorlegen zu können. Am 3V. Januar des heurigen Jahres kam nach der vollständig glaubwürdigen Erzählung des Kunsthändlers ein hocharistokratisch aus sehender Mann in die Kunstlehrmittelanstalt des Herrn Wendler in der Wilhelmstraße Nr. S9 dahier und verlangte einige Aktstudien. Der Herr Wendler sah, daß er es hier mit einem sehr noblen Herrn zu thun hatte; er glaubte unter keinen Umständen nötig zu haben, die Legitimation von dem Herrn zu verlangen; er hielt ihn für einen Künstler oder wenigstens für einen Kunstmäcen: er hat ihm daher ohne weiteres diese Aktstudien vorgelegt. Es handelt sich um drei hochkünstlerische Werke, um das Werk -Freilicht- von Professor Max Koch, dem bekannten Historienmaler, dann den »Kinder akt« von Max Perser und endlich das Werk »Der Akt« von Professor Max Koch und Professor Rieth dahier. Nun hat sich der Herr aus diesen Aktstudien — es waren über 100 Stück — drei ausgewählt und hat den Laden verlassen. Am nächsten Tage ist ein Polizeikommissar gekommen und hat dem Herrn Wendler gesagt, gestern wäre ein Herr dagewesen, der sich nicht als Künstler legitimiert hätte; er habe ihm trotzdem drei Aktstudien verkauft; er müsse deswegen die sämtlichen Aktstudien, die er auf Lager habe, mit Beschlag belegen und eine Haussuchung vornehmen. (Hört! hört! links.) Infolgedessen sind die sämtlichen Aktstudien, die ich hiermit zum Teil dem hohen Hause vorlege, die sämtlich von künst lerischem Wert sind, konfisziert worden. Von welcher Be deutung diese Aktstudien sind, und von welchen Motiven der Verfasser vor allem ausging, das können Sie am besten aus einem Originalbriefe ersehen, den ich hier von Professor Max Koch in Händen habe. Herr Professor Max Koch schreibt nämlich an Herrn Wendler: Soweit die Sache aber mein Aktwerk angeht, so sagen Sie dem Kiminalkommissar, daß ich mich als lang jähriger Erzieher der Kunstjugend veranlaßt gefühlt hätte, diese Studien herauszugeben, um dem Atelier handel mit Aktausnahmen, welche lediglich zur An reizung der Sinnlichkeit dienen, vorzubeugen. (Hört! hört!) Meine Herren, hier handelt es sich also um ernste künst lerische Aktstudien, die vor allem deswegen herausgegeben wurden, um der llnstttlichkeit entgegenzutreten. Nun muß ich denn doch sagen: wenn unter den bisherigen Rechts verhältnissen in einer derartigen Weise gegen die deutsche Kunst vorgegangen wird und vorgegangen werden kann, dann fragt sich doch wohl endlich die ganze KUnstlerschaft: wie wird das erst werden unter dieser sogenannten lex Heinze? (Sehr richtig! links.) Meine Herren, die deutsche Kllnstlerschaft — das spreche ich in diesem Hause offen aus — hätte es aber wegen ihrer Laxheit und Schlappheit geradezu verdient, daß sie unter ein derartiges Gesetz käme; denn die Herren haben, obwohl es ihnen von verschiedenen Seiten nahegelegt ist, sie sollten doch etwas gegen diese drohende Gefahr thun, fast nichts gethan; aber, meine Herren, infolge dieser letzten Vorgänge in Berlin — das kann ich Ihnen versichern, ich habe mit einer Reihe von Herren darüber gesprochen — ist eine hochgradige Er is?
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