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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1900
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- 13.02.1900
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- Deutsch
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1242 Nichtamtlicher Teil. 36, 13. Februar 1900. wie ich sie eingangs meines Vortrags angegeben habe, ist in den Urteilen nicht ausgesprochen. Diese Urteile beziehen sich lediglich auf Einzelfälle, und es ist durchaus nicht aus geschlossen, und nach der ganzen dreißigjährigen Vergangen heit unserer Rechtsprechung ist es sehr wahrscheinlich, daß das Reichsgericht aus seinen alten Standpunkt zurllckkehren und dem Begriff »unzüchtig» wieder die alte enge Inter pretation geben wird. Meine Herren, ich bitte unter diesen Umständen gerade im Interesse unserer Heranwachsenden Jugend und unseres sittlichen Volkslebens, den Z 184 a anzunehmen. (Lebhafter Beifall.) Präsident: Ehe ich das Wort weiter gebe, habe ich dem Hause mitzuteilen, daß mir ein Antrag auf namentliche Abstimmung über den Z 184a zugegangen ist, gestellt von dem Herrn Abgeordneten Ur. Müller (Sagan) und unterstützt von 50 Abgeordneten. Das Wort hat der Herr Bevollmächtigte zum Bundes rat, Staatssekretär des Reichs-Justizamts, Wirkliche Geheime Rat vr. Nieberding. Ur. Nieberding, Wirklicher Geheimer Rat, Staatssekretär des Reichs-Justizamts, Bevollmächtigter zum Bundesrat: Meine Herren, die Regierungsvorlage, nicht der Kommissions- beschluß — ich betone das, weil ich auf den Kommisfions- beschluß erst später zu sprechen komme —, hat nichts anderes im Auge, als zu verhindern, daß Bücher und Bilder von grober offensichtlicher Schamlosigkeit an öffentlichen Plätzen und Straßen in einer Weise ausgestellt werden, die Aergernis erregt. Wenn hier von einigen Herren darauf Bezug genommen ist, daß in Berliner Läden kürzlich gewisse Sachen beanstandet worden seien, die nicht in den Schaufenstern sich befanden, so hat das mit der Intention der Regierungsvorlage gar nichts zu thun. Die Beispiele, die in dieser Beziehung hier angeführt worden sind, mögen zur Unterhaltung des hohen Hauses beigetragen haben; zur Bekämpfung dessen, was von seiten der Regierung hier beantragt worden ist, sind sie nicht geeignet. Ebensowenig passen andere Beispiele, die hier angeführt worden find, um das Haus in seinen Bedenken zu stärken. Beispiele die Bezug nehmen auf Statuen und Bilder, die in Parks und Gärten aufgestellt seien und nun auf ein mal nicht in öffentlichen Schausenstern ausgestellt werden sollen. Die Regierungsvorlage verlangt ausdrücklich, daß die Ausstellung in einer ärgerniserregenden Weise erfolgt. Das kann der Fall sein, wenn in belebten Straßen, wo Frauen und Kinder regelmäßig verkehren, Bilder gewisser Art in ausdringlicher Weise ausgestellt werden. Das braucht aber nicht ebenso der Fall zu fein, wenn die Ausstellung in einem von dem großen Verkehr abgelegenen und wenig gesuchten Park ohne den geschäftlichen Zweck der Anlockung der Vorüber gehenden erfolgt ist. Auch Las, meine Herren, sind Bei spiele, die hier zur Unterhaltung beitragen mögen, die aber nicht derart sind, um die Regierungsvorlage damit bekämpfen zu können. Meine Herren, die Regierungsvorlage will nichts anderes als der notorischen Thatsache Rechnung tragen, daß sich in den Straßen und auf öffentlichen Plätzen mehr als erträglich eine niederträchtige Spekulation auf die Anlockung der Auf merksamkeit des Publikums mittels Schamlosigkeiten, eine gewerbsmäßige Zudringlichkeit, die aus die gemeinen In stinkte der Menschen rechnet, breit macht, raffinierte Be mühungen, die jeden mit Empörung erfüllen müssen, der derartige Dinge sieht. Jeder, der hier auch nur eine Stunde lang durch die Straßen von Berlin wandelt, kann eine An zahl solcher Beispiele an sich vorüberziehen lassen, und nie mand wird behaupten können, daß das reelle geschäftliche Leben oder die wirkliche Kunst oder der Verkehr überhaupt irgendwie ernsthaft beeinträchtigt werden, wenn das Gesetz dafür sorgt, daß diese Dinge aus den Schaufenstern ver schwinden. Nichts anderes wollen wir, und ich meine, das ganze Haus hätte daran Interesse, daß solche Dar stellungen nicht täglich vor dem Zartgefühl der Frauen und vor der Unschuld der Kinder hier öffentlich auf Straßen, Plätzen, in den Parks angeboten und gezeigt werden. (Sehr richtig! in der Mitte.) Nichts anderes — ich wiederhole das — will die Regierungs vorlage, und alle Einwendungen, die hier erhoben werden, sind Scheineinwendungen; denn sie treffen den Kern der Sache nicht. Das ist die Regierungsvorlage! Nun sagte der Herr Abgeordnete Roeren, im wesentlichen sei der Kommisstons vorschlag die Regierungsvorlage. Die Richtigkeit dieser Be hauptung muß ich bestreiten: die Kommissionsvorlage unter scheidet sich wesentlich von der Regierungsvorlage, so wesentlich, daß ich das Haus dringend bitten muß, die Kommissions vorschläge abzulehnen und dafür die Regierungsvorlage an zunehmen. Und die Herren von der Kommission werden sich vielleicht aus der Stimmung des Hauses überzeugen, daß es ein Fehler ist, den Bogen zu überspannen und Dinge in den Entwurf hineinzubringen, die nach seinem ursprüng lichen Sinn nicht hineingehören, und damit den guten Zweck, der in der Regierungsvorlage verfolgt ist, zu gefährden. In zwei Punkten unterscheidet sich der Kommissions beschluß von der Regierungsvorlage. Zunächst will der Kommissionsbeschluß gemäß der besonderen Neigung der Kommission, das jugendliche Alter zu schützen, hier eine Be stimmung einschieben, wonach auch die junge Welt bis zum achtzehnten Lebensjahre hin dagegen geschützt werden soll, daß schamlose Schriften und Bilder ihr angeboten werden. Ich muß befürworten, diesen Satz aus dem Beschluß der Kommission zu beseitigen, weil er in den Gedanken der Vorlage gar nicht hineinpaßt. Die Regierungsvorlage will den Anstand aus öffentlichen Straßen und Wegen schützen; sie will insbesondere, daß das Auge der unschuldigen Kinder welt nicht durch Dinge beleidigt wird, die auf die Straßen und in die Schaufenster nicht gehören. Deshalb setzt die Vorlage nur, aber auch immer voraus, daß unter allen Um ständen durch die Art und Weise, wie Schriften oder Bilder dem Publikum dargeboten werden, ein öffentliches Aergernis gegeben und das Schamgefühl gröblich verletzt wird. Meine Herren, dieser Gesichtspunkt fällt vollkommen weg, wenn es sich darum handelt, die Kinder gegen das Anbieten schmutziger Erzeugnisse zu schützen, auch dann, wenn dies nicht in der Oefsentlichkeit geschieht und wenn man den Dingen die Unflätigkeit gar nicht ansieht. Das gehört in den Paragraph nicht hinein, das verschiebt den Gedanken der Vorschrift; das kann zu mißlichen Auslegungen in der Recht sprechung führen, und schon um hier Unklarheit zu vermeiden, muß ich Sie bitten, diese Einschaltung der Kommission zu beseitigen. Glauben die Herren von der Kommission, daß es nötig ist, ein gewisses Alter der Jugend hier noch besonders vor Schamlosigkeiten zu schützen — ich glaube nicht, daß das nötig ist —, aber glauben die Herren das, dann mögen sie einen Antrag stellen, der in einem besonderen Paragraphen diesen Gedanken konzentriert; in diesen Paragraphen hier gehört der Gedanke nicht hinein. Zweitens, meine Herren, ist eine Bestimmung in die Regierungsvorlage hineingekommen, die nach meiner Meinung vermöge ihres vagen Charakters für die Anwendung des Paragraphen verhängnisvoll werden müßte. Ich wiederhole: der Thatbestand, den die Regierungsvorlage ooraussetzt, be schränkt sich einfach darauf, daß jemand zu Geschäftszwecken Schriften von grober Schamlosigkeit in ärgerniserregender Weise in den Fenstern der Läden, auf Straßen, öffentlichen
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