5012 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Fertig« Bücher. X- 88, 1V. April 1924. Wie urteilt die Presse über die Bücher aus dem See-Verlag in Konstanz """ Tilde Biber, Der heilige Peter Der Roman eines jungen Mannes Dte „Berlmer Morgenzeitung : . . . Das alte Lied vom Frühlingserwachen in geschmackvoller Weise. Nichts Zynisches, nichts Brutales, sondern reinste keusche Liebe ist «s, welche die Verfasserin ihrem Titelhelden, dem heiligen Peter, beilegt, der leib haft vor uns steht- Sein Ringen, sein Entsagen und seine schließlich« Liebe, die, wenn auch nicht standesamtlich bestätigt, doch bis " an seinen Tod reicht, dies alles wird in angenehmer, feiner Art und Weise erzählt. Gute Milieuschilderungen und manch' lustiges Moment machen das Buck zu einer sehr anregenden Lektüre. Roman. Aus den Papieren eines verstorbenen deutschen Diplomaten ihn als wundervolle Friedens- und Menschlichkeitöidee zur Schlußfolgerung des ganzen Buches erhebe Das Buch enthält den Roman und die aktenmäßigen Aufzeichnungen. Beides war nicht zur Veröffentlichung bestimmt: die Witwe des Verfassers hat es jetzt erst der Ver gangenheit entrissen. Man muß ihr dafür dankbar sein, denn sie hat dadurch nicht nur die Öffentlichkeit mit den ersten Memoiren- Begegnungen mit seltsamen Begebenheiten: Landstreichern, Verbrechern, Artisten, religiös Wahnsinnigen, sexuellen Merkwürdigkeiten, Sozialdemokraten, Syndikalisten, Kommunisten, Anarchisten, Politikern und Künstlern. Der Buchhändler Richard Müller, Hamburg, im „Vorhos": EM Schäl-rbuch, -u, »<rrücki-»Bu», da« s° rito, du die mehr oder weniger aus dem Gleichgewicht gekommen sind, Landstreicher, Verbrecher, Artisten, religiös Wahnsinnige und dergleichen. Wenn auch abseitig, so tritt uns doch eine Romantik entgegen, die den Höhenflug des geistigen Menschen in wunderbarer Helle aufzeigt. Stofflich bietet das Werk so ungeheuer viel Witziges, daß man manchmal hell auflacht, wie es möglich ist, daß Menschen in ihren Empfindungen und geistigen Erlebnissen auf so eigentümliche Wege geraten können. Vielfach muß man allerdings über mancherlei Klatsch hinweglesen. Doch auch dieser gehört zu dem Bannkreise des Ganzen. Wenn der Verfasser mit Heller Blend laterne in das Bohömienleben dieser Abenteurer, Hochstapler und Weltenbummler, sowie in den Literatur-Klüngel hineinleuchtet, so sieht man ein kaleidoskopartiges Bild von zum Teil schrillen, meistenteils aber farbigen Umrissen- Wir bewundern die ungeheuere PersonenkenntniS des Verfassers, die er sich auf seinen weiten Reisen durch die Welt, nicht allein in der Jetztzeit, sondern auch vor dem Kriege zu eigen gemacht hat. Wenn der Verfasser uns die enge Verbindung der Sexualität mit der Geistesverfassung und mit dem geistigen (politischen) Handeln auf der einen Seite in bestrickender Weise nahezubringen sucht, so gibt er uns kund, daß das Kapital mit den revolutionären und evolutionären Kräften in ganz enger Berührung steht, was uns im Allgemeinen nicht so ganz bewußt ist. Auf der einen Seite freut man sich über die Geistestreue der meisten darin geschilderten Personen, auf der anderen Seite kommt einem zum Bewußtsein, daß die Menschen wie alles Geistige wandelbar sind, sowie sie ihre Gesinnung einer Entwicklung unterziehen- Erschütternd kommt es uns vielfach entgegen, wie das Leben dieser Sonderlinge aus reinstem Idealismus im Kampfe mit der Wirklichkeit zerbrochen am Boden liegt. Ergreifend in der Tragik. — So ist dieses Buch durch seine lebendige Schilderung und scharfe Beobachtung ein Niederschlag unseres gegenwärtigen geistigen Lebens. Es ist, man möchte sagen, eine er lebte Kulturgeschichte unserer Zeit und dabei in kurzweiliger, sprühender Form, die in uns Bewunderung für die Darstellungskunst er weckt. Wenn auch in der Mitte einige mager« Stellen Vorkommen und wenn man auch gern einen weniger reichhaltigeren Ge- brauch von Fremdwörtern haben möchte, so ist das Buch für jeden, der geistig unsere Zeit Mitempfinden will, eine Fundgrube reichen Wissens und kulturellen Miterlebens.