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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1910
- Strukturtyp
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- 1910-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1910
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- Deutsch
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/1k 224. 27 September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d^tschn. Buchhandel. 11097 steigertet Preise verweisen können; der Widerstand der Unter nehmer aber wird entkräftet, wenn er sich vor sich selbst, vor dem Konsumenten und vor der Allgemeinheit mit dem ihm durch angeblich höhere soziale Rücksichten auserlegten Vertrags zwang entschuldigen kann, und wenn dabei die Aussicht winkt, die Lohnerhöhung durch eine Preissteigerung mehr als wettzumachen. Die zwischen Prinzipalen und Gehilfen des Buchdruck- gewerbes geltende Bündnisverpflichtung, gegen Schleuderer gemeinsam vorzugehen, löst von selbst die Frage aus: Was ist Schleuderei im Buchdruckgewerbe? Bei den Unternehmern im Buchdruck besteht die Neigung, jeder Preisunter bietung die Etikette »Schleuderei, oder »Schmutzkonkurrenz» anzuheften und in ihr unter allen Umständen die Tatbestands merkmale eines unlauteren Wettbewerbes zu erblicken Und diese Auffassung hat in der Tarifgemeinschaft der deutschen Buchdrucker Herrschaft und Geltung erlangt. Betrachtet man die zugehörigen Bestimmungen des Organisationsvertrages und aller übrigen Urkunden der Tarif gemeinschaft, so ist ein Zweifel in dieser Richtung gar nicht denkbar. Es ist gewiß, daß jede Unterbietung des Preis tarifs, und sei es auch nur um Fingersbreite, sobald sie auf dem Wege der Anzeige zur Kenntnis der rechtsprechenden Instanzen gelangt, den Ausgangspunkt sür eine einzuleitende Untersuchung und für die Fällung eines Urteilsspruches bilden muß. Diesen endgültigen Schuld- oder Freispruch fällt ein aus drei Prinzipalen und drei Gehilfen be stehender Gerichtshof, und der gesamte Vorstand des Deut schen Buchdruckervereins ist gar nicht imstande, ein solches Verdikt auszulöschen. Deshalb ist es auch für den Verlag ohne Belang, wenn man ihn aus eine milde Auslegung der Tarifsätze und eine gnädige Rechtsprechung vertröstet. Es ist ein seltsames Schauspiel, wie die berufenen Ver treter des Deutschen Buchdruckervereins die Tatsache, daß es zwischen dem strengen Festhalten am Buchdruckpreistarif und der Schleuderei ein Grenzgelände sür den D uckereibesitzer, ein Freigebiet der Rücksichtnahme sür seine Kunden nicht geben soll, in eine wechselnde Beleuchtung zu rücken wissen, je nachdem man innere oder äußere Mission damit zu treiben gedenkt. Aus der einen Kanzel kann man die allein seligmachende Wirkung des Buchdruckpreistarifs, die davon sür das anders dein Verderben preisgegebene Buch druckgewerbe ausgehen soll, nicht heiß genug verkünden; auf der anderen stellt man ihn als eine dehnbare Formel dar, deren Anpassungsfähigkeit gegenüber allen loyalen Bedürf nissen und Wünschen ihr bestes Teil sei. Wer sich auf den Wortlaut der verschiedenen amtlichen Kundgebungen über den Tarif und seine Auslegung stützt, kann den Vorwurf der Doppelzüngigkeit erheben. Eine mildere und wohl auch gerechtere Sinnesauslegung ist möglich: Man hat einzusehen begonnen, daß der Wille noch nicht Macht ist, und daß der Wille und alle zu Gebote stehenden Mittel vielleicht doch nicht ausreichen möchten, die Widerstände des natürlichen Wirtschaftslebens zu brechen und die geplante Umbildung durchzuführen. Da ist cs denn begreiflich und dem Diplomaten des Buchdruckgewerbes zu verzeihen, wenn er — ein Bild aus dem Segelsport zum Vergleiq herangezogen — je nach dem Anlaß und nach seinem jeweiligen Stande auf der Lee- oder Luvseite der eigenen und der ihn umgebenden Stimmung, abwechselnd mehr den Zweifel oder den Glauben reden läßt, das eine Mal beschwichtigend das nicht voll Erreichbare als das nicht Gewollte, das andere Mal anseuernd das mit Inbrunst Gewollte als das sicher Erreichbare ausgibt. Dieser Zustand des Zweifelhaften, Halbfertigen, in dem statt der Sicherheit und der Rücksicht, die Starrheit und das Mißtrauen regieren, ist die Quelle besonderer Unzuträglich- Börl-Matt sür dm Deutschen Buchhandel. 17. Jahrgang. leiten und besonderen Unbehagens für alle Beteiligten. Ein primitives Preiskartell, das im Buchdruckgewerbe unmöglich wäre, ist zwar nicht nachgiebiger und bequemer aber zuver lässiger und stetiger. Ein solches Kartell legt sich nicht auf volle fünf Jahre in einem unabänderlichen Preistarif fest. Es versteift sich nicht aus eine einzige Preisnotierung für jede einzelne Warensorte. Es paßt den Preis der Marktlage und dem Beschäftigungsgrade an, es richtet ihn nach der Qualität der Ware, der Größe und Dauer, unter Umständen auch der Bestimmung und der Lieferungsfrist des Auftrages, es kann auf die Bedeutung und Kreditwürdigkeit des Bestellers, auf die Konkurrenzverhältnisse des Auslandes oder eines mit- eifernven Gewerbes Rücksicht nehmen, und es wird niemals unterlassen, die weiterverarbeitenden und veredelnden In dustrien durch Preisnachlässe oder Preisvorzüge zu begünstigen und lebensfähig zu erhalten. Das alles entspricht der wirtschaftlichen Vernunft und der wirtschaftlichen Einsicht. Aber von alledem kann der deutsche Buchdrucker, wenn er ehrlich sein will, unter der Herrschaft des Buchdruckpreistariss nichts tun. Spinnt man diesen Gedanken folgerichtig weiter, so kommt man zu harten und trüben Schlüssen I Sagt man aber: »Eine solche Fessel, eine solche Bindung, wie es hier dargestellt wird, soll dem Buchdruckpreistarif gar nicht eignen, er sei ganz anders gemeint« — dann statte man ihn endlich und ohne Zögern, und liefe es dabei auf einen äußeren Widerruf hinaus, mit einer Novelle aus, die an keiner Stelle eine irrige Deutung und Auslegung fortan zuläßt, die Klarheit und Ruhe schafft. Wie ernst es den maßgebenden Instanzen mit der Hand habung des -gewerblichen Sittengefctzes, ist, dafür liefert die Strafstatistlk des Buchdruckeroereins über die letzten Jahre den vollgültigen Beweis. Außerdem suchte der Ver ein seine Kampf- und Hilfsmittel gegen die Schleuderet ständig zu schärfen und zu vermehren. Die Verhängung von Geldstrafen ist nachträglich den Ehrengerichten zuerkannt worden, durch Änderung der Vereinssatzung hat man die Durchführung des Tarifs auf fatzungsgemäße Grundlagen gestellt und Verträge mit dem Gutenbergbund und mit den Schriftgießern stellen diese Verbände in den Dienst derselben Idee. Verhandlungen über ähnliche Abkommen mit den Maschinenfabriken, den Farbenfabriken und Papierliefecanten sind in Aussicht genommen. Trotz alledem beweisen die an verschiedenen Orten publizierten Ergebnisse von Submissionen ebenso wie die Erfahrungen jedes Verlegers, daß hinsichtlich der Preisberechnung im Buchdruck Zustände herrschen, die an Anarchie grenzen. Es ist erstaunlich, daß die offizielle Presse des Buchdruckervereins noch versucht, diese Erscheinungen sachlich zu beschönigen und daß das Gehilfenorgan solchen Versuchen sekundiert. Nur die Resignation, die sich der leitenden Personen bereits bemächtigt hat, läßt diesen Fehl griff erklären. Sie haben den Glauben an die Möglichkeit der zwangsweisen Durchführung des Buchdruckpi eistariss verloren, und sie verdunkeln nun, damit die Hoffnungslosig keit sich nicht auch ihrer Umgebung bemächtigte, Scheibe und Schußlinie. Sie erkannten, daß sie sich verstiegen haben, daß sie aus dem eingeschlagenen Steilpfade des Zwangstarifs — der doch nur Mittel zum Zweck und nicht selbst Zweck ist — die Hochebene einer allgemeinen Preisgesundung im Gewerbe nicht erreichen werden; und sie kehrten gleichwohl nicht um, versuchten es nicht aus einem leichteren, natürlicheren, sicheren Wege, weil sie anders das einmal geweckte Vertrauen und die einmal belebte Entschluß fähigkeit ihrer Begleiter für den Aufstieg zu erschüttern fürchteten. Ihre Politik ist falsch, grundfalsch! Denn nichts wird 1442
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