Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.08.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-08-02
- Erscheinungsdatum
- 02.08.1910
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19100802
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191008020
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19100802
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1910
- Monat1910-08
- Tag1910-08-02
- Monat1910-08
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
176. 2. August 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 8817 Ich vermute, daß Himburg tatsächlich der Meinung war, dem Autor durch seine Ausgabe zu nützen, und sich nur in der Form und Abfassung seines Schreibens vergriff. Der Begriff Berliner Porzellan ist sehr weitgehend; er hat augenscheinlich Goethe irgendwie entschädigen wollen. Die Ausgabe, welche er brachte, war, wie schon hervorgehoben, vortreff lich ausgestattet, sie war sorgfältig gedruckt, das Papier war vortrefflich, und reizende Kupfer von Chodowiecki und anderen Künstlern schmückten sie; nur die Sorgfalt des Textes ließ viel zu wünschen übrig, und da Goethe die Himburgsche Ausgabe seiner eigenen Ausgabe seiner Werke zugrunde legte, gingen die Fehler leider in diese über und blieben fast ein Jahrhundert lang bestehen. Himburg hat mit der Ausgabe der Werke Erfolg gehabt, 1775, 1777 und 1779 sind Auflagen, stets vermehrt, erschienen, zuletzt in vier Bänden. Auf diese Himburgsche Ausgabe stürzten sich nun wiederum die Nach drucker in Biel, Frankfurt, Karlsruhe, Reutlingen, Freystadt, und um diesen Nachdruckausgaben zu begegnen, veranstaltete Himburg nun selbst eine Nachdruckausgabe. Er ließ von seinem Satz billige Exemplare ab- ziehen und vertrieb diese in »Frankfurt und Leipzig« erschienene, angeb lich unrechtmäßige Ausgabe. Himburg hat sich entschieden nicht als Nachdrucker gefühlt; wir finden seinen Namen mit denen der angesehensten Buchhändler zusammen unter Eingaben an die Regierungen zur Unterdrückung des Nachdrucks, und Witkowski hat auch darauf hingewiesen, daß Himburg Verleger des bekannten Blattes von Chodowiecki aus dem Jahre 1781 ist mit der Unterschrift: »Wercke der Finsternis oder Beytrag zur Geschichte des Buchhandels in Deutschland. Allegorisch vorgestellt zum besten, auch zur Warnung aller ehrliebenden Buchhändler, zu finden bey C. F. Him burg in Berlin.« Mit Recht betont Witkowski, daß Himburg ein solches Blatt nicht verlegt haben würde, wenn er sich den Räubern, d. h. den Nachdruckern zugezählt hätte. Auf die weitere Verlagstätigkeit sowohl von Mylius, wie von Him burg wird an anderer Stelle zurückzukommen sein. Die Himburgsche Ausgabe regte Goethe zur Herausgabe seiner Werke an, und er trat in Unterhandlung mitUnger in Berlin wegen einer solchen Ausgabe. Da die Ansprüche Goethes sehr hohe waren, zerschlugen sich die Verhandlungen, und Göschen wurde durch Bertuchs Vermittlung der Verleger der ersten rechtmäßigen Gesamtausgabe. Viel Freude erlebte der Leipziger Verleger mit der Herausgabe nicht, die Kosten wurden nicht gedeckt, und mit dem Autor gab es mancherlei Zwistigkeiten. Schließ lich machte Göschen noch den Fehler, den Erwerb des Manuskripts »Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären« abzulehnen, und verstimmte Goethe dadurch dermaßen, daß dieser die^ Fortsetzung seiner Werke, die sogenannten »Neueren Schriften« von 1791 an in sieben Bänden bei Unger in Berlin erscheinen ließ; sie enthielten neben »Reinecke Fuchs« und »Wilhelm Meisters Lehrjahre« viele neue Gedichte. Unger war einer der bedeutendsten Berliner Verleger und gleich zeitig als hervorragender Buchdrucker und Formschneider geschätzt. Er war Mitglied des Senats der Königlichen Akademie der bildenden Künste. Für diese neue Ausgabe der Goetheschen Schriften ließ er eine neue Fraktur schneiden. Sie ist den schönsten Drucktypen zuzuzählen, die wir haben. Friedrich Gottlieb Unger war 1753 als Sohn des Buchdruckers und Formschneiders Johann Georg Unger in Berlin geboren. Er lernte das Buchdrucken beim Hofbuchdrucker Decker, wandte sich aber bald dem Formschneiden zu und veröffentlichte 1779 zwei Arbeiten »Sechs Figuren für die Liebhaber der schönen Künste« und »Schattenrisse sechs Berlinischer Gelehrter in Holz geschnitten«. Weitere Arbeiten folgten in den nächsten Jahren. Außer als Holzschneider und Drucker, sowohl für seinen eigenen Verlag, wie für andere Buchhändler, war Unger auch als Schriftsteller und Verleger tätig. In seinem Verlage erschienen die angesehenen Zeit- chriften: »Jahrbücher der preußischen Monarchie«, »Deutschland«, »Irene« u. a., ferner Woltmanns Geschichte und Politik und der Kalender der Akademie. 1784 beabsichtigte er eine dritte, täglich erscheinende Zeitung für Berlin ins Leben zu rufen, er wurde aber mit seinem Ge such abgewiesen unter der Begründung, daß die zwei vorhandenen, dreimal wöchentlich erscheinenden Zeitungen das Bedürfnis reichlich deckten, und daß der Zensurbehörde eine so große Vermehrung ihrer Arbeitslast nicht zugemutet werden könnte. Auch sonst trat Unger mit manchen Neformvorschlägen hervor. So wünschte er in einer 1788 erschienenen Schrift: »Etwas über Buchhandel, Buchdruckerey und den Druck außerhalb Landes«, daß man den Buchhandel wieder mit der Buchdruckerey vereinigen solle, d. h. den Buchhändlern gestatten, Buch- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. druckereien zu führen, und umgekehrt, so daß die Bücher im Lande selbst billiger hergestellt werden könnten; dann werde das Geld für den Druck der Bücher im Lande bleiben. Wenn dadurch die Anzahl der Buch handlungen verringert würde, so wäre das kein Unglück. Um die Zahl der jungen Handlungsdiener zu vermindern, solle man nicht Kinder von ganz gemeinem Herkommen und schlechten Vermögensumständen heranziehen. Auch solle man genügend Papiermühlen errichten, so daß auch das Geld für Papier im Lande bleiben könne. Wie schon mitgeteilt, assoziierte er sich mit der Frau Lessing zur Übernahme der Vossischen Zeitung, war jedoch nur kurze Zeit Teil nehmer, da er bereits am 26. Dezember 1804 starb. Seine Frau war die als Schriftstellerin geschätzte Friederike Helene Unger, geborene v. Rothenburg. Die ungemein vielseitige Dame schrieb viele kleine Aufsätze in Berliner Zeitschriften über historische und ökono mische Gegenstände, daneben aber auch ein neues Berliner Kochbuch, das mehrfach aufgelegt wurde und zuletzt in drei Bänden 1796—98 erschien; und ein »Vaterländisches Lesebuch für Land und Soldaten schulen«, Berlin 1799. Auch zeitbewegenden Fragen stellte sie ihre Feder zur Verfügung; so schrieb sie gelegentlich des Berliner Gesangbuchstreites 1781 eine Broschüre: »Die Damen dürften doch ein Wort mitreden oder etwas über das neue Gesangbuch« und später 1789 einen »Naturkalender zur Unterhaltung der Heranwachsenden Jugend«, der viele praktische Notizen aus der Naturkunde und Ökonomie enthielt. Fruchtbar war sie vor allem als Übersetzerin und Romanschriftstellerin und verstand dem Zeitgeschmack stets Rechnung zu tragen. So trug sie sehr viel zum Auf schwung des Verlagsgeschäftes ihres Mannes bei. Zu den Sammel werken »Vermischte Erzählungen und Einfälle zur allgemeinen Unter haltung« (4 Bde.) und dem »Journal der Romane« (11 Bde.) lieferte sie den größten Teil der Beiträge. Sodann übersetzte sie sehr viele fran zösische Lust- und Schauspiele, da diese sehr begehrt für Schaubühnen und Liebhabertheater waren und einträgliche Verlagsobjekte lieferten; das gleiche war der Fall bei einer Übersetzung von Rousseaus 0onk68- sions, einem der besten Verlagswerke ihres Mannes. Als die französische Revolution alle Gemüter bewegte, brachte sie mit größter Schnelligkeit eine Übersetzung von Linguets Geschichte der Bastille und lieferte dazu eine Beschreibung der bekannten Zwingburg. So wußte sie stets dem Geschmacke der Zeit Rechnung zu tragen zum Vorteil des Geschäftes ihres Mannes. Von ihren Romanen sind erwähnenswert: »Julchen Grünthal«, eine Pensionsgeschichte, die 1784 erstmals erschien und verschiedene Auflagen erlebte; »Die Franzosen in Berlin oder Sermon an Clementine in den Jahren 1806—08; Gräfin Pauline 1800, ein Roman, der Schillers kulturhistoristische Dokumente noch heute bemerkenswert. Der Tod ihres Mannes 1804 erschütterte sie tief, ihr Brief an Schiller läßt uns einen Blick in ihr Inneres tun; er brachte sie auch in finanzielle Bedrängnisse, da, wie schon erwähnt, der Anteil an der Vossischen Zeitung an Frau Lessing fiel; den von ihr angestrengten Prozeß verlor sie. Bis an ihr Ende — sie starb am 21. September 1813, 62 Jahre alt — war sie unermüdlich schriftstellerisch tätig. Ein besonderes Verdienst von ihr ist, daß sie die Aufmerksamkeit Goethes auf Zelter lenkte und dadurch die Schöpferin dieses schönen Freundschaftsbundes wurde. Der buchhändlerischen Tätigkeit des Mannes und seiner.Beziehun gen zu Schiller und Goethe muß ausführlicher gedacht werden. Schiller trat mit Unger in Verbindung wegen des Verlags des Romans »Agnes von Lilien«, seiner Schwägerin Caroline von Wolzogen. Er hatte diesen, zum Teil in den Horen erschienenen Roman Spener zum Verlag angeboten, dieser hatte den Erwerb wegen anderweitiger Unternehmungen abgelehnt, und Schiller wandte sich nunmehr im Juni 1797 an Unger. Unger war zum Erwerb bereit; der Übelstand aber war dabei, daß das Werk noch nicht vollständig vorlag, Unger es aber, wenn möglich, in der Herbstwoche auf den Markt bringen wollte. Der Dichter korrespondiert darüber mit Schwager und Schwägerin. Am 18. Juni 1797 schreibt er dem ersteren: »Was Ungers Sache betrifft, so käme es darauf an, ihm vorzu schlagen, ob er's zufrieden ist, wenn er die drei letzten Bogen Ende Novembers erhält: so hätte die Frau noch fünf ganze Monate vor sich, worin sie, wenn zwei auch ganz verloren gehen, 10 oder 12 kleine Bogen wohl fertigen kann (Caroline sah ihrer Entbindung entgegen). Geht man Ungern seine Bitte nicht ein, so fürchte ich, er tritt auf die Hinterbeine.« N48
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder