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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.07.1910
- Strukturtyp
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- 1910-07-28
- Erscheinungsdatum
- 28.07.1910
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- Deutsch
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8666 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchbandel. Nichtamtlicher Teil. 172, 28. Juli 19IV. Nichtamtlicher Teil Fraktur oder Antiqua? <Vgl. auch Nr. 15S d. Bl.) Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine cw'ge Krankheit fort! So wird wohl mancher beim Lesen dieser Überschrift denken- In der Tat ist über die alte Streitfrage: »Fraktur oder Antiqua?« schon so viel geredet, geschrieben und gedruckt worden, daß es eigentlich überflüssig scheinen könnte, die alte Frage nochmals vorzubringen. Die Ansichten über diese Frage sind aber bei der großen Masse der lieben Deutschen, bei gelehrten und ungelehrten, vaterlandsliebenden und Umsturz erstrebenden, vielfach so ver schwommen und gründlich falsch oder gefälscht, daß eine kurze zusammenfassende Behandlung der alten Streitfrage nützlich sein wird. Die Verdrängung der Fraktur durch die Antiqua würde nicht nur einen ganz bedeutenden materiellen Schaden (Wert losigkeit des Letternmaterials), eine Preiserhöhung der Druck schriften wegen der größeren Kosten des Antiquasatzes, fernerhin eine Zunahme der ohnehin schon bedenklichen Kurzsichtigkeit verursachen und besonders in deutschvölkischer Beziehung von unberechenbarem Schaden sein. Daß der Deutsche trotz aller schlimmen Erfahrungen auch heute noch nicht von seiner un seligen Vorliebe für alles Fremde lassen kann, zeigt sich auch wieder bei der Fraktur-Antiqua-Frage, hier leider gerade bei den Gebildeten und Gelehrten. In Italien, Frankreich, England usw. wird es niemand einfallen, mit Rücksicht auf die Deutschen eine Druckschrift in Fraktur Herstellen zu lassen. Nur der Deutsche glaubt die ganz unangebrachte Zuvorkommenheit sich leisten zu sollen, Werke, die vielleicht im Ausland gelesen werden könnten, in Antiaua drucken zu lassen. Mag es immerhin möglich sein, daß von einem in Antiqua gedruckten deutschen Werke im Aus lande einige Exemplare mehr abgesetzt werden als von einem solchen in Fraktur, so scheint doch die rührende Fürsorge wegen des Antiqua satzes ziemlich überflüssig zu sein. Denn wer von den Ausländern nicht deutsch kann, liest ein deutsches Buch auch in Antiqua nicht; und wer deutsch kann, von dem muß doch wirklich angenommen werden, daß er auch die deutschen Buchstabenformen kennt. Wenn man sieht, wie häufig in ausländischen Zeitungen, auf aus ländischem Papiergeld und in sonstigen amtlichen Drucksachen Frakturschrift verwendet wird, muß man sich doch sagen, daß man im Auslande eine Rücksicht auf die Leute nicht nimmt, die an geblich Fraktur nicht lesen können. Es muß entschieden als würdelos bezeichnet werden, daß der Deutsche dem Auslande gegenüber Rücksichten für nötig hält, die das Ausland selbst für seine Landeskinder zu üben unnötig findet. Man hat auch ganz und gar vergessen, daß in der ersten Jnkunabelzeit so ziemlich alle Drucke im Ausland mit gotischen Lettern gedruckt wurden, weil eben die ersten Drucker gute Deutsche waren und von Antiqua nichts wußten oder wissen wollten, daß aber weder die Italiener, noch die Franzosen, noch die Spanier sich diese deutsche Schrift auf die Dauer gefallen ließen, sondern bald die lateinischen Schriftzeichen forderten. Alle nichtdeutschen Völker verhielten sich ablehnend gegen die Annahme einer ihrem völkischen Wesen fremden Schrift; nur eine kleine, aber einflußreiche Zahl von Deutschen fühlt sich bemüßigt, im zwanzigsten Jahrhundert einen sehr bedeutenden und wichtigen Teil deutschvölkischer Eigenart leichten Sinnes aufzugeben, um die gar nicht gewollte Bequem lichkeit fremder Völker zu unterstützen, die dieses schwächliche Entgegenkommen tatsächlich nicht zu würdigen wissen. In jüngster Zeit haben verschiedene einseitige Eiferer für die Lateinschrift durch Eingaben an Reichstag und Landtage usw. die Abschaffung des Unterrichts in deutscher Schrift in den unteren Schulklassen herbeizuführen gesucht, vermutlich ohne sich bei diesem Beginnen klar gemacht zu haben, daß sie nur dem umstürzlerischen Internationalismus Vorschub leisten, dessen deutlich ausgesprochener Endzweck die Vernichtung deutschen Wesens ist. Hoffentlich sind die Leiter und Führer des deutschen Volkes und Staates einsichtig genug, alle Versuche in dieser Richtung zurückzuweisen. Diese Bestrebungen, die z. B. in unserem westlichen Nachbarlande sicher als volksverräterisch an gesehen werden würden, haben den Gründer des Allgemeinen deutschen Schriftvereins, Herrn Adolf Rein ecke, veranlaßt, die Fraktur-Antiqua-Frage erschöpfend in einem Werke zu behandeln, das soeben unter dem Titel erschienen ist: Die deutsche Buchstabenschrift, ihre Entstehung und Ent wicklung, ihre Zweckmäßig'eit und völkische Bedeutung von Adolf Reinecke. Auf Veranlassung des Allgemeinen deutschen Schriftvereins verfaßt; mit mehreren hundert Bruchschrift-Proben aus unserem alt- und mittelhoch deutschen Schrifttume, aus der Zeit der ersten Buchdrucke und der Neuzeit, nebst Beispielen der Verwendung von Bruchschrift durch die Fremdvölker aller Erdteile (277 S.). Leipzig-Borsdorf 1b10, A. Hasert u. G. 3 Der Verfasser beherrscht den umfangreichen Gegenstand gründlich, bemüht sich mit wohltuendem Eifer, der Wahrheit zu ihrem Rechte zu verhelfen, und vermag es, denjenigen von der vorherrschenden oder womöglich ausschließlichen Berechtigung der gebrochenen Schrift zu überzeugen, der sich nicht durch absicht liche Voreingenommenheit gegen die überzeugende Macht der Tatsachen verschließt. Es wäre sehr zu wünschen, daß der deutsche Buchhandel bei der unbestreitbaren Wichtigkeit der Frage sich die Gedanken und Ausführungen des Reineckeschen Buches zu eigen machen und sie in die weitesten Kreise tragen wollte. Es ist kein Zufall, sondern scheint eine in der Rasse liegende Ursache zu haben, daß die drei hauptsächlichen europäischen Völker gruppen, die Romanen, Germanen, Slaven je eine besondere Schrift art für sich entwickelt haben und verwenden, an deren Aufgabe bei den Romanen und Slaven niemand denkt. Die Romanen und Slaven bedienen sich ausschließlich der von ihnen angenommenen Schriftlichen und lassen es sich gar nicht einfallen, z. B. im Verkehr mit Deutschen die deutschen Schriftzeichen zu gebrauchen. Nur der Deutsche übt diese Rücksicht und verwendet die lateinische Schrift im Verkehr mit dem Auslande. Diese Rücksicht auf das Ausland ging in Deutschland so weit, daß man anfangs Schreib- Maschinen mit deutschen Schriftzeichen in Deutschland nicht haben konnte, sondern aus Amerika beziehen mußte. Im schriftlichen Verkehr mit dem Auslande ist die deutsche Schrift so gut wie ganz ausgeschaltet, wozu die Schreibmaschinen das ihrige in hervorragendem Maße beitragen Die deutsche Schrift ist aber das sichtbare Gewand für die deutsche Sprache beim Schreiben und Drucken, eine Stütze und Waffe für deutsches Volkstum, eine Schutzwehr gegen die Abbröckelung des Deutschtums an den Sprachgrenzen, ein Schutzdamm gegen die Entdeutschung der im Ausland lebenden deutschen Volksgenossen, eine berechtigte Eigentümlichkeit, deren Aufgeben dem deutschen Volkstum schadet. Das altdeutsche Schrifttum ist zum größten Teile, das mittel- und neuhochdeutsche Schrifttum fast ausschließlich in der deutschen gebrochenen Schrift (Fraktur) niedergelegt. Mit deren Aufgabe würde man das Band zerreißen, das die deutsche Gegenwart mit der Vergangenheit, die heutigen Deutschen mit ihren Vorfahren verknüpft Wenn ein Volk von hundert Millionen wie das deutsche seine Schrift aufgeben würde, würde es seine ganze Vergangenheit aufgeben, um nichts dadurch zu erreichen, denn die deutschen Schriftzeichen können von Ausländern ohne größere Mühe ebenso gut gelesen werden wie die lateinischen. Die ersten Anfänge der gebrochenen Schrift liegen fast 1300Jahre zurück und erfolgten im sechsten Jahrhundert im fränkischen Reiche der Merowinger. Unter Karl dem Großen entwickelte sich die fränkische oder karolingische Kleinbuchstabenschrift, die Ahnin der jetzigen deutschen Schrift, die also so alt ist wie das alte Deutsche Reich. Diese deutsche oder germanische Schrift verbreitete sich im ganzen Abendlande, dessen Spitze und führende Schicht Deutsche waren. Natürlich zeigt sich das Bruchschrist-Gepräge der karolingischen Schrift noch in ersten Anfängen, ist aber doch unverkennbar. Zur Bekräftigung dieser Tatsache und zur Ver anschaulichung der allmählichen Entwicklung der deutschen ge brochenen Schrift möge man die zahlreichen Proben deutscher Handschriften betrachten, die Reinecke in urbildgetreuer Nach ahmung auf Seite 114-221 wiedergibt. Diese Handschriften proben geben Beispiele aus den bekannten Hauptwerken des deutschen Schrifttums aus der Zeit von 772—1504. Diese Schrift proben zeigen, daß die Brechung der Kleinbuchstaben bereits in
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