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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1910
- Strukturtyp
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- 1910-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1910
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Nichtamtlicher Teil. 168. 23. Juli 1910. Bücherwurm,« sagte er dem Schüler später, als die Frage der Berufswahl an diesen herantrat, »das beste ist, wenn Sie Buch- Händler werden«. Durch Reuters Vermittelung kam Rubenow dann zu Hinstorff in die Lehre und wurde später der Gründer der noch jetzt in Berlin bestehenden Buchhandlung, die seinen Namen, trägt. — Doch zurück zu den »Läuschen un Nimels«! In sechs Wochen verschwand die erste Auflage. Nur fünf Krebse zählt der Verfasser im nächsten Jahre, und diese auch nur deshalb, »weil ich so dumm gewesen bin, sie einem guten, aber ebenso dummen Freund nach Ostpreußen mitzugeben«. Der schnelle Absatz des Erstlingswerkes war der erste Erfolg, den der im Leben schwer geprüfte, von seinem eigenen, seitdem verstorbenen Vater bereits aufgegebene und unter Erbschaftsknratel gestellte dreiundvierzigjährige Mann davontrug. Jetzt »lachten und weinten« sie, die beiden glücklichen Menschen, und es wird ihre Freudenstimmung nicht beeinträchtigt haben, daß einmal von einem (Stettiner) Sortimenter statt baren Geldes Naturalien ein gingen: Würste, Spickaal und ein halber Schinken. Im Neu- terschen Hause werden diese »erdichteten« und doch so realen Sachen gewiß mit gutem Appetit verzehrt worden sein! Die nächste Veröffentlichung, die schon in früheren Jahren verfaßten und gesammelten »Polterabendgedichte in hochdeutscher und niederdeutscher Mundart«, die 1855 (bzw. Ende 1854) — auch im Selbstverlag und zugleich in Kommission bei Brünslow in Neubrandenburg — erschienen, hatten zwar keinen so durch schlagenden Erfolg und wurden bekanntlich später auch nicht in die Sammelausgaben der Werke ausgenommen. Den Selbstverlag hat Reuter noch einige Jahre hindurch fortgesetzt und ließ so im Jahre 1855 »De*) Reis' nah Belligen« erscheinen, von der eine zweite Auflage noch im selben Jahre erschien. Den Druck der ersten Auflage besorgte W. Gesellius in Demmin, den der zweiten Dietze in Anklam, der hierbei wohl auch als Kommissionsverleger neben dem Selbstverlag fungierte, und dasselbe Verhältnis be stand wohl bei der dritten Auflage der »Läuschen un Nimels I«, die 1856 — nach den beiden im ausschließlichen Selbstverläge erschienenen Auflagen von 1853 und 1864 — herauskam. Da gegen erschien der zweite Teil der »Läuschen un Nimels« 1859 (Vorrede vom Oktober 1868) in erster und auch noch im selben Jahre in zweiter Auflage wieder im reinen Selbstverläge des Verfassers, der inzwischen (1856) von dem kleinen Treptow nach Neubrandenburg übergesiedelt war. »Ick un min Fru sitte» den ganzen Dag un klistern. Uns' ganz Bähn liggt vull von Läuschen un Nimels.« So erzählte Reuter damals dem Neubraudenburger, uns schon oben begegneten Buchhändler Brünslow. Einem Buchhändler! Wie war es möglich, daß dieser dem Dichter nicht sofort antwortete: »De ganze Klisteri will ick Se un Ehr Fru mihr as girn afnehmen. Gewen 'S mi den ganzen Kitt in Verlag!« Er hat es später bitter bereut, nicht so gesprochen zu haben, und andere Buchhändler in Rostock, Hamburg usw. nicht minder. Ein Berliner Verleger hat es für die größte Torheit seines Lebens erklärt, den Verlag von Reuters Werken abgelehnt zu haben; um eine Million könnte er reicher sein. Jetzt dagegen hatte unser Dichter noch so wenig Kredit beim Buchhandel, daß, als er 1868 bloß für den Debit seines Selbstverlages einen Hamburger Buchhändler suchte, sich keiner fand. Neben den im Selbstverläge erschienenen Werken waren bis zum Jahre 1869 in anderem Verlage erschienen die folgenden Schriften: 1856 die politische Flugschrift »Wie der Graf Schwerin schwer in die Kammer kam« bei der C. Lingnauschen Verlags buchhandlung in Neubrandenburg; 1867 bei der C. A. Kvchschen Verlagsbuchhandlung (Th. Kunike) in Greifswald und Leipzig zwei nach des Verfassers eigenem Urteil »sehr stark ver unglückte dramatische Versuche« (»Der I. April 1856 oder Onkel Jacob und Onkel Jochen« und »Fürst Blücher in Teterow«) und in demselben Jahre und selbem Verlage »Kein Hüsung«, dem Dichter bis zu seinem Ende das liebste seiner Werke; schließlich 1868 eine Verteidigungsschrift gegen Klaus Groth bei Rudolf Wagner in Berlin. Außerdem hatte Reuter in dem Jahre April-1856 bis April 1866 ein Wochenblatt: »Unterhaltungs blatt für beide Mecklenburg und Pommern« redigiert, in dem er u. a. einen Teil seiner bekannten Erzählung »Meine Vaterstadt *) Oder »Dei Reis« , wie er damals noch schrieb. Stavenhagen«, ferner den Grundstock des zweiten Teils der »Läuschen un Nimels« und die hochdeutsche Urgestalt der »Festungstid« veröffentlicht hatte. Das Blatt soll es nur auf 300—400 Abonnenten gebracht haben; der Redakteur erhielt ein kleines Gehalt vom Verleger und sollte auch wohl am »Gewinn« beteiligt werden, doch war von einem solchen gewiß keine Rede, da der Verleger — es» war der schon genannte C. Lingnau in Neubrandenburg — nachlässig gewesen sein soll und jedenfalls plötzlich und ohne Rechnungslegung nach Amerika verschwand. Auf die hier bisher besprochenen Jahre folgte nun für Reuter die Periode seines reichsten schriftstellerischen Schaffens, erfüllt vor allem durch das Entstehen und Erscheinen seiner Meisterwerke: »Franzosentid«, »Festungstid«, »Stromtid«. Gleichzeitig war er mit dem Mann in Verbindung getreten, der fortan sein ständiger buchhändlerischer Mitarbeiter bleiben, der zugleich mit ihm groß und berühmt werden sollte: mit Dettlof Carl Hinstorff. Hinstorff hatte schon in früher Jugend großen Unternehmungsgeist bewiesen und als Jüngling von 20 Jahren eine Buchhandlung für Sortiment und Verlag in Parchim in Mecklenburg gegründet. Im Jahre 1831 (September) war's gewesen, zur selben Zeit, als der nahezu einundzwanzigjährige Fritz Reuter ebendort das Gymnasium besuchte und sich zum Abgänge zur Universität anschickte. Schon damals sollen beide, wenn auch vermutlich wohl nur oberflächlich, mit einander bekannt geworden sein. Der Magistrat der Stadt Parchim hatte dem jungen Hinstorff übrigens die Genehmigung zur Geschäftsniederlassung versagt; dieser hatte sich jedoch, schnell entschlossen, an den Großherzog gewandt mit dem Bemerken, daß offenbar nicht seine »Dummheit«, sondern nur seine Jugend der Grund des abschlägigen Bescheides sei, worauf der Landesfürst seinem Gesuch willfahrte mit den Worten: »Nun, mit der Dummheit Hab' ich's, weiß Gott, oft genug ver sucht, so will ich's denn einmal mit der Jugend versuchen«. Schon vier Jahre später hatte Hinstorff in der Nachbarstadt Ludwigslust eine Filiale seines Geschäfts errichtet und 1849 das Haupt geschäft nach Wismar verlegt. — Vom Jahre 1859 ab*) ist Hinstorff nun »der« Verleger Reuters, indem er von da ab alle selbständig erschienenen neuen Schriften des Dichters und ebenso auch die Neuauflagen der früher erschienenen ver legt hat; die einzige, aber unerhebliche Ausnahme bilden die noch zu erwähnenden, bei Hildebrand in Schwerin erschienenen späteren Auflagen der »Polterabendgedichte«. Von den beiden Teilen der »Läuschen un Nimels« brachte Hinstorff im Jahre 1859 neue Auflagen — von Teil I war es die vierte, von Anbeginn gerechnet — heraus. Auch die einzige bedeutendere Schrift Reuters, an die ein fremder Verlag Ansprüche hatte, »Kein Hüsung«, machte der Verfasser späterhin (1864) für Hinstorff frei. Freilich war dies wohl nicht ohne Schwierigkeiten gegangen, und der Dichter dankte »die endliche Erledigung dieser wider wärtigen Sache« wohl in erster Linie der Vermittelung seines Landsmanns, des ihm kurz zuvor persönlich bekannt gewordenen Buchhändlers Erhard Quandt, des späteren Mitbegründers der bekannten Firma Quandt L Händel. Erst hatte gerade dieses Werk kein Verleger nehmen wollen; der Dichter hatte sich damals in seiner Bedrängnis daher an einen Nichtbuch händler gewandt, den ihm bis dahin unbekannten, später innigst befreundeten Apotheker, Bankier und Gutsbesitzer vr. Viktor Siemerling in Neubrandenburg, und dieser kluge und wohlwollende Menschenfreund hatte sich gleich nach dem ersten Eindruck bereit finden lassen, das für die Druck legung erforderliche Geld zu leihen, und auf Reuters Frage wann er es zurückzuzahlen habe, nur geantwortet: »Wenn Sie so viel verdient haben, um es entbehren zu können«. Unter welchen Bedingungen dann Kunike in Greifswald, wie oben gesagt, das Werk in Verlag genommen hatte, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls kann man es verstehen, wenn er jetzt, wo er zugunsten Hinstorffs hinfort zurücktreten sollte, sich zunächst weigerte; denn inzwischen war Fritz Reuter ein höchst begehrenswertes Objekt für den Buchhandel geworden. Selbst die »Polterabendgedichte« von 1865 erschienen jetzt *) Schon in den vierziger Jahren hatte Reuter geschäftlich mit Hinstorff zu tun gehabt, da seine Satire »Ein gräflicher Ge burtstag« in Hinstorffs »Mecklenburgischem Volksbuch« bezw. im Jahrbuch »Mecklenburg« (1846 und 1847) erschienen war (anonym).
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