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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.07.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-07-19
- Erscheinungsdatum
- 19.07.1910
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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164. 19. Juli 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 8375 Seite, deren Ausbau überall mit Ernst und Eifer gefördert wird. Die Jugendzeitschriften sorgen dafür, daß auch das im Umfange noch nicht bis zum Lesen längerer Erzählungen heran- gereifte Lesebedürfnis Befriedigung findet. Diese Jugendzeit schriften sind in Oberschlesien sehr stark verbreitet. Hinzu tritt der seit einigen Jahren auf Veranlassung der Königlichen Negierung in Oppeln herausgegebene Kalender »Der Landbote« Schwieriger gestaltet sich der Kampf im Jndustriebezirk und in den größeren Städten. Hier sind stärkere Mittel geboten. Durchweg bewährt haben sich folgende: 1. Einwirkung auf die Inhaber der Geschäfte, nötigenfalls bis zum Schulboykott (der z. B. in Königshütte und in Laura hütte wirksam angewandt worden ist); 2. Als Verstärkung eine öffentliche, allgemein gehaltene Warnung durch die Presse; 3. Vorträge in Vereinen und Lehrerkonferenzen; 4. Warnung der Kinder in den Schulen und der Lehrlinge in den Fortbildungsschulen. Je nach Bedürfnis und Eigenart der Verhältnisse ist noch eine Fülle anderer Mittel hinzugetreten, von denen im begrenzten Rahmen dieses Berichts nur Proben angeführt werden können. «.) Der Magistrat in Oppeln ist an die Handelskammer und an die Handwerkskammer mit dem Ersuchen herangetreten, die Kaufleute und Handwerksmeister des Bezirks auf ihre Ge wissenspflicht aufmerksam zu machen, die Lektüre der ihrer Obhut anvertrauten Lehrlinge und jüngeren Gehilfen zu überwachen. b) An verschiedenen Orten, z. B. in Gleiwitz und Zabrze, sind große Bücherausstellungen veranstaltet worden. e) In einer Reihe von Orten haben sich entsprechend der Anregung der Königlichen Negierung Ortsausschüsse gebildet. Die Aufgabe dieser Ausschüsse ist unauffällige, aber scharfe Über wachung der örtlichen Händler. In Orzegow ist daneben auch von der Leitung der Volksbücherei ein Versuch mit Kolportage- vertrieb guter Schriften gemacht worden, und zwar bis jetzt mit gutem Erfolge. 6) Ein gedrucktes Mahn wort an die Eltern ist in ver schiedenen Orten verteilt worden oder vorbereitet. e) Alle auf dem Lande üblichen Mittel werden natürlich in verstärktem Maße auch im Jndustriebezirk angewandt; ein be- sonders wertvoller Bundesgenosse ist das sehr stark ausgebildete Vereinswesen. Unter den zahlreichen Veranstaltungen, die Heranwachsende Jugend erziehlich zu beeinflussen, gelangen in neuerer Zeit im Jndustriebezirk die Jugendheime zu immer größerer Bedeutung. k) Die Polizeiverwaltung in Kattowitz und in Königshütte ist um Erlaß einer Polizeiverordnung ersucht worden, wonach Schriften, Abbildungen und Darstellungen, die in sittlicher Be ziehung Ärgernis zu geben oder durch Überreizung der Phantasie die gesunde Entwicklung der Jugend zu verhindern geeignet sind, weder auf öffentlicher Straße, noch in Schaufenstern oder sonstigen Auslagen an öffentlicher Straße ausgelegt werden dürfen.*) In einigen Orten, z. B. in Antonienhütte, ist die Polizei auf Grund bestehender Vorschriften kurzerhand eingeschritten. ss) Der Verband ober schlesischer Volksbüchereien regt seit zwei Jahren zur Veranstaltung kleiner Bücherausstellungen im Anschluß an die Volksbüchereien an, mit dem Erfolge, daß im Winter 1908/09 und 1909/10 bei etwa 70 Bücherausgabe stellen derartige Ausstellungen veranstaltet worden sind. Der Verband gibt außerdem seit 1908 ein Weihnachtsverzeichnis guter Bücher in Form eines Flugblattes heraus, das in einer Auflage von 40 000 Stück im ganzen Bezirk verbreitet wird. Auch die vom Verbände den Mitgliedern zur Massenverteilung über wiesenen Lesezeichen und die Aufklärungstätigkeit des Ver bandes, z. B. in Aufsätzen unserer Zeitschrift, verdient in diesem Zusammenhänge erwähnt zu werden. Der Verband wird im Sommer d. I. eine Bibliographie der bis jetzt zur Ver drängung des Schundes erschienenen guten und billigen Ausgaben herausgeben. Auch eine Bibliographie des Schundes selbst ist in Vorbereitung. . . . Als Bundesgenosse im Kampf gegen den Schund mag noch die Bibliothek Scherl genannt werden. . . . *) Nach unseren Erkundigungen hat die Polizei diesem Er suchen noch nicht entsprochen, vielleicht weil über die Rechtsgültig keit einer derartigen Verordnung noch Zweifel bestehen. Die oberschlesische Großindustrie geht seit einigen Jahren mit der Verbreitung deutschen Schrifttums tatkräftig vor Nicht zu übersehen ist bei dem Kampfe gegen die Schund literatur die nachdrückliche Stellungnahme kirchlicher Organe, wofür in den Berichten zahlreiche Einzelheiten sprechen Unter den besonders wirksamen Mitteln, den Verkauf oder die Ausstellung schlechter Bücher zu verhüten, ist neben der Jnanspruch- nähme der Ortspolizei in vielen Fällen das Einschreiten des Ortspfarrers genannt. Die Pfarrbibliotheken, vom Borro- mäusverein in Bonn angeregt und unterhalten, erfreuen sich, wie viele Berichte und Zeitungsnachrichten dartun, in neuester Zeit einer auffallend sorgsamen Pflege. In diesem Zusammenhang wird übrigens der in den Berichten vielfach erwähnten Kinematographen zu gedenken sein. Den durch sie angerichteten Schaden hält mancher der Berichte für größer als den durch Schundliteratur verursachten. Erfolge. Die Erfolge dieses im gesamten Bezirke mit großem Nachdruck betriebenen Kampfes gegen den Schund sind nicht ausgeblieben. Eine Anzahl Berichte hebt ausdrücklich hervor, daß der Vertrieb von Schundliteratur sichtlich zurückgehe In dem Berichte der Kreisschulinspektion III, Beuthen, wird die gute Wirkung der Tätigkeit der Ortsausschüsse besonders hervorgehoben Mittel, die selbst in schwierigen Fällen noch nie ihre Wirkung versagt haben, sind die öffentliche Warnung mit rücksichtsloser Kennzeichnung und Namensnennung der gewissenlosen Händler in der Presse und die darauf folgende Mobilisierung der öffent lichen Meinung in Vereinen usw. Dieses Mittel ist in Oberschlesien noch nirgends notwendig gewesen, kommt aber gegenüber einem Gleiwitzer Geschäft demnächst in Frage. Denn dieses Geschäft betreibt den Zigarrenverkauf offenbar nur nebenbei; der Schund vertrieb ist die Hauptsache, und damit entfällt für den amtlichen Apparat die Möglichkeit einer Einwirkung durch Schulbehörde und Lehrerschaft, die sonst für gewöhnlich ihren Nachdruck dadurch er hält, daß sie mit der Drohung der Entziehung amtlicher Liefe- rungen und des Verbots an Schulkinder, in diesem Geschäft zu kaufen, verbunden werden kann. Im übrigen ist in Oberschlesien auch in der Bekämpfung der Schundliteratur besondere Vorsicht dadurch geboten, daß neben der deutschen auch eine polnische Schundliteratur besteht. Der Kampf darf also nicht dazu führen, daß man die deutsche Schund literatur beseitigt, um für die polnische Platz zu schaffen. Immerhin bleibt aber in der Bekämpfnng auch der deutschen Schundliteratur noch genügend zu tun übrig, und darum be zeichnen es die Berichte mit Recht als erforderlich, daß der Kampf mit dem bisherigen Nachdruck weiter fortgeführt wird. Die Mittel bleiben die gleichen. Sie haben sich bewährt und reichen bei beharrlicher Anwendung aus. Das Ziel ist, das öffentliche Gewissen zu wecken und wach zu erhalten; die Einzelheiten der Ausführung ergeben sich von selbst, sobald erst die Neigung zu gesunder Selbsthilfe geweckt ist. Einen wichtigen Fortschritt wird die vom Verband zu bearbeitende Bibliographie der guten und billigen Ausgaben darstellen, besonders wichtig deswegen, weil in weiten Kreisen der Bevölkerung, auch bei Personen, die selbst berufen sind, aufklärend zu wirken, infolge der im letzten Aufsatz der »Volksbücherei« angedeuteten Verdrehungskünste der Schund fabrikanten die Unsicherheit gegenüber dem, was als Schund zu gelten hat, sehr groß geworden ist, und weil sich anderseits die Ver breitung der als Ersatz für die Schundliteratur erschienenen guten Zehnpfennig-Ausgaben immer mehr als das wirksamste Mittel er weist, den Schund zu verdrängen. Auch die Händler sind leichter zur Aufgabe des Schundverkaufs zu bestimmen, wenn man ihnen in dem Verkauf der erwähnten bekömmlichen Ersatzmittel eine gewisse Gegenleistung für den aufzugebenden leichten Gewinn bieten kann. Wenig ist in den Berichten von der Bildung und der Tätig keit der von der Königlichen Regierung angeregten Ortsaus schüsse die Rede. Und doch scheint uns eben diese Anregung am meisten über das Tagesbedürfnis hinauszuweisen. Durch eine vorübergehende Bewegung, und sei sie noch so mächtig, ist ein Giftgewächs von der Art der Schundliteratur nicht dauernd zu beseitigen. Es wuchert unter der Oberfläche fort und erscheint sofort wieder, sobald die Aufmerksamkeit des jätenden Gärtners nachläßt. . 1089*
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