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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1910
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- 1910-06-24
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- 24.06.1910
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/S 143, 24, Juni 1910. Nichtamtlicher Teil. B«rl«nbl»tt s. d. Dlschn. Buchhand-I. 7507 Leute Bücher sieht mau sich nicht so genau an wie die eigenen oder denkt wohl auch: denen schadet es nichts.« Wann die Beziehungen Fontanes zu Hertz ihren Anfang genommen haben, läßt sich aus der Briefsammlung nicht genau ersehen. Das eiste darin veröffentlichte Schreiben — ohne Datum! — ist vom Juni 18S0 und enthält das Programm zu einem gemeinsamen Ausflug in die Um gebung Berlins. Es spricht für das rein persönliche Inter esse des Verlegers an Fontanes damaliger Hauptarbeit, den »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«, daß er den Autor auf seinen Entdeckungsfahrten zu begleiten pflegte. Im Sommer 1860, wo jene Exkursionen begannen, steht ein genauer Plan zu dem Werke freilich noch nicht fest, und noch am 31. Oktober desselben Jahres fragt Fontane bei Hertz an, ob er ihm rate, die »Märkischen Bilder« Springer anzubieten. Weshalb mochte er nicht gleich damit zu Hertz gehen? Vermutlich aus Zartgefühl, weil die »Balladen» nicht recht einschlagen wollten. In einem Briefe aus dem November, worin er sich über die Gleichgültigkeit des Publi kums und der Kritik beklagt, kommt die bezeichnende Wendung vor: -Nur das wünsch' ich sehnlichst, daß Sie nicht mit einem zitronengelben Chimborasso Fontanescher Balladen für alle Ewigkeiten sitzen bleiben.« Der Verleger scheint wirklich einmal an seinem Autor irre geworden zu sein, wenigstens schreibt dieser unterm 22. Januar 1861: »Wie konnte sich ein Mann wie Sie durch eine hin gefuchste (durchaus ungerechte und bis jetzt glücklicherweise allein dastehende) Rezension auch nur eine» Augenblick be einflussen lassen! Da juble ich, Sie auf einer kleinen Schwäche ertappt zu haben, und vielleicht ertappen Sie mich in demselben Moment und in den vorstehenden Worten auf einer größeren.« Je weiter wir an der Hand der an Hertz gerichteten Briese in das Verhältnis zwischen Autor und Verleger ein- dringen, desto deutlicher wird uns, daß Hertz auf Fontane ähnlich anregend wirkte, wie Salomon Hirzel auf Frcytag. Durch den Verkehr mit ihm werden Fontanes Anschauungen geklärt, und das temperamentvolle Auftreten des Verlegers drängt den Autor mitunter in eine Defensivstellung, die ihn zur Selbstkritik nötigt. »Ihr Urteil ist immer beherzigenswert«, sagt er einmal, »schießt aber doch bei der wachsenden Lebhaftigkeit, mit der Sie Ihre Schüsse wie aus einem Revolver abseuern, gelegentlich über das Ziel hinaus.« Aber was wollen die immer wieder auftauchenden Meinungs verschiedenheiten in sekundären Fragen bedeuten, wenn Fontane bei seinem Verleger Verständnis und Billigung für Ideen findet, mit denen er seiner Zeit um mehr als dreißig Jahre voraus war! Wie modern mutet uns z. B. Fontanes am 31. Oktober 1861 geschriebene Äußerung über seine Geschichtsauffassung an: »Die Taten, die gescheht!, und die Männer, die diese Taten geschehen ließen, haben sich Gehör zu verschaffen gewußt; aber man kümmerte sich um sie mehr historisch als menschlich. Schlachten und immer wieder Schlachten, Staatsaktionen, Gesandtschaften — man kam nicht recht dazu, Einblicke in das private Leben zu tun, und die wenigen, denen solch Einblick vergönnt war, versäumten es, Aufzeichnungen darüber zu machen. Mangel an lite rarischem Sinn und Überfluß an sogenannter »Diskretion- fein höchst albernes und stupides Ding, der Tod alles Interesses und zuletzt aller Geschichte) ließen die Ein geweihten nicht dazu kommen!« Aber nicht nur Ideen und gelegentliche Bedenken, sondern auch Auskünfte muß der Verleger in die Werkstatt des Autors tiefern. So verlangt Fontane von Hertz zu wissen, woher die reiche Judenfamilie, die in dessen Hause wohnt, stammt. »Es ist mir wegen meiner ethnographischen Studien lieb, so etwas zu erfahren», setzt er hinzu. Oder er wünscht statistische Unterlagen über die Gurkenzucht im Spreewald, wendet sich deshalb vergeblich an seinen Saurengurkenlieferanten in Lübbenau und schreibt endlich an Hertz: »So bitte ich Sie denn freundlich, mir die Lübbenauer Buchhändlerfirma, die's doch wohl geben wird, nennen zu wollen, damit ich an diese schreiben und wegen der Gurkenproduktion anfragen karrn.« Später, als Hans Hertz den Vater beim Korrespondieren häufiger vertrat, muß er dem Dichter beispringen. So im März 1895, wo sich Fontane mit dem Plane zu dem See räuberromane -Die Likedeeler« trug und Jagd auf archiva- lische Nachrichten über Klaus Störtebeker und die von diesem geführten Piraten machte. Immer aber liefert Wilhelm Hertz dem Dichter neue Literatur aus dem eigenen und aus fremdem Verlage, darunter Werke sehr verschiedener Art, wie Stanletzs Reisebeschreibung und Herman Grimms Raphaclbuch. Fontane war, wie es scheint, nicht das, was man einen »bequemen Autor« nennt. Er konnte sich selbst nie genug tun und verzögerte die Drucklegung durch immer neue Ver besserungen, die die Geduld des Verlegers aus eine harte Probe stellten. Auf eine Jeremiade seines Freundes ant wortet er resigniert: »Ich habe nicht das Gefühl, nach dieser Seite hin geradezu mißbräuchlich operiert zu haben, gebe aber zu, daß ich an der »immer besser machen Wollen«-Krankheit bis zu einem gewissen Grade laboriere. Gebe auch zu, daß das bei Arbeiten, die zuletzt doch nur mit Luise Mühlbach in einen Topf geworfen werden, etwas Lächerliches hal ft;. September 1863). Später verfällt er dann auf den ent gegengesetzten Standpunkt. Aus die Nachricht, daß der Druck der zweiten Auslage von »Spreeland« beginnen solle, schreibt er: »Was ich damals zu sagen vergaß, macht' ich. ehe mich der erste Korrektur- oder selbst Revistonsbogen überrumpelt, heute schon aussprechcu dürfen, nämlich die herzliche Bitte, daß ich mit Korrektur resprektive Revision gar nichts mehr zu tun habe, so daß die Sache den Charakter gewinnt, als wäre ich schon tot... Ich kann nicht mehr. Es ist zu langweilig für mich und bei meiner vielleicht kindischen Penibilität in Drucksache» so zeit raubend, daß das Honorar beinah wieder drausgeht. Drei Viertel meiner ganzen literarischen Tätigkeit ist überhaupt Korrigieren und Feilen gewesen- (11. Dezember 1885). Der Erfolg ließ lange genug auf sich warten. Als im März 1873, also dreizehn Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage der Balladen, die Veranstaltung einer zweiten unter dem Titel »Gedichte« erörtert wird, meint Fontane: -daß in dem Worte »Balladen» kein unwiderstehlicher Zauber lag, haben wir ja beide zu unserm Schmerz erfahren». Aber der Verleger hatte Geduld und bewies sich auch Fontane gegen über als der vornehme Charakter, als den ihn alle, die mit ihm in Berührung gekommen sind, gerühmt haben. Das er kennt der Dichter selbst an, wenn er unterm 24. November 1874 an seine alte Freundin Mathilde von Rohr schreibt: -Gestern vormittag war ich bei Herrn Hertz. Er war sehr liebenswürdig, beinah herzlich. Ich wünsche aufrichtig, daß schlechter Absatz der Bücher, der doch immerhin möglich ist, nicht eine kleine Verstimmung heraufbeschwören möge. Übrigens bin ich ihm das Geständnis schuldig, daß er nach dieser Seite sehr nobel ist und einen eine etwa getäuschte Hoffnung nie unangenehm empfinden läßt.« Ein rührendes Zeugnis von Dichtersorgen und Verleger noblesse ist der Brief vom 21. Dezember 1877. »Darf ich,- schreibt Fontane an Hertz, »zum 2. oder 3. Januar oder doch in der ersten Januarwoche ä eouto meines seit zwölf Jahren in der Luft schwebenden, Gott sei Dank jetzt bis zu den Schlußkapiteln vorgerückten Romans abermals einen Vorschuß von dreihundert Talern empfangen? Ich hoffe, mich dann mit dem, was ich noch vom »Daheim« erhalte, bis Ende Mai durch zuschlagen. In Ihrer gefälligen Antwort bitt' ich freundlichst, der früher von mir empfangenen tausend Mark, die noch 973«
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