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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1910
- Strukturtyp
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- 1910-04-14
- Erscheinungsdatum
- 14.04.1910
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- Deutsch
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84, 14. April 1810. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. b. Dtschn. Buchhandel. 4457 Nichtamtlicher Teil. Schiller und die deutsche Nachwelt. Von Bernh. Lartmann-Elberfeld. Unter diesem Titel ist von Albert Ludwig in der Weidmannschen Buchhandlung ein Werk") erschienen, dessen Lektüre ich allen Kollegen aufs wärmste empfehlen kann. Ich habe das fast 700 Seiten starke Buch in den Mußestunden der letzten durch schwere Berufsarbeit ausgesüllten zwei Monate gelesen, und der Inhalt hat mich von der ersten bis zur letzten Seite festgehalten. Das Werk ist keine Biographie Schillers, auch keine Erläuterung der Werke Schillers, es beginnt eigentlich da, wo die andern Bücher über Schiller aushören. Wir Buchhändler sprechen es häufig aus, daß Bücher ihre Schicksale haben. Nun, dieses Werk erzählt das Schicksal der Werke eines Mannes, der wie kaum einer das Interesse der deutschen Buchhändler verdient. Goldfriedrich erzählt im 3. Bande seiner Geschichte des deutschen Buch handels ausführlich, wie mit dem Emporkommen einer neuen Literatur in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts ein »neues Gewerbe«, der moderne Buchhandel, begann. Die Blüte der deutschen klassischen Literatur rief ein großes Lesebedürfnis hervor, und der Buchhandel blühte außer ordentlich. Der alte Perthes sagte, »Schiller sei noch bei seinen Lebzeiten nach Geliert Deutschlands gelesenstcr Schriftsteller gewesen«, und heute nach 100 Jahren können wir es aussprechen, daß keine Bücher in deutscher Sprache eine so weite Verbreitung gefunden haben und täglich noch weiter finden wie Schillers Werke Ludwig gibt in seinem Buche über die verschiedenen Perioden des neunzehnten Jahrhunderts genaue Nach weise. Für die Zeit von 1866 an kann ich seine Aus führungen vollauf bestätigen. In diesem Jahre trat ich in den Buchhandel ein. Das Jahr darauf erlosch das Cottasche Privileg, und die Ara der billigen Klassiker-Ausgaben, Hempel an der Spitze, begann. Die Reclamsche Universal bibliothek wurde gegründet, und es ist richtig, was Ludwig sagt, daß die Verbreitung allein des »Wilhelm Teil« in der Reclam-Ausgabe nach Millionen von Exemplaren zählt. Der deutsche Buchhandel verbreitet jedes Jahr Hundert tausende von Bänden Schillerscher Werke, und das geht nun schon seit fast einem Jahrhundert. In den dreißiger Jahren gab Cotta zum ersten Male die billige Taschen- Ausgabe heraus. Der Erfolg war ungeheuer. So kann man wohl sagen, daß das deutsche Volk im großen und ganzen nie ausgehört hat, feinen Schiller zu lesen. Aber trotzdem muß man aus ihn seine eigenen Worten anwenden: »Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte.« Ludwig bemerkt, daß des Dichters Ruhm stieg und fiel wie die Quecksilbersäule im Thermometer, und er fragt: »haben wir nicht seinen Manen gegenüber die Aufgabe, nach den Temperaturschwankungen zu fragen, die dieser Erscheinung zu gründe liegen?« Die Antwort auf diese Frage ist sein Buch, das Ergebnis einer vierjährigen Arbeit und, ich will es gleich hiuzusetzen, das Muster einer Monographie. Mit einem wahren Bienenfleiß hat der Verfasser alles zusammen getragen, was im letzten Jahrhundert über Schiller geschrieben worden ist, sei es in selbständigen Werken, sei es in größeren Literalurgeschichten oder in Zeitschriften, aber nun kein Pot pourri, kritiklos geordnet, sondern gesichtet nach den großen *> Ludwig, Alb.: Schiller und die deutsche Nachwelt. Von der kaiferl. Alademie der Wissenschaften zu Wien gekrönte Preisschrift. Gr. 81 sXII, 679 S ) Berlin 1909, Weidmannsche Buchhandlung. 12 4i, geb. in Halbsranz 14 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. Geistesrichtungen, die das neunzehnte Jahrhundert aus zeichnen. Bei der großen Verbreitung, die Schillers Werke in jeder Periode des Geisteslebens gefunden haben, war es für jeden Deutschen, der sich mit geistigen Dingen be schäftigte, gleichsam eine Nötigung, den Schillerschen Werken gegenüber Stellung zu nehmen, und so ist dieses Buch eigentlich viel mehr, als sein Titel sagt. Es ist eine Darstellung der geistigen Bestrebungen des ganzen Jahrhunderts. Der Ver fasser beherrscht seinen Stoff in so souveräner Weise, daß von Trockenheit überhaupt keine Rede ist. Man muß immer wieder den warmen, klaren Ton der Darstellung bewundern, der sich fernhält von panegyrischer Eintönigkeit. In objek tiver Weise läßt er alle Meinungen zu Worte kommen. Es ist schwierig, im Rahmen dieses Aussatzes von der Fülle seiner Mitteilungen auch nur ein annäherndes Bild zu geben. Ich kann deshalb meine Kollegen immer nur wieder bitten, das Buch selbst zur Hand zu nehmen. Als Schiller mit fünfundvierzig Jahren starb, war die zünftige Kritik keineswegs einig über den Wert seiner Werke. Weder die Dramen, noch seine lyrischen Gedichte wurden einstimmig anerkannt, und noch viel weiter aus einander gingen die Meinungen über den Wert seiner philo sophischen und historischen Werke. Das wurde auch so bald nicht anders; allerdings begeisterte sich die Jugend der Frei heitskriege für die Schillerscheu Ideen, aber unter der Herr schaft der »Romantiker« gehörte es bald zum guten Ton, geringschätzig von Schiller zu reden. Die Romantiker hielten Schiller eigentlich überhaupt nicht für einen Dichter. Ihr Ideal eines Dramatikers war Shakespeare. An dessen Dramen wurden die Schillerschen gemessen und zu leicht befunden. Die Jugenddramen tat man ab als Produkte einer Sturm- und Drangperiode, und in seiner späteren Entwicklung sah man nur die Abhängigkeit von Goethe. — Es dauerte noch recht lange, bis man verlernte, mit vorgefaßter Meinung an seine Werke heranzutreten, und ihn gelten ließ als die große in sich gefestete Persönlichkeit, die nur nach den Gesetzen der eigenen Natur zu erfassen ist. Von dieser Persönlichkeit gewann man erst eine Ahnung, als zu Ende der zwanziger Jahre die großen Briefwechsel-Bände erschienen, zuerst mit Goethe, dann mit Wilhelm von Humboldt*); ihnen schlossen sich im Jahre 1830 die beiden Biographien von Caroline von Wolzogen und dem Engländer Carlyle an. Man muß bei Ludwig Nachlesen, welche umwälzende Wirkung in der Beurteilung Schillers diese Bücher heroorriesen. — Auch die nunmehr zur Herrschaft gelangte Hegelsche Philosophie begünstigte eine bessere Würdigung Schillers, wie sie in den dreißiger und vierziger Jahren sich mehr und mehr Bahn brach. Ludwig weist auf die Äußerungen Heines und Börnes hin, der Hauptvertreter des jungen Deutsch land, und verweilt dann länger bei den neuen Büchern dieser Periode, die eine immer tiefere Erfassung Schillers vor bereitete. In erster Linie ist dies das Hofsmeistersche Buch »Schillers Leben, Geistesenlwickelung und Werke im Zusammenhang«. Er nennt es -bis heute die einzige Schiller-Biographie großen Maßstabes, die vollständig vor- liegt, in vielen Einzelheiten, wie es nicht anders sein kann, überholt, als Ganzes unveraltbar». Diese Worte Ludwigs habe ich mit großer Freude gelesen denn ich verdanke in meiner geistigen Entwickelung demHoffmeisterschen Buche unendlich viel. Ich lernte es schon als Gymnasiast kennen und wurde dadurch bis auf den heutigen Tag ein begeisterter Verehrer Schillers, *> Der wichtige Briefwechsel mit Körner erschien 1847, zweiundvierzig Jahre nach dem Tode Schillers. S74
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