4432 Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. ^IL 83, 1». April 1910. Albert Langen v Verlag für Litteratur und Kunst München Demnächst erscheint in unserem Verlage eine literarisch bedeutsame und zug- (D kräftige Romannovität, die wir auf Bestellung versendein Karl Borromäus Heinrich Menschen von Gottes Gnaden Erzählung Umschlagzeichnung von Prof. W. Tie mann Preis geheftet Z Mark, in Pappband 4 Mark, in Lalbfranz-Liebhaberband 6 Mark Von Karl Borromäus Keinrich, dessen beide Asenkofer-Romane den jungen Dichter unbestritten in die erste Reihe unserer lebenden Erzähler gestellt haben, liegt ein neuer Roman vor, der sicher in weiten Kreisen von sich reden machen wird, und der es verdient, daß man von ihm redet. Cs sind nicht die Schlechtesten unter uns, die ein tiefes Mißtrauen gegen die Errungenschaften der sogenannten modernen Kultur verspüren; ihnen wird Keinrichs Werk aus dem Kerzen ge schrieben sein, während unsere Rationalisten es heftig befehden werden, wie es denn über haupt eine starke Polemik entfesseln wird, obwohl es rein künstlerisch und keineswegs polemisch gedacht und gestaltet ist. — Ohne jede Rücksicht auf demokratische Vorurteile und auf den Dünkel der Psychiater wird hier das Aristokratische in seiner Verfeinerung und Überverfeinerung (sonst Wohl als Dekadenz bezeichnet) tendenzlos erkannt, dargestellt und anerkannt. Das Religiöse, insonder heit der innere und äußere Aufbau der katholischen Kirche, wird zugleich in seiner ewigen geheim nisvollen asketischen Tiefe und in seiner weltlichen prunk- und stilvollen Pracht und Macht ver herrlicht. — So ist dieses Buch, das von den letzten Sprossen einer katholischen Adelsfamilie erzählt, die Revolte eines schaffenden Künstlers gegen intellektuelles Protzcntum und sentimentalen Naturalismus, — ein Schrei der Sehnsucht nach allem, was preisgegeben worden ist an edler Tradition. Noch einmal wird hier die alte Kultur lebendig: in Menschen, die sich durchaus nicht schämen, Religion, Privilegien, Konvention und Etikette einer strengen, zuchtvollen, distanz beflissenen — jetzt beinahe vergangenen — Zeit in unseren Tagen zu repräsentieren. — Der Stil des Buches ist den in ihm dargestellten Menschen und Schicksalen adäquat: Klar, reinlich, bestimmt, männlich, jedenfalls aber „unmodern" von Grund aus. — Mag man nun Keinrichs neuen Roman bewundern oder bekämpfen, — gleichgültig an ihm vorübergehen kann keiner, der ein feines Ohr hat für die Antertöne unserer Zeit. München, im April 1910.