Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-04-11
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1910
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19100411
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191004114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19100411
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1910
- Monat1910-04
- Tag1910-04-11
- Monat1910-04
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
4320 Börsenblatt f. d. Dtschn. «uchyimdcl. Nichtamtlicher Teil. ^ 81 11 April 1910 wandten; ohne Scheu erbaten sie sich immer von neuem Vorschüsse auf Werke, die zwar stets Meisterwerke sein und unfehlbar das Glück des Verlegers machen sollten, jedoch sehr oft nur in ihrer Einbildungskraft existierten. In Julliens Biographie*), der die vorliegenden Ausführungen zum größten Teil entnommen sind, ist eine ganze Anzahl derartiger »Lillebs ckoux« abgedruckt, deren Lektüre um so interessanter ist, als sie meistens mit viel Witz und Humor abgefaßt sind. Die jungen Romantiker verstanden es vorzüglich, ihre Gesuche um den »schnöden Mammon« in immer neue Formen zu kleiden. Wie nüchtern im Vergleich hierzu erscheinen uns die heutigen geschäftlichen Beziehungen zwischen Autor und Verleger. Hören wir, wie sich z. B. Theophile Gautier, der berühmte Verfasser von »Uackeiuoi8t-Ils cke Nimpin« und »1,68 jeune-k'runee«, in seinen Briefen an den Verleger ausdrückt: »Mein sehr Lieber, Ich sprach gestern bei Ihnen vor, um von Ihnen Geld zu erbitten, denn ich glaube, Sie schulden mir noch ein wenig, ungebührend vor, daß ich sie nicht vorgebracht habe, in der Meinung, daß das nicht zum guten Ton gehört und daß es ebensogut wäre, ein Loblied auf den Bürgerkönig (Louis-Phi lippe) zu singen. Aber die Tatsache bleibt bestehen, daß in meinen Taschen Ebbe herrscht, und Sie würden mich sehr ver pflichten, wenn Sie mir einige Moneten vorschießen wollten. Ihr sehr ergebener Tintenkleckser, der seinem Beruf nicht sehr treu ist, Th. Gautier.« »?8. Ich denke, daß der Überbringer dieses Briefes kein Dieb ist; wenn Sie den Rest des Geldes zur Hand haben, könnten Sie ihn demselben mitgeben; es ist ungefähr sicher, daß er ihn mir abliefern wird.« »Mein erlauchter Verleger, Denken Sie daran, mir, sobald Sie mich sehen werden (das wird morgen sein, ich verhehle es Ihnen nicht), 200 lumpige Franken zu geben, die ich unschicklich genug bin mehr als nötig zu haben. Ich bin heute in Ihrem Palast gewesen (»Haus« ist zu gewöhnlich), in der ehrwürdigen Absicht, sie Mündlich von Ihnen zu verlangen, aber es fand sich keine schickliche Ver- anlassung dazu, und ich ließe mich lieber vierteilen — einmal der Länge nach und einmal im Querschnitt —, als etwas zu sagen, was nicht wohl angebracht wäre. Ich hoffe, daß Sie dieses mein Zartgefühl in gebührende Erwägung ziehen und es mir ersparen werden, wie ein Bettler dazustehen, der bei einer Armenverteilung seinen Suppennapf hinhält. — Ich werde Ihnen jeden Monat derartige Briefe schreiben, bis ans jüngste Gericht und sogar ein wenig darüber hinaus. Und wenn Sie einst die Pforte des Himmels über schreiten werden, wird der himmlische Torhüter ausrufen: ,Drei Sous für einen Brief an Herrn Renduel!' Vielleicht wird es sogar mehr sein, denn ich weiß nicht, ob der Himmel zur Provinz oder dem Vorortverkehr gerechnet wird. Doch können Sie das alles ganz gut vermeiden, wenn Sie in die Hölle gehen, und dazu wären Sie wohl imstande — oder wenn Sie mir eine Masse Banknoten geben wollen, und das tun Sie sicher nicht. Adieu, Hebräer, Araber, Beduine, Vatermörder, Buchhändler .. . Theophile Gautier.« »Herr Eugen Renduel ist sehr dringend gebeten, etwas Geld für den unglücklichen Theophile Gautier bereit zu halten, der das seinige gestern in den Fluß hat fallen lassen, zusammen mit dem neuesten seiner drei alten Hüte. Dieser Unglücksfall hat meine Existenzmittel völlig aufgebraucht. — G.-rard fde Nerval) ist ebenfalls im größten Elend, und deshalb möchte er Ihnen etwas sehr Drolliges sehr teuer verkaufen, weil Sie's sind. — Dieses Etwas würde er zusammen mit mir verbrechen. — Es sind die .Galanten Bekenntnisse zweier Perigordischen Edel- Männer'. Es wird sicher viel Erfolg haben. Sie würden uns jedem 600 Franken geben .... .« Charmante Boheme! Die »sehr drolligen« Bekenntnisse von Theophile Gautier und seinem Freunde Gerard de Nerval sind übrigens nie erschienen, und die bei der Unterzeichnung des Verlagsvertrages bar ausgezahlten 500 Francs bedeuteten einen *) lullien, ^.ckolpbe, I^e Uowrrnti'Zine et l'eäiteurkenclael Paris 1897. 181 (mit 60 Jllustr., Autographen usw.). Libr. Charpentier et Fasquelle. 3 FrcS. 50 Cts. der vielen Verluste, die Renduel seinem Optimismus und seiner Gutmütigkeit zuzuschreiben hatte. Die beiden Romantiker arbeiteten nur nach Laune oder wenn ihnen die Not im Nacken saß. Groß ist übrigens gerade in jener Zeit die Zahl der stattlichen, vollklingenden Titel von Büchern, die von ihren Autoren in pompöser Weise angezeigt wurden, jedoch nie das Licht der Welt erblickt haben. Sie ver dienten wohl eine besondere Bibliographie. Als charakteristisches Beispiel sei hier neben Victor Hugos berühmtem »HoiogueoFrogne' an nachfolgende Titel einer Reihe von dreißig Romanen erinnert, die Balzac in der Vorrede zu seinem »Vieaire cke8 H.räenne8« als unter der Feder befindlich anzeigte und von denen kein einziger erschienen ist: Die beiden Hektor, Der Hundertjährige, Argow der Pirat, Die letzte Fee, Der Zauberer, Charles Pointel, Jean- Louis, Die Erbin von Pirague, Der Tartar oder die Rückkehr des Verbannten, Johanna die Blasse, Klothilde von Lusignan, Michel und Christine, Der Anonymus, Annette und der Verbrecher, Wann-Chlore, Der Verderber, Dom Gigadas, Der Exkommunizierte. Die Julliensche Monographie enthalt eine große Anzahl von solchen an den Verleger gerichteten Briefen, in denen dieselben Leitmotive immer wiederkehren: Literarische Projekte und Geld gesuche seiner Autoren. Briefe von Frankreichs bedeutendstem Kritiker des neunzehnten Jahrhunderts, Sainte-Beuve, von dem Renduel »Volupte«, 6 Bände »0l-itiqu63 et ?ortrait8 Iit>teraire8«, »ken8668 ck'^oüt« und das großartige Werk über »?ort lio^a!« verlegte. Von Charles Nodier, der als Mitglied mehrerer Akademien und Bibliothekar der bedeutenden Arsenalbibliothel neben freier Wohnung, Heizung und Beleuchtung ein ganz schönes Einkommen hatte und trotzdem stets in Verlegenheit war, seine Spielschulden zu bezahlen, denn er war ein unver besserlicher Spieler, der, wie er sich selbst ausdrückte, »ohne Auf regung verlor und ohne Vergnügen gewann«. Nodier war als Bibliograph ebenso geschätzt wie als Verfasser zahlreicher Romane, Novellen und Gedichte und war einer der fruchtbarsten Autoren des Renduelschen Verlages. Außer vielen Neuauflagen älterer Werke erschienen in letzterem: 6onte8 en prose et en vsr--, einigte die gesamte Produktion Nodiers in 12 starken Bänden' die er von 1832—1834 herausgab; er hat diesem ganz beträchtliche Honorarsummen ausgezahlt. — Von Souliö, der das Wort (Geld) »nötig« mit großen Buchstaben schrieb, um ihm mehr Ausdruck zu verleihen: 1'en ui LL80IIV. — Von Alexandre Dumas, der, ohne ein Autor Renduels zu sein, dessen finanzielle Dienste in Anspruch nahm, ohne Umschweife, ohne ein Wort der Verlegenheit oder des Dankes, und dessen Briefe eine lakonische Kürze aufweisen, die wir in seinen Romanen leider vermissen: »Mein lieber Renduel, Würden Sie mir Dondey - Dupre - Papiere auf 6 Monate für 15 000 Francs abnehmen? Ihr A. Dumas.« (Wie mag der verschwenderische Romancier sich erst denjenigen Buchhändlern gegenüber ausgedrückt haben, mit denen er in ge schäftlichen Beziehungen stand!) Und erst Victor Hugo, der vergötterte Führer der Roman tiker und hauptsächlichste Autor des Renduelschen Verlages! Er verstand es am allerbesten, seine riesige Produktion zu Gold zu machen und den Verlegern Verträge zu diktieren, die deren finanzielle Leistungsfähigkeit bis aufs äußerste in Anspruch nahmen. Es sei hier nur an seine Beziehungen zu dem Brüsseler Verleger Lacroix erinnert, der für den Verlag der »ö1i8erg.ble8« ein Ver mögen hergab, das er nur unter großen Schwierigkeiten auf treiben konnte. (Vgl. Waldmanns Aufsatz: »Victor Hugo und sein Verleger Lacroix« im Börsenblatt 1909, Nr. 127.) Auch Renduel scheute kein Opfer, Victor Hugo an seinen Verlag zu fesseln und es gelang ihm denn auch, dessen ausschließ licher Verleger zu werden; aber wenn er bei den Gedichten Geld verdiente, so setzte er es bei den Dramen oft wieder zu, so erstaunlich dies heute auch klingen mag. Einige von Hugos be- deutendsten Gedichtzyklen waren schon erschienen, bevor Renduel seine Buchhandlung eröffnet hatte; so konnte er von diesen nur die Neuauflagen erwerben; aber von drei Gedichtbänden (1ec>
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder