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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.03.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1910-03-17
- Erscheinungsdatum
- 17.03.1910
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- Deutsch
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^ 62. 17. März 1910 Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f- d. Dtschn. Buchhandel. 3347 Eines deutschen Buchhändlers Fahrt zu Carmen Sylva, der Dichterin auf dem Königsthron. Sahst du schon die Sonne des Südens, lieber Leser? Mein Griffel ist — fürchte ich — zu schwach, die Farbentöne wieder zugeben, die sie feuerglühend dort unten malt im fernen Ru mänien und Balkan. Leuchtender als bei uns im kalten Norden fluten dort ihre wärmenden Strahlen vom tiefblauen Himmel hernieder und vergolden alles mit hellerem Glanz: Blumen, Blüten, Blätter und Bäume, Berg und Tal, ja selbst die Straßen züge, die blendend weiß getünchten und weiß schimmernden Häuser mit den blinkenden flacheil Dächern. Sonne entgegenzuleuchten, und wir Fremdlinge finden das bald ganz selbstverständlich und schämen uns fast der dunkeln und trübselig grauen Farben unserer eigenen Gewandung. Das alles trat uns, meinem Reisegefährten und mir, schon in aller Lebendigkeit vor Augen, als wir auf einer Fahrt nach dem fernen Osten im Blütenmonat Mai unser erstes Reiseziel Sinaia und bald darauf die elegante Hauptstadt des Königreichs Rumänien, das sonnige Bukarest, betraten. Rumänien war für uns die Eingangspforte in das Märchen reich von 1001 Nacht; denn von da wollten wir über Constantza durchs Schwarze Meer weiter streben nach der Krone der morgenländischen Städte, dem uralten Konstantinopel, Byzanz oder Stambul, mit seinen mächtigen, welterschütternden geschicht- lichen Erinnerungen, vor allem aber auch mit dem Füllhorn von Poesie, das die mohammedanische Kulturepoche darüber aus geschüttet hat. Bei der bereits greifbaren Nähe des Orients erwachte unwillkürlich das Zauberreich des morgenländischen Märchens in meiner Erinnerung, und aus der halbvergessenen Jugendlektüre stiegen in fast greifbarer Form buntfarbige Ge stalten vor mir auf. Riesen, Zwerge, Feen, mächtige Geister, Fürsten, Zauberer drängten sich in die Erscheinung. Mit vor Erregung brennenden Wangen lasen wir als Kinder von ihnen, von verwunschenen Prinzen und Prinzessinnen, die nach Erlösung seufzten. Schwarze Mohren, wundertätige Derwische und turban geschmückte, langbärtige Kaufleute mit schwerbeladenen Kamelen zogen die sonnigen Straßen. Aus finsterer Bergesnacht blinkten unendliche Schätze, von Alladhins Zauberlampe bestrahlt; Könige und Königinnen neigten sich zu uns herab von güldenen Thronen. Eine Königin war's diesmal in der Wirklichkeit, eine wunder schöne und wundersame, mit silbernen Haaren, aber mit einem warmfühlenden, jugendlichen Herzen und mit klaren, jung leuchtenden Augen, der beim Eingang zu diesem Märchenlande mein Besuch gelten sollte. — Von ihr, der Königin des Sonnen landes, will ich hier ein wenig erzählen, soweit mir von ihr, von dem, was sie umgibt und liebt, aus eigener Anschauung Kennt nis zu erhalten vergönnt war. War mir als dem Verleger Carmen Sylvas durch die Korre spondenz mit meiner hohen Autorin, sowie durch die innigere Vertrautheit mit dem Inhalt ihrer Werke, ferner gelegentlich früherer Audienzen bei vorübergehendem Aufenthalt der hohen Frau auf deutschem Boden das Glück zuteil geworden, der edlen Königin geistig nähertreten zu dürfen, so sah ich sie doch bisher noch nicht in ihrem eigenen Lande, im eigenen Heim, in ihrem von ihr sich selbst geschaffenen großen und ernsten Wirkungskreis. Kein Wunder, daß mir das Herz höher schlug in freudiger Er wartung! Wenn auch das rumänische Königspaar zur Zeit unserer Ankunft in Sinaia in seiner dort gelegenen Sommerresidenz, dem weltberühmten Waldschloß Pelesch, noch nicht weilte, so konnten wir, aus Siebenbürgen kommend, doch nicht an diesem Lieblings aufenthalt Carmen Sylvas vorübergehen, ohne ihm einen wenn auch leider nur kurzen Besuch abgestattet zu haben. Sinaia, eine Gartenstadt mit annähernd 15 000 Einwohnern, ursprünglich eine Ansiedelung deutscher Handwerker aus Sieben bürgen, mit herrlicher gebirgiger Umgebung in den Karpathen baut sich mählich am Berge hinan mit zahllosen Villen der reichen, vornehmen rumänischen Bojaren, die dort ins kühlere Hochgebirge vor den unendlich heißen Sommertagen Bukarests zu flüchten Pflegen. Jetzt war es in Sinaia noch still und verlassen, Hof und Ge sellschaft befanden sich noch in Bukarest, und nur die breiten Straßen, die vornehmen Landhäuser und Parkanlagen und die großen, zurzeit leerstehenden luxuriösen Gasthöfe verrieten, daß im Sommer hier das große gesellschaftliche Leben flutet. So saßen wir, mein Gefährte und ich, denn in idyllischer Ruhe allein im prächtigen Spiegelsaale des Hotels Karaiman fahrt die guten Sachen schmecken, die man uns dienstfertig auftrug. Nachdem wir uns ausgeruht und gestärkt, brachen wir indes bald wieder auf; denn wir hatten leider nur einen Tag für Sinaia und das in seiner unmittelbaren Nähe gelegene prächtige Königsschloß Pelesch zur Verfügung. Da hieß es sich eilen, wollte man Wichtiges nicht versäumen. Während mein Reisegefährte vorauseilte, um zum höher liegenden Kloster hinanzusteigen, das nahe der königlichen Sommerresidenz thront, ging ich auf den eleganten makadamisierten Fahrstraßen den Ort hinab zur Post, um Briefe zu empfangen und mich bei Freunden in Bukarest anzumelden. Nach dieser Besorgung warf ich mich in einen der pfeilschnell fahrenden Wagen, die, obwohl das Fremdenpublikum noch fehlte, schon in ziemlicher Reibe zur Stelle waren. Mein Rosse lenker, wie sich's nach Landesart für einen rumänischen Kutscher ziemt, in langem schwarzsamtenem Leibrock, der um die Hüften mit einer roten Schärpe umgürtet ist, schnalzte mit der Zunge, und die kleinen Wallachen nahmen die Bergstraße mit spielender Leichtigkeit. Nach wenigen Minuten waren wir auf der Höhe beim Kloster, das mit reich vergoldeter Kuppel in byzantinischem Stil mir schon fremdartig genug vorkam; nach viertelstündiger Fahrt durch prächtigen Hochwald traten die Gebäude von Schloß Pelesch leuchtend hervor. Der Hauptbau, die Königs-Sommer- residenz, ruht auf massigem Unterbau über einer Schlucht am Fuße des Karaiman, zwischen Felsen, grünbewaldeten Bergen und immergrünen Tannen. Die Stilform ist die der deutschen Renaissance des sechzehnten Jahrhunderts. Bogengänge, Balkone, Giebel und Türmchen flankieren das vielgliedrige Gebäude, das Ganze von einem stattlichen Turm überragt. Der König ist ein gewaltiger Bauherr, und immer neue Gliederungen weiß er seinem prächtigen Waldschloß anzufügen. Leider war auch diesmal ein großer Umbau innen und außen im Werke, und fieberhaft arbeiteten viele fleißige Hände; denn in wenigen Wochen war der Einzug der höchsten Herrschaften zu erwarten. Mein Freund war inzwischen zu Fuß vom Kloster her nach gekommen und wußte mir begeistert von dessen prächtiger kleiner Kirche zu berichten. Leider mußten wir nun gemeinsam erfahren, daß die Besichtigung der Jnnenräume des Schlosses, die an Pracht und geschmackvoller Einrichtung ihresgleichen suchen, eben wegen des Umbaues zurzeit nicht möglich war. Aber was wir aus der entzückenden Lage und dem Äußern des Schloß, baues entnehmen konnten, war schön und stimmungsvoll genug um uns den Besuch trotzdem nicht bereuen zu lassen. Weite Rasenplätze umsäumen das Schloß, dessen Umgebung nichts Gekünsteltes hat. Die Hochgebirgsnatur bietet ihm ihren grünen Rahmen; riesengroß ragen in weitem Umkreis die uralten Bäume zum Himmel empor, und mancher liegt auch am Boden, von Moos und Schlinggewächs umzogen, das urwäldliche Bild ver vollständigend. Auf weiten Rasenflächen, denen man ebenfalls alle Natürlichkeit belassen, sproßten die ersten Orchideen in reicher Anzahl, und im Hintergründe aus dem Wald sich erhebend wie lachende Riesen grüßten die hohen Karparthengipfel mit ge waltigen Felsenhäuvtern hernieder, vor allen der schneebedeckte Bucsecs, der den kristallklaren Pelesch in tosenden Wasserfällen nahe dem Schlosse zur Ebene sendet. Kein Wunder, daß hier ein Dichtergemüt wie das Carmen Sylvas sich herrlich entfaltet und prächtige Lieder gesungen hat. Hier findet wohl am besten ein Gedicht Carmen Sylvas Erwähnung. Es lautet: 432'
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