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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
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- Deutsch
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(Krause) ja Herr vr. Wolfsson und Herr vr. Philippi hier erklärt, daß der Weg, den der Ausschuß unter Absatz 1 gehen wollte, ungangbar sei, einmal aus sachlichen und zweitens aus juristischen Gründen. Ich will mich auf beide nicht viel einlassen; ich war ja von vorn herein, wie ich schon gesagt habe, überzeugt, daß eine große Ge fahr darin läge, wenn man der Polizei das Zensorrecht ein räumen will, und ich war noch mehr davon überzeugt, als die Polizei einen Schritt tat, der zeigte, daß sie das Zensorrecht nicht ausüben kann. Als nämlich das Bücherverkaufsverbot kam, wurde den Zeitungsstandinhabern verboten, Bücher zu vertreiben; alle Zeitungen durften sie verkaufen, aber kein Buch mehr. Das war einmal ein Unrecht gegen die Zeitungsstandinhaber, denn gleichzeitig durften diejenigen Händler, die, um einen hamburgi- schen Ausdruck zu gebrauchen, einen »Bauchladen« haben oder mit Karren durch die Straßen ziehen — wir haben sie auf dem Großneumarkt und in sonstigen Straßen — Bücher verkaufen. Verboten war es nur den Zeitungsstand inhabern. Und dieses Verbot kam zu einer Zeit heraus, wo man gerade dazu geschritten war, durch die Zeitungsstände gute Literatur unter dem Volk, unter der Jugend zu verbreiten. Der Verein der Zeitungsbuchhändler beschloß, fortab keine Schund literatur mebr zu vertreiben. Die Leute hatten eine Kom mission eingesetzt, die eine sehr strenge Kritik übte und scharf darauf sah, daß von den Mitgliedern des Vereins keine Schund literatur mehr durch die Zeitungsstände vertrieben wurde. Dafür hatten sie den Beschluß gefaßt, die Hefte der neuen Jugend bücherei, die Wiesbadener Volksbücher, Reclam, Kürschner, Meyers Volksbücher usw. zu vertreiben. Einmal war also der Zeitpunkt dieses Bücherverkaufsverbots höchst unglücklich gewählt, und weiter war es ein Unrecht, einem Teile der Händler den Verkauf von Büchern zu verbieten, während er dem andern Teil, der mit seinen »Bauchläden« viel mehr Schund vertreibt, gestattet blieb; und als die Polizei mit diesem Bücherverkaufsverbot kam, war es für mich klar, daß man der Polizei das Zensorrecht unter keinen Umständen einräumen dürfe. Aber trotzdem stehe ich immer noch auf dem Standpunkte, daß wir mit positiven Mitteln allein der großen Gefahr nicht beikommen können. (Sehr richtigI) Ich glaube freilich, daß wir auch auf dem Wege der Partikular gesetzgebung es nicht machen können; es muß der Neichsgesetz- gebung überlassen bleiben. Die Regelung dieser Materie ist so schwer, daß es auch nicht geschehen kann, wie das die Anträge Wolshagen und vr. Mönckeberg wollen. Ein Mann, der auf diesem Gebiete außerordentlich bewandert ist, der vielleicht der sachverständigste ist, der hamburgische Rektor Hinrich Wolgast, hat auf dem vorjährigen Internationalen ethischen Kongreß in London, zu dem er von der Oberschulbehörde delegiert war, auch ein Gesetz vorgeschlagen, das Prohibitivmittel gegen die Schundliteratur schaffen sollte. Er schlug vor — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten möchte ich den Passus verlesen —: »Es wird durch Gesetz ein aus allen politischen und religiösen Parteien znsammen- gestelltes Sachverständigenkollegium gebildet, mit dem Rechte, solche Unterhaltungsschriften für die Jugend, deren Schädlich keit einstimmig anerkannt wird, vom öffentlichen Verkauf auszu schließen.« Das war eine außerordentlich glückliche Fassung, aber bei den Verhältnissen, wie wir sie in Deutschland haben, glaube ich, kommen wir sobald zu einem so gefaßten Gesetz nicht. Kämen wir dazu, dann, glaube ich, wäre die Frage gelöst. Und ich möchte dringend wünschen, daß wir zu dieser Lösung der Frage kämen. Damit ist für mich der erste Teil der Ausschußanträge erledigt. über den zweiten Teil möchte ich noch etwas sagen. Ich will gleich vorweg bemerken, daß der abgeänderte Antrag vr. Philippi eigentlich jetzt noch glücklicher gefaßt ist, als der Ausschußantrag unter 2, weil er sachlich umfangreicher ist als der Ausschußantrag. Er geht weiter, und zwar in einer Weise, die man nur unterstützen kann, indem er z. B. nicht zu enge Grenzen für die Aufklärung der Eltern zieht und ferner die Kinderlese zimmer der Patriotischen Gesellschaft einbegreift. Trotzdem werden wir in erster Linie für den Ausschußantrag unter 2 stimmen. Herr vr. Philippi hat an der Begründung der Aus schußanträge unter 2 Kritik geübt, er hat gemeint, daß durch Merkblätter nicht das erreicht werden könnte, was durch die Auf- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. kiärung an Elternabenden erreicht würde. Wir haben über diese Elternabende sehr eingehend im Ausschuß gesprochen, wir haben Senatskommissare darüber gehört und die Frage erörtert, ob es nicht wüuschenswert sei, daß diese Elternabende von der Ober schulbehörde durch Gewährung von Räumen und Bereitstellung von Mitteln unterstützt würden. Von den Senatskommissaren haben wir gehört, — und das ist mir aus Lehrerkreisen, die sich eingebend mit der Sache beschäftigt haben, bestätigt worden— daß es nicht wünschenswert wäre, diese Elternabende gewissermaßen zu einer offiziellen Einrichtung zu machen; es sei besser, wenn diese Elternabende aus der Volksmenge heraus von den Kindern und den Lehrern selbst arrangiert werden, und dem ist meines Er achtens in der Tat zuzustimmen. Und deshalb können wir nicht darauf rechnen, daß die Elternabende den Umfang annehmen, der nötig wäre, wenn durch die Elternabende die nötige Aufklärung über die Schundliteratur in alle Elternkreise gebracht werden soll. Die Verteilung von Merkblättern in den Schulen und dadurch an die Eltern hat sich in sehr vielen Städten in Deutschland außer ordentlich bewährt. Deshalb ist der Ausschuß dazu gekommen, gerade diese Vorschläge zu machen. Weiter wünscht Herr vr. Philippi eine eingehende Begründung für den Vorschlag, die Schülerbibliotheken zu vermehren und reicher auszustatten. Es ist im Ausschußbericht in der Tat etwas wenig darüber gesagt; aber wenn ich das hier noch nachholen darf, möchte ich folgendes sagen: Es ist jetzt so, daß die Schülerbibliotheken vor allen Dingen in den Volksschulen — über die höheren Schulen bin ich nicht so genau orientiert — mit sehr wenig Büchern ausgestattet sind, daß die Kinder nur alle drei bis vier Wochen einmal herankommen und die Bücher schon nach fünf bis sechs Tagen oder noch früher zurückliefern müssen. Das genügt nicht! Es müssen so viele Bücher da sein, daß die Kinder häufiger ein Buch bekommen können, vor allen Dingen aber — das ist das Wesentliche für mich — daß die Kinder die Bücher viel länger im Hause behalten können, so daß nicht nur die Kinder selbst, sondern auch die Ge schwister und die Eltern mit den Kindern das Buch lesen, damit im Hause eine Art Massenlektüre durchgeführt wird. Das ist durchaus wünschenswert, denn dadurch kommt es, daß in den Familien viel mehr über diese Frage debattiert wird. Heute nur ein Beispiel, das mir erst vor wenigen Tagen bekannt geworden ist. Eine Klasse hat für 45 Kinder 13 Bücher zur Verfügung. Das genügt bei weitem nicht; die Kinder müssen nach vier Tagen ihr Buch zurückliesern und kommen alle vier bis fünf Wochen einmal heran! Es werden auch nicht alle Bücher gefordert, sondern ein Teil der vorhandenen Bücher wird gar nicht verlangt, vor allen Dingen ist von den Büchern, die viel verlangt werden, keine genügende Anzahl da. Man bestrebt sich, hier Besserung zu schaffen, ich habe gehört, daß die Oberschulbehürde Umfragen bei den Schulen veranstaltet hat und jetzt beabsichtigt, daß von den Büchern, die sehr gefragt sind, mehr angeschafft werden. Aber auch das, was die Oberschulbehörde plant, scheint mir noch durchaus nicht zu genügen. Es muß gefordert werden, daß das errreicht wird, was ich vorhin angedeutet habe, daß die Kinder öfter ein Buch bekommen und daß sie es viel länger behalten, um es in der Familie zu benutzen. Man sollte nicht sagen: »die Schülerbibliotheken sind nur für die Schüler da!« Durch die Schülerbibliotheken können wir der Schundliteratur entgegenwirken; wir können das nur, wenn wir den Geschwistern, oder wenigstens größeren Geschwistern und den Eltern mehr Gelegenheit geben, die Schülerbibliotheken mit zu benutzen. Unter e ist vorgeschlagen, daß den Kindern ein Buch einmal während ihrer Schulzeit als Eigentum überreicht werden solle. Herr vr. Philippi moniert, daß man doch nicht allen Kindern Büchern überreichen könne; bei den Kindern der höheren Schulen sei das dckch ganz gewiß nicht nötig. An diese Kinder habe ich auch nicht gedacht, obwohl es denen nicht schaden könnte, wenn man ihnen ein gutes Buch bieten oder sie auf ein gutes Buch Hinweisen würde. Wenn Sie einmal die Händler mit Schundliteratur fragen, dann werden Sie hören, daß es die Schüler der höheren Lehranstalten sind, die die meiste Schund literatur kaufen (Stolten: Die haben ja auch das meiste Geld!), weil ihnen die meisten Groschen zur Verfügung stehen und sie sich diese Bücher viel leichter kaufen können. Das ist zweifellos Tatsache! Deshalb könnte es nicht schaden, wollte man sie mit der Nase auf ein gutes Buch stoßen, damit man bei den Kindern 169
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