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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.02.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1910-02-21
- Erscheinungsdatum
- 21.02.1910
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- Deutsch
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2268 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 42, 21. Februar 1910. die aber auf dem Gebiete der Philosophie und Religion eine Macht war und mit unermüdlicher Energie und weitreichendem Erfolge gegen alle theologische Bevormundung, gegen Schwärmerei und Aberglauben ankämpfte«. Nicolai wurde durch diese Zeitschrift der Vater des Rationa lismus und der Aufklärung, die in diesem Organ ihre Haupt vertretung fanden. Die Allgemeine deutsche Bibliothek begründete Nicolais Wohl stand. Nach vierzigjährigem Bestehen ging sie 1806 ein, nachdem sie zehn Jahre lang, von 1791—1801 im Verlag des Buchhändlers Bohn in Hamburg und Kiel erschienen war, da Nicolai infolge der Maßnahmen, die seit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms II. gegen ihn, seine Unternehmungen und besonders gegen die deutsche Bibliothek ergriffen wurden, und weil er dem Zeitgeist keine Konzessionen machen wollte, seine Lieblingsschöpfung an Bohn verkaufte. 1801 übernahm Nicolai die »Bibliothek« wieder, die alte Höhe und Bedeutung erreichte das Unternehmen aber nicht mehr, und mit dem Fall Preußens 1806 ging sie ein. In der Geschichte des deutschen Geisteslebens wird die »deutsche Bibliothek« stets ihre Stellung behaupten. 1784 heißt es in den Briefen eines reisenden Franzosen von Nicolai: »Da er Buch händler ist, so kann man es ihm nicht verübeln, daß er seine Schriftstellerei nach den Pfunden auswiegt, die sie ihm eintragen kann. Kein anderer deutscher Schriftsteller, den einzigen Wieland ausgenommen, der ihm, ungeachtet seiner eigenen notorischen Gewinnsucht, Vorwürfe darüber gemacht hat, versteht es so gut, seine Ware für das Publikum zu appretieren und die Zeitläufte zu benutzen, wie Nicolai. — Allerdings trifft nichtsdestoweniger sein eigener Vorteil mit dem wahren Nutzen des Publikums zu sammen. Deutschland hat ihm ein kritisches Journal zu ver danken, das an Vollständigkeit und innerem Wert heutzutage nicht seinesgleichen in Europa hat. Da er nur der Sammler ist, so kann man es ihm nicht auf die Rechnung setzen, wenn sich manchmal eine parteiische und leidenschaftliche Rezension in seine ,Allgemeine deutsche Bibliothek* einschleicht, jedenfalls überwiegt die Zahl der unparteiischen und gründlichen Rezensionen bei weitem.« Obgleich ein gefeierter Schriftsteller, sein' — »Sebaldus Nothanker« erlebte von 1776—99 vier Austagen, seine bänderrciche 'Beschreibung einer Reise durch Deutschland« wurde viel gelesen, seine »Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam« war sehr geschätzt und wurde gleichfalls mehrfach aufgelegt — wid mete er sich keineswegs ausschließlich seiner schriftstellerischen Tätigkeit oder nur seinem Verlag, sondern wandte auch dem Sortimentsgeschäft seine Arbeitskraft zu. »Ich bin bei der Buch handlung erzogen«, schreibt er an Lessing, »ich habe sie anders kennen lernen, als sie selbst viele Buchhändler kennen. Ich bin überzeugt, daß das Drucken des Verlags in einem gewissen Ver hältnisse mit dem Vertriebe des Sortiments stehen muß, sonst thut man sich Schaden, wenn man auch den besten Verlag druckt.« Welche Bedeutung die Nicolaische Buchhandlung und ihr Besitzer damals hatte, möge ein Urteil Schillers begründen, das sich in einem Briefe an seine Schwester vom 6. November 1780 findet. »Sobald ich in Berlin bin, kann ich in der ersten Woche auf festes Einkommen rechnen, weil ich vollgültig Empfehlungen an Nicolai habe, der dort gleichsam der Souverain der Litteratur ist, aber Leute von Kopf sorgfältig anzieht, mich schon im Voraus schützt, und einen ungeheuren Einfluß hat, beinah' im ganzen deutschen Reich der Gelehrsamkeit.« Kaiserin Katharina II. war von der Lektüre des »Sebaldus Nothanker« derart entzückt, daß sie Nicolai eine große goldene Denkmünze mit ihrem Bildnis sandte und dazu eigenhändig schrieb, er möge alles, was er fernerhin schriebe, nach St. Peters burg senden. Im Verlauf der Jahre sandte sie ihm dann ein eigenes Werk als Gegengabe, die von ihr für die jungen Groß fürsten verfaßten Erzählungen, und zwar handschriftlich, in deutscher Sprache. Aber dabei blieb es nicht, Nicolai hatte auch großen geschäft lichen Vorteil von seinem Verkehr mit der mächtigen Monarchin. Sie wollte für ihre Enkel, den späteren Kaiser Alexander I. und den Großfürsten Konstantin, eine historische Bibliothek sammeln und beauftragte Nicolai im Mai 1783, ein Verzeichnis aller in deutscher und französischer Sprache erschienenen historischen Werke, im weitesten Sinne genommen, also auch von Chroniken, Annalen Urkunden, Sammlungen usw. zu machen und zwar von allen Ländern der Welt. Zu dieser großen, zeitraubenden Arbeit standen ihm nur wenige Monate zur Verfügung, er konnte es jedoch der Kaiserin bereits im September des Jahres in einem handschriftlich geschriebenen Folianten übersenden. Der Lohn blieb nicht aus, die Kaiserin beauftragte ihn mit der Lieferung sämtlicher aufgeführten Werke, was selbstredend längere Zeit in Anspruch nahm. Ein weiterer Auftrag wurde ihm 1785 zu teil. Die Kaiserin plante die Herausgabe eines vergleichenden Lexikons aller toten und lebendigen Sprachen und beauftragte wiederum Nicolai mit der Anfertigung eines Verzeichnisses. Mit Hilfe eines gelehrten Freundes stellte Nicolai wiederum ein umfangreiches, eng ge schriebenes Verzeichnis zusammen, und wiederum beauftragte ihn die Kaiserin mit der Beschaffung der Bücher. Bis 1787 währten diese Lieferungen, die Nicolai reichlichen Gewinn brachten, die es ihm ermöglichten, das herrschaftliche Haus Brüderstraße 13 zu erwerben und dorthin sein Geschäft zu verlegen. Dieses Haus in der Brüderstraße schildert uns sein Enkel Parthey mit liebevoller Hand in seinen Jugenderinnerungen. In den schönen stattlichen Räumen hat Nicolai noch fast ein Viertel jahrhundert gewirkt und gearbeitet. Durch seine Schriftstellerei erwarb sich Nicolai viele Feinde, fast mit allen.Größen der Literatur, mit Hamann, Lavater, Jung- Stilling, Jacobi, Wieland, Goethe, Schiller, Kant, Fichte, mit den Romantikern, zeitweise auch mit Voß und manchen andern über warf er sich und kam in die heftigsten Federkriege. In der »All gemeinen Deutschen Bibliothek« wurden diese Kämpfe mit maß loser Heftigkeit ausgefochten; in den Lernen wurde Nicolai scharf angegriffen, Goethe wie Schiller urteilten sehr hart über ihn, vor allein wurde jedoch Fichte sein erbittertster Gegner. Ich werde diese verschiedenen Streitpunkte zum Teil aus führlich erörtern, möchte jedoch schon hier das eine betonen, daß Nicolai sich durch alle diese Angriffe, die von den ver schiedensten Seiten, von den verschiedensten Parteien, aus der Hand der ersten Geister seiner Zeit wie Keulenschläge auf ihn niedersielen, nicht aus der Fassung bringen ließ, vielmehr un ermüdlich war im Abfassen neuer Verteidigungs- und Streit schriften und nicht eher schwieg, als bis seine »Allgemeine deutsche Bibliothek« aufhörte zu erscheinen. Bei all seiner Schärfe, seiner Einseitigkeit und seiner mit dem Alter stets zunehmenden Recht haberei, die schließlich so schlimm wurde, daß er gegen jeden, der sich in Kunst, Wissenschaft und Literatur eine eigene Meinung erlaubte, Gift und Galle spie, muß man doch das eine ihm zu gestehen: Mut, Feuereifer für die Wahrheit hat er stets bewiesen und persönlichen Vorteil oder Aussicht auf Gewinn nie in den Vordergrund treten lassen. Und das zeichnet ihn auch als Buchhändler aus, auch in seinem geschäftlichen Gebaren gilt das, was er selbst über sein literarisches Schaffen sagt: »So oft ich auch über mein literarisches Leben nachgedacht habe, fand ich doch immer, daß mich Ehrgeiz, Sucht zu glänzen oder gar die Einbildung, bei der Nachwelt Ruhm zu haben, nie im geringsten trieb. Zum Schreiben kam ich durch eifrige Begierde, zu nützen und mich angenehm zu be schäftigen.« Kleinlich sparsam, ja geizig in kleinen Dingen, war er frei gebig und verschwenderisch im Wohltun. Aber wie er frei von jeder Titelsucht war, so war er auch frei davon, sein Wohltun be kannt werden zu lassen; er spendete im Geheimen, und erst nach seinem Tode erfuhren die meisten der von ihm Unterstützten, wer ihr Wohltäter gewesen. Sein Vaterland und seine Vaterstadt liebte er und litt schwer unter der Demütigung, die Preußen seit 1806 erdulden mußte. Nach Kräften war er bemüht, der Not und Be drängnis abzuhelfen. So tritt uns der Streiter und Nörgler doch andererseits menschlich nahe, und wir glauben seinen Worten, wenn er schreibt: »Ich habe Vermögen, ja Reichtum erworben und es zu er halten gesucht, aber geliebt habe ich es niemals. Das Geld, das man erworben hat, ist dazu gut, daß man im Alter nicht nötig hat, für sich und die Seinigen zu sorgen, und also seine Gedanken auf edlere Gegenstände richten kann. So ist es mir wenigstens immer gewesen.« Auch für den Buchhandel hat Nicolai, obwohl er manchen
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