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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.11.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 26.11.1909
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- Deutsch
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275, 26. November 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 14631 in deutschen Städten. (Hört!) Es ist mir eine sehr auf fallende Erscheinung, daß insbesondere Pädagogen darauf Hinweisen, daß die Zunahme der Pornographie eine sehr ernste Angelegenheit ist. Auch die Regierung betrachtet sie in diesem Sinne und meint, daß es eine ganz selbstverständliche Pflicht oer Behörden ist, daß sie nach Maßgabe der bestehenden Gesetze gegen die Erscheinungen der Pornographie einschreiten. Die be stehenden Gesetze reichen auch dazu aus. Ich habe das schon früher betont, und es freut mich, daß heute und gestern aus dem Hause die gleiche Ansicht laut wurde. Ich freue mich auch darüber, daß die verschiedenen Meinungen über die Frage der Porno graphie, ihre Bedeutung und ihre Gefährlichkeit, sich mehr und mehr näher kommen. Es besteht eine Verschiedenheit der An sichten darüber, woher es kommt, und wie es zu bekämpfen ist; aber daß wir vor einem llbel stehen, läßt sich nicht in Abrede stellen. Ich habe diese Angelegenheit in den letzten Jahren sorgfältig verfolgt und habe in Verbindung mit staatsanwalt- schaftlichen Behörden eine Reihe von Beobachtungen gemacht, die ich Ihnen nicht vorenthalte. Meine Überzeugung geht da hin, daß in den letzten Jahren derartige Erscheinungen zu ver zeichnen sind, bei deren Anblick jeder anständige Mensch von einem starken Ekel ergriffen sein muß. Zweifellos ist es nicht nur für die Jugend, sondern auch für die deutschen Frauen und die Mädchen aller Stände unter Umständen recht unan genehm, an gewissen Läden Vorbeigehen zu müssen, und vor gewissen Läden nicht stehen bleiben zu dürfen, weil man sich sonst einem recht schlimmen Verdacht aussetzt. Was die Gerichte auf diesem Gebiete erkannt haben, entzieht sich selbstverständlich meiner Beurteilung hier. Die Gerichte haben über die An klage auf Grund eingehender Verhandlung entschieden und sind nach bestem Wissen und Gewissen zu ihrem Ausspruch ge kommen. Damit ist die Angelegenheit insoweit erledigt. Für mich kann es sich nur darum handeln, von dem Verhalten der Staatsanwaltschaft auf diesem Gebiet zu sprechen. Die Staatsanwaltschaft hat sich nach meinen Wahrnehmungen ehrlich und redlich bemüht, in allen Fällen, in denen sie eine Aussicht auf eine Verurteilung annehmen konnte, die betreffende Sache zu verfolgen. Dies ist im großen und ganzen auch nicht bestritten worden. Man hat nur immer darauf hingewiesen, welche Stellung der Sachver ständige in derartigen Prozessen einnimmt. Daß in solchen Fällen ein Sachverständiger beigezogen wird, ist angesichts unserer gesetzlichen Vorschriften unvermeidlich deswegen, weil die Angeklagten sich fast immer darauf berufen, daß es sich um Kunst Produkte handle und weil sie zum Nachweis für dieses ihr Verteidigungsvorbringen sich auf die Gutachten von Sachverständigen berufen. Diese Sachverständigen müssen dann nach der unzweideutigen Vorschrift des § 244 der Straf prozeßordnung vernommen werden. Nun heißt es aber: Warum führt denn nicht auch der Staatsanwalt Sachverständige vor? Die Staatsanwaltschaft hat in solchen Fällen — und es handelt sich ja eigentlich nur um Münchener Prozesse — schon sehr häufig auch ihrerseits Sachverständige vorgeführt. Es ist ganz unrichtig, die Sache so aufzufassen, als ob etwa retar dierend auf die Staatsanwaltschaft eingewirkt worden sei, ihrerseits nicht auch mit Sachverständigen vorzugehen. Das ist eine irrige Annahme. Die Staatsanwaltschaft führt so und so oft nur wenige und in manchen Fällen gar keine Sachverständigen ihrerseits vor, weil sie bei der Anklage von der Meinung ausgeht, man brauche überhaupt keine Sachverständigen, um zu sehen, daß das unzüchtige Bilder sind. Nun gebe ich zu, daß es, wenn die Verteidigung ihrer seits mit Sachverständigen aufmarschiert, schon auch die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft sein kann, ihrerseits Gegensachverständige zu benennen. Die Staatsanwaltschaft hat natürlich die Verpflichtung, wenn sie eine Anklage über haupt erhebt, ihren Standpunkt auch den Gerichten gegen über mit allem Nachdruck zu vertreten, damit ihre Ansicht zum Durchbruch komme. Das ist die prozessuale Aufgabe, wie sie sich aus dem Gesetze für die Staatsanwaltschaft ergibt. Aus dieser ihrer Aufgabe resultiert dann die weitere Verpflich tung, daß sie eben auch die Sachverständigengutachten, die durch den Angeklagten vorgeführt werden, durch geeignete Gegensach verständige bekämpfen läßt. Ob sie das im einzelnen Falle zu Falles, für die selbstverständlich keine generelle und schließlich auch keine spezielle Weisung erteilt werden kann. Die Bedeutung, die das Gutachten des Sachverständigen in derartigen Pro zessen einnimmt, wird ja vielleicht manchmal überschätzt. Der Sachverständige ist nach dem Gesetze nur der Gehilfe des Richters. Der Richter, und zwar der rechtsgelehrte Richter, wie auch der Geschworene, ist deshalb auch nicht im ent ferntesten verpflichtet, sich an das Gutachten des Sachverständigen zu halten. Ich möchte das in Anknüpfung an eine Bemerkung des Abgeordneten Müller-München 8 besonders betonen. Der Richter kann über das Gutachten der Sachverständigen hin weggehen, sowie er eine andere Meinung hat, und wenn 10 Sachverständige sagen, daß etwas so und so ist, so kann der Richter eine gegenteilige Ansicht seinem Spruch zugrunde legen. Wir haben schon wiederholt davon gesprochen, daß jetzt der Vorentwurf eines neuen deutschen Strafgesetzbuches der öffentlichen Kritik unterliegt. Die öffentliche Kritik kann bei dieser Gelegenheit aufs neue prüfen, wie man gegen die Erscheinungen der Pornographie vorzugehen habe. Wenn sich dabei die schon mehr einander nahe gekommenen Meinungen dahin vereinigen, daß das bestehende Gesetz genügt, gut; wenn aber in irgendeiner Beziehung etwas anderes vorgeschrieben werden soll, so wird dies wie alle anderen Vorschläge der öffentlichen Kritik aufs sorgfältigste gewürdigt werden. Einen noch größeren Wert lege ich auf die öffentliche Meinung in dieser Frage. So gut man darüber einig ist, daß das Anwachsen der Pornographie sich zum Teil auf das eigene Verschulden des Publikums oder bestimmte Teile desselben zurückführen läßt, ebenso richtig ist es auch, daß das Publikum intensiver als bisher aus freiem Entschluß ablehnend dagegen reagieren kann und man im allgemeinen Empfinden dahin kommt, daß das eine Gefahr ist für die moralische Ge sundheit des Volkes, insbesondere für die Heranwachsende Jugend. Dann wird dieses Rechtsempfinden sich wohl auch in den Aus sprüchen der Gerichte ausprägen, und wir kommen schließlich zu dem idealen Zustand, wie er eigentlich auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Rechtspflege sein sollte, nämlich des voll ständigen Einklangs des Volksempfindens mit Gesetz und Judikatur Kleine Mitteilungen. *Das Epiphaniasfest in Lachsen. — Der Antrag Nietham mer u. Gen. in der 2. sächsischen Kammer auf Verlegung des Epi phaniasfestes (Erscheinungsfest, Hohes Neujahr, 6. Januar) auf den nächstfolgenden Sonntag wurde am 23. November gegen die Stim men der Sozialdemokraten und dreier Konservativen angenom men. Die Regierung verharrte auf ihrem ablehnenden Standpunkt. Der Antrag lautete: Die Kammer wolle beschließen: 1. die königliche Staatsregierung zu ersuchen, die Aufhebung des 6. Januars als Epiphaniasfeiertag und die Verlegung dieses Festes auf den nachfolgenden Sonntag zu veranlassen, soweit der 6. Januar nicht selbst auf einen Sonntag fällt; 2. die Erste Kammer zum Beitritt zu diesem Beschlüsse ein zuladen. Abgeordneter vr. Niethammer-Kriebstein (Natl.) begründete den Antrag, der seit den siebziger Jahren immer wiederkehre und der Natur der Sache nach auch in der Synode behandelt worden sei. Dort sei er aber abgelehnt worden. Redner gibt dann einen Überblick über die weitere parlamentarische Geschichte des Antrags. 1905 habe der Rat der Stadt Leipzig eine Petition an den Landtag gerichtet, die der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen worden sei. Im letzten Landtage sei eine gleichartige Petition der Regierung zur Erwägung gegeben worden. Die Bedeutung des Epiphaniasfestes sei, wie Professor v. Fricke in Leipzig erklärt habe, stark verblaßt; auch der Zusammenhang mit der katholischen Kirche könne keinen Grund zur Beibehaltung des Festtages geben. Viele Geistliche seien für die Verlegung des Festes auf den nächsten Sonntag. (Zuruf links: wollen sich von der Arbeit drücken!) Die Synode sei offenbar von dem Ge danken ausgegangen, daß die Kirche nicht den ersten Schritt zur Abschaffung des Festes tue. Auch die Laien, die die Abschaffung, bzw. Verlegung des Festes fordern, wollten damit keine Unkirch- 1897'
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