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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.11.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-11-18
- Erscheinungsdatum
- 18.11.1909
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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14128 Bvrüllbtaü f. d-Dttchn. Burbd«iil0ct. Fertig« Bücher. 268, 18. November 1SÜS. Üb-r A M. Tinayre, Die Rebellin (Ins Deutsche übertragen nach der 5Z. Auflage des Originals, geb M. 4.50) sagt Anna Brunnemann in einer spaltenfüllenden Besprechung im Liter. Echo: . . . ihr Können ist mit jedem neuen Werk gewachsen, und ich möchte sie ohne Vorbehalt als die begabteste unter den heutigen französischen Romanschriftstellerinnen bezeichnen. Sie vereinigt alles, was das französische weibliche Schrifttum besonders intcrrcffant machen kann, und das ich auf die einfachste Formel bringe, wenn ich sage: „olle cst komme et eile est Parisienne". Das will sagen: sie schildert mit offenem Verstand, mit vielem Temperament und warmem Fraucnherzen scharf und sicher Frauentypen, wie sic aus einem Milieu hervorgehcn, das nur in Paris denkbar ist. . . . In ihrem jüngsten Werke, „l.a kebelle" sehen wir, wie Mann und Weib vereint, in diesem ober flächlichen Treiben nach festen sittlichen Normen forschen. Zwei ernste Charakter werden zunächst als Ver treter der Theorie der freien Liebe gezeichnet, ... ein Tendenzbuch? Gewiß! Indes läßt uns das warm blütige Temperament der Dichterin, die stets Menschen von Fleisch und Blut zeichnet und nie im Broschürcn- stil redet, alles Tendenziöse vergessen. . . . schildert Marcelle Tinayre mit ihrem reichsten Können auf geradezu wundervollen Seiten die leise, zurückhaltende, so gar nicht romantische Annäherung der beiden an innerem Werte hoch über ihrer ümwelt Stehenden. . . . Selten dürfte in einem französischen Romane so zarte, durch geistigte Erotik zu finden sei». . . . Sie predigt nichts, sie stellt keine positive Schlußforderung auf: sie läßt uns nur alle Konflikte mit erleben, die hier Mann und Weib, ernsten, ehrlichen, wahrhaften Naturen, aus der Übertragung dieser Theorie in die Praxis erwachsen. Außer dem Hauptproblem tauchen noch die ver schiedenartigsten Probleme auf, die das soziale Leben der Frau mit sich bringt. Besondere Teilnahme schenkt sie der unehelichen Mutter. Sie fordert für sie de» Schutz der Gesellschaft und verlangt vor allem zur Kebung der Sittlichkeit, man möge Mutter und Kind nicht trenne». . . . Josanne, die Reporterin des „IVloncke keminin", besucht ein Asyl für werdende Mütter, und die Schilderung dieses Buches gehört unstreitig zu den erschütterndsten Seiten des ganzen Buches. Das uralte, ewig neue Elend der Frau zieht hier in den verschiedensten Typen an uns vorüber. . . . „Ja, wenn ich Talent hätte", ruft Josanne aus, „so würde ich wahre, tiefernste und traurige Dinge sagen, Dinge, wie sie nur eine Frau zu sage» in der Lage ist". Ich finde, daß Marcelle Tinayre selbst solche Dinge gesagt hat, mit ihrem Kerzen gesagt hat. And was ihr Werk von den modernen Tendenzbüchern so tief unterscheidet, ist, daß ihr das Leben hoch über aller Tendenz steht. Sie wandelt nichts Lebendiges zugunsten einer Tendenz um, und darum zeigt sic die Frauen ihrer Umgebung, wie sie noch sind: trotz geistiger Selbst ständigkeit abhängig von Lerz und Sinnen, , , . Die „Schlesische Zeitung" urteilt: . . das Bezaubernde an dem Buch ist die wunderbare Art, wie sich uns die Seele, der Charakter der Leldin erschließt, dieser tapferen, schönen, gescheiten und zärtlichen Frau, die, himmelweit davon entfernt, der Typus einer Frauenrechtlerin von heute zu sein, zweifellos der Typus jener modernen Frau der Zukunft ist, an der auch der ärgste Feind der sogenannten Fraucnemanzipation Gefalle» finden wird. Es gibt Bücher, die den Leser von der ersten Seite an gefangen nehmen (wie z. B, die von Knut Kamsun): die Geschichte von Josanne Valentin und ihrer Liebe, , , das alles ist mit so viel Fein heit und Delikatesse und mit so folgerichtiger Psychologie dargestcllt, daß Lerr Paul Bourget seine junge Kollegin wohl darum beneiden dürfte. Das Liebesleben der selbständig im Leben stehenden, der arbeitenden Frau, dieses Problem hat ja auch schon viele deutsche Schriftstellerinnen gereizt und am besten hat sich Gabriele Reuter in ihrem Roman „Das Tränenhaus" damit abgefunden. Die „Rebellin" von Marcelle Tinayre steht jedoch weit höher als ein Tendenzroman im Sinne von Suffragetten und Emanzipierten, er ist die Geschichte eines menschlichen Kerzens schlecht weg, trotz seines modernen Kintergrundes voll Duft und Poesie, Der Roman ist eine ephemere Erscheinung, er wird seinen bestimmten Platz in der französische» Literatur einnehmen und den Namen seiner Verfasserin unvergeßlich machen. Für den Leser bedeutet er mehr als eine Be reicherung seiner literarischen Kenntnisse, er bedeutet ein inneres Erlebnis, Wir bitten um erneute tätige Verwendung für diesen prachtvollen Roman, welcher im vollsten Sinne moderne Probleme mit außerordentlichem Freimut, doch in ungemein dezenter Form behandelt, Schulze L Co., Verlagsbuchhandlung Leipzig
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