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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.11.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 01.11.1909
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- Deutsch
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254, 1, November 1S0S. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 13165 Dostojewski: Onkelchens Traum. And dann: Dieser Lerr über ungeheure Reichtümer des Geistes und Lerzens mußte fast unausgesetzt als Zwangs arbeiter der Not schaffen. Er, ein geistiger Souverän, mußte das Dasein eines geistigen Proletariers führen. Lest seine Briefe und ihr blickt in eine Lölle Sie ist vielen bekannt gewesen und noch bekannt, und es ist wahr, daß im Kronschahe des höchsten, was uns die Dichtkunst gegeben hat, das meiste aus dieser Lölle stammt. Aber die Lölle Dostojewskis war außerdem die eines Landflüchtigen, den die Not aus der Leimat verbannt hatte, eines Leimlosen, der auch noch für arme Verwandte sorgen mußte laus frei übernommener Pflicht), eines Unzeit gemäßen und dabei Ehrgeizigen, der erst spät zur Anerkennung gelangte, ja eines Verkannten und Verleumdeten Wahrschein lich auch die Lölle eines Leidenschaftlichen, der seine Leiden- schäften knechten mußte, nicht aus innerem Zwang (der ihn erhoben hätte), sondern aus äußerem (der ihn fesselte). — Mas heißt dies ? Lest ihn, und das Wunder der Demut Dostojewskis wird euch zu einem Mysterium, das hell und dunkel zugleich ist. Dieser Mensch hat das Kreuz erlebt, und er liebte das Kreuz. Za er hat am Kreuze gedichtet und das Kreuz ver herrlicht. durchbohrt von Nägeln der Not und Schmach. Sein Leiden war nicht geringer, als das des Nazareners, der auf Golgatha zwischen den Schächern starb, aber er hat sich den- noch nicht für einen Leiland, sondern für einen Schächer ge- halten, und es war nicht sein eigenes Kreuz, das er verherr lichte, sondern das auf der Schädelstätte vor Jerusalem. Seine eigene Not und Schmach (unter der er oft zornig auslöhnte und knirschte, denn seine wunde Seele war oft wohl am Ver zweifeln) war gerade, wenn er schrieb, die seines Volkes, ja die aller Elenden und Zertretenen; er war zu groß, um als Dichter sich selbst zu beklagen, ein lautes Wesen von seiner I Not zu machen; er hat in der Glühhitze des Schaffens wahr- scheinlich wirklich kein eigenes Leiden mehr empfunden, sondern das der anderen; aber die selbstgefühlte Not ist es dennoch gewesen, die ihn fähig gemacht, ja dazu begeistert hat, jene Seelengemälde zu schaffen, in denen auf dem Untergrund des Elends, eine: seine Welt sich ausbreitet voller Lohen und Tiefen, Engen und Weiten, Abgründen und Ausblicken, Loff- nungen und Verzweiflungen — voller Teufel und voll Gott. Gewiß ist auch er oft genug kleinmütig gewesen im Leben; in seiner Dichtung aber fühlt man nichts davon, obwohl er die Tiefe preist und nicht die Löhe. Das Elend hat seine Dichtung erhaben gemacht And so kann dieses Leben, betrachtet in diesem Werk, darein es sich zugleich verhohlen und offenbart hat, wohl zu dem Glauben bewegen, daß die niederdrückenden Gewalten des Lebens und die ihnen entgegenkommenden Neigungen demütiger Seelen doch am Ende ebenso mächtig sind, große Menschen zu bilden, wie die gegensätzlichen Werte, die auf den Tafeln Nietzsches leuchten. Dostojewski hat an sich das christliche Nein als positive Kraft bewiesen. . . . Wenn es wahr ist, daß der Deutsche den Trieb hat, Welt- Verständnis zu gewinnen, und daß darin seine tiefste Kraft und die Bürgschaft geistiger Weltbeherrschung liegt: eines Imperium SSl-munorum in^enii, — dann dürfen wir hoffen, daß die Werke Dostojewskis in Deutschland einmal heimisch werden, wie die der anderen Großen fremder Zunge. Es heißt in einem gewissen Sinne zu den mystischen „Müttern" hinabsteigen, von denen es im „Faust" tönt, wenn wir Dostojewskis Welt besuchen. Schwachen Seelen kann es gefährlich werden, starken ist es ein gewaltiges Erlebnis. Gleichzeitig erscheint als Band 17 der Gesamtausgabe: Onkelchens Traum. Die fremde Frau und der Mann unterm Bett. — Das Krokodil oder Was in der Passage passiert ist. Drei humoristische Novellen. 400 Seilen. Geheftet: M. 4.— ord., M. 3.- netto. M. 2.40 bar. Gebunden M. 5 — ord., M. 3.75 netto, M. 3.15 bar. Vor Erscheinen bestellt mit 40"/« und 7/6. Mit einer mühsam aufgeklebten Perücke, mit einem Mo- nocle vor dem gläsernen Auge, mit einer Schicht von Puder und Schminke, welche die Spuren des Alters und eines wüsten Vorlebens verdecken sollen — so stellt sich der Zukünftige dar, den Marja Alexandrowna Moskaljewna für ihre Tochter aus erkoren hat. Daß der 70jährige, der fast vollständig verblödet ist, der blutjungen Sina wohl kaum ein glückliches Leben ver schaffen kann, kommt nicht in Betracht. Ist er doll) ein echter Fürst und steinreich dazu. Die Mutter führt den Kampf auf zwei Fronten. Zunächst muß der Widerstand der Tochter ge brochen werden, die sich gegen die unnatürliche Verbindung sträubt. Sodann muß sie den Fürsten zu einem Antrag be stimmen. Durch eine Reihe komischer Szenen, in der alle Mi'tel der Gewalt, der Überredung und der Schlauheit an gewendet werden, sehen wir die resolute Dame ihr Ziel er reichen. Der Fürst hat sich erklärt und findet Gehör. Doch nun nimmt die Landlung eine neue Wendung. Ein vorher abgewiesener Freier zerstört aus Rache die „Partie". Er redet dem schwachsinnigen Bräutigam ein, die ganze Verlobung habe ihm nur geträumt. Dem Alten leuchtet das ein, und er glaubt, den drolligen Traum vor den versammelten Freundinnen des Laufes erzählen zu müssen. Natürlich stürzt der mühsam aufgetürmte Bau wie ein Kartenhaus zusammen. Schon diese Inhaltsangabe charakterisiert den Roman. Er ist von jenem grotesken und realistischen Lumor, dessen Lauptvertreter Dostojewski ist Das deutsche Publikum kennt und schätzt denselben Der große Erfolg unserer vor einem Jahr erschienenen Übersetzung des „Gutes Stepantschikowo" beweist es. Dieselben Züge tragen auch die beiden anderen Novellen des Bandes. Zn der einen werden die Qualen eines Ehe mannes geschildert, dessen Eifersucht so blind ist, daß er — eine fremde Frau ertappt. Die andere bildet eine beißende Satire auf die russische Beamtenschaft.
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