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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.06.1885
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- Erscheinungsdatum
- 17.06.1885
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- Deutsch
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2854 Nichtamtlicher Teil. wurde, fand je nach der speciellen Begabung der Kopisten eine Arbeitsteilung statt, indem die einen nur Linien zogen, die anderen nur Initialen und Randverzierungen zeichneten, wieder andere nur malten oder Rot und Gold einsetzten, noch andere die eigentlichen Textesworte schrieben. Die letzten Hände batten dann Abschrift und Original zu vergleichen und untergelaufene Fehler zu vcr- ^ bessern. Wichtige Stellen und Kapitelüberschriften wurden zur Auszeichnung gern mit roter Tinte geschrieben, eine Gewohnheit, von der sich, beiläufig bemerkt, noch heute das Wort Rubrik (von rubsr, rot) erhalten hat. Neben religiösen wurden bald auch weltliche Bücher, wie Heldengedichte, Tiersagen, Minnelieder rc. vervielfältigt. Unter den handschriftlichen Schätzen der Mainzer Bibliothek befinden sich etwa zehn sehr schöne arabische und türkische Hand schriften, darunter ein Koran aus dem elften Jahrhundert auf dem feinsten weißen Pergament geschrieben mit Initialen in Gold. Alle diese orientalischen Manuskripte sind aus der Ofener Bibliothek, wo sie 1686 ein Baron von Thüngen »gerettet« und 1692 dem Jesuitenkolleg in Mainz »libsratitsr« geschenkt hat. Derselbe war mit dem Heere Karls von Lothringen gegen die Türken gezogen und fand bei der Eroberung von Ofen Gelegenheit, die Handschriften an sich zu bringen. Auch griechische und hebräische Handschriften sind hier mannigfach vertreten, unter letzteren ein sehr wichtiger Bibelcodex; ferner Bibelhandschriften mit bildlichen Darstellungen in kolorierter Ausführung, welche für die Kostüm geschichte von Bedeutung sind, sowie auch Evangeliarien aus dem elften Jahrhundert mit herrlichen frühromanischeu Verzierungen, zum Teil in Gold auf Purpur, und Missalen mit prachtvoller Ausschmückung. Auch an Handschriften mit alten Noten, den sogenannten Neumen (bestehend aus Pünktchen, Häkchen, Accent zeichen und Halbbogen), an Choralbüchern im größten Format und schöner Verzierung ist kein Mangel und außerordentlich groß ist die Kollektion alter lateinisch-deutscher Vokabularien. Manche dieser Arbeiten mögen wohl auch als Strafpensa oder zur Selbstkasteiung übernommen worden sein. Diesen Eindruck machen namentlich einige umfängliche Bände mit winzig kleiner Schrift, deren Lektüre schon nach der Durchsicht weniger Zeilen dem Auge Thränen erpreßt. Sehr erschwerend für das Lesen sind dabei die zahlreichen Abkürzungen, die ein besonderes Studium voraussetzen. Die Kostbarkeit des Schreibmaterials in der frühesten Zeit mag diese Abbreviaturen anfangs zur Notwendigkeit gemacht haben; allein wir finden sie auch später noch und selbst in den Erst lingserzeugnissen der Druckerpresse. Überhaupt ersieht man aus diesen Handschriften und nament lich aus denen des fünfzehnten Jahrhunderts, die mit größter Sorgfalt gearbeitet sind, wie eng sich der Buchdruck in seinen For men an die mit der Feder reproduzierten Werke angeschlossen hat. So rasch auch die Druckerkunst sich verbreitete, so wurde doch noch eine geraume Zeit nach Erfindung derselben mancherlei durch Schreiben vervielfältigt. Das Pergament war immer teurer geworden und auch nicht immer in der wünschenswerten Güte zu beschaffen; so verfielen die Abschreiber immer häufiger auf das schon früher bekannte Ver fahren, alte, für minder wertvoll gehaltene Manuskripte durch Ab waschen und Abreiben mittelst Bimsstein von dem darauf befind lichen Texte zu befreien und das Pergament zu neuen, mehr be gehrten Werken zu benutzen. Auch an solchen sogenannten Palim ps esten fehlt es der Mainzer Bibliothek nicht, und auf mehreren derselben kann man noch deutlich die inzwischen wieder hervor getretene Urschrift erkennen. Bei manchem dieser alten Manuskripte verweilen wir mit ^ 137, 17. Junu ganz besonderem Interesse. Da halten wir beispielsweise einen augenscheinlich vielgebrauchten Folianten in der Hand, der uns so recht den Wandel der Zeit und die Riesenentwickelung der Wissen schaft vor Augen führt. Es ist die Chronik des Martin von Troppau, eine parallele Behandlung der Päpste und Kaiser, im Buttelalter das verbreitetste Geschichtsbuch und die Hauptquelle der damaligen Geschichtskenntnis, — heute durch die Forschung völlig entwertet und als Sammelsurium aller nnhistorischen Fabeln und Märchen erkannt. So erhielt z. B. die Geschichte von der Päpstin Johanna, die bis in die neuere Zeit ihre Gläubigen gefunden hat, zumeist durch die Chronik Martins von Troppau ihre Verbreitung. Meistens verfehlten die fleißigen Abschreiber nicht, zuguterletzt ihre Namen den gefertigten Schriftwerken einzuverleiben, und noch seltener unterließen sie es, am Schluffe ihrer nur zu begreiflichen Freude über die Beendigung der mühevollen Arbeit Ausdruck zu geben, bisweilen nur durch ein kunstvoll gemaltes und oft mit kühnen Arabesken ausgestattetes »l^iais« oder »Ende«, dann aber auch durch Zusätze wie »Gott sei gelobt!« oder »Gott sei meiner Seele gnädig«, wozu auch manche ihren Namen fügen. Sehr gewöhnlich liest man den Vers: »Uinito lidro sit laus st Kloria Obristo«. Nicht selten denkt aber auch der Schreiben an sich und die gehabte Mühsal, da heißt es dann z. B.: »Osntur pro psims. soriptori ooslioa rsAna«, oder wohl auch: »Ostur pro psoas, soriptori pulobra puslla!« Mitunter findet sich auch ein Seufzer wie: »Ach, ach! ich was fro, do ich schreib üaito lidro« oder: »Ach got wie fro ich was, do dies buches ein ende was!« oder: »Hie hat daz Buch ein ende, das frauwen sich myn Hende«. Häufig trifft man am Schluffe auch eine Nachschrift, welche sich gegen einen etwaigen Diebstahl des Buches wendet: »Hai libruw istara karatar, s. äoanao raalsäicatur«. Oder: »Wer das Puch stell, desselben chel mugge sich ertoben hoch an eim galgen oben«. Ja, es mangelt nicht an Beispielen, in denen auf den Dieb bald Schläge, bald die Pest, Aussatz und ein Buckel herab gewünscht wird. Die Besorgnis vor etwaiger Entwendung solch kostbarer Bücher erhielt übrigens in den damaligen Zeiten vielfach noch einen weit greifbareren Ausdruck dadurch, daß man dieselben in Bibliotheken und Kirchen an Ketten legte. In Mainz sind die Reste solcher Ketten an verschiedenen Folianten noch zu sehen. So fand bekanntlich auch Luther im Kloster zu Erfurt die Bibel angekettet. Diese Gewohnheit setzt überdies sehr massive und dauerhafte Einbände voraus und an diesen gebrach es auch nicht. Hand in Hand mit der Kunst der Kalligraphie und Malerei ging die des Einbind ens, welche ebenfalls vielfach in Klöstern gepflegt wurde und an Schönheit und Kostspieligkeit oft mit der inneren Aus stattung wetteiferte Gewöhnliche Bücher oder solche, die zum all gemeinen Gebrauch dienen sollten, wurden mit starken Holzdecken umgeben, die man mit Schweinsleder überzog und manchmal noch mit Metallecken und Schlössern versah. Aber auch Schnitzwerke von Ebenholz, Zierate von Gold und Silber und selbst Edelstein einfassungen brachte man mit kostbaren Einbänden in Verbindung. Die Mainzer Bibliothek hat alle Arten hiervon aufzuweisen, von der einfachen Holz- und Schweinslederdecke bis zur reich mit Wappen und Emblemen verzierten Umhüllung in hocheleganter Lederpressung und bis zu den französischen Luxuseinbänden des vorigen Jahrhunderts, welche gegenwärtig sehr teuer bezahlt werden. Da sehen wir z. B. — um nur einiges wenige hervorzuheben — den Einband einer Handschrift aus dem Kloster Tegernsee, ein geschmackvolles sarazenisches Seidengewebe aus dem zwölften
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