Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1923
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1923-02-14
- Erscheinungsdatum
- 14.02.1923
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19230214
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192302144
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19230214
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1923
- Monat1923-02
- Tag1923-02-14
- Monat1923-02
- Jahr1923
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. X: 38, l4. Februar l923. bedarf. Wer ein Menschenalter hindurch als der Monarch einer führenden Großmacht mit den politischen Verhältnissen vertraut wurde, hat über diese mehr zu sagen als jemand, der nur ihr Beobachter aus der Ferne oder ihr Beurteiler nach fremden Urtei len war. Die Unmittelbarkeit seines sclbstgewonnenen Urteils ist es also, die diese Aufzeichnungen des Kaisers auszeichnet, die weder eine Memoirensensation sein wollten, noch eine umfassende Darstellung seiner Zeitgeschichte vom Standpunkte des Kaisers, die auch nicht, was verständlich sein würde, den Charakter einer polemischen Tendenzschrift haben, die die ruhigen Darlegungen eines von überallher angegriffenen Mannes über Ereignisse und Gestalten, wie er sie sah und sieht, sind. Und ebensowenig wie eine Angriffsschrift sind sie eine Verteidigungsschrift. Man muß diese Berichte und Betrachtungen des Kaisers als ein menschlich persönliches Selbstzeugnis achten und aufnehmen, das für den Geschichtsforscher ein Quellenwerk ist, für den Leser aber viel leicht mehr als die politischen psychologische Reize hat, als das Selbstbildnis eines Herrschers, der im Glück und Unglück auf seinem Sinn beharrte. Wie es heißt, arbeitet Kaiser Wilhelm n. jetzt an umfangreichen Kommentaren zur Zeitgeschichte, über deren später« Veröffentlichung nichts weiter bekannt ist. Einstweilen hat er anschaulich und eindringlich Vergleichende Ge schichtstabellen von l878 bis zum Kriegsaus bruch 1914 (auch in einer Volksausgabe), K. F. Koehler, Leipzig, 1922, erschienen, zusammengestellt, die allein die nüchternen Tatsachen der politischen Ereignisse reden lassen. Selbstverständlich können auch solche Zusammenstellungen nach ihrer Anlage und Ausführung subjektiv sein, wie denn überhaupt die absolute Objektivität des Historikers sein kaum jemals sich erfüllender Wunsch bleiben wird. Aber das bloße Datengerüst, das von überallher genauester Untersuchung zugänglich bleibt, gibt für ebenjene Sprache der nüchternen Tatsachen doch Wohl die sichersten Grundlagen. Eine ähnliche gute Übersicht über die Geschehnisse und Zusammenhänge des Weltkrieges, des Kaisers Tabellen weiterführend, vermitteln die Daten des Welt krieges. Vorgeschichte und Verlauf bis Ende 1921 von Kurt Jagow. Leipzig, K. F. Koehler, 19 2 2. Wir stehen ja noch mitten im Kriege, sodaß diese Annalen mit ihrem guten Register und ihren synchronistischen Tabellen als brauchbares Hand- und Nachschlagebuch allgemein willkommen geheißen werden dürften. Die letztverslofsenen Jahre, überreich an aktuellen und retrospektiven politischen Schriften, an sich über stürzenden Zeitereignissen, können einen geruhsameren Leser, auch wenn er unermüdlich die Zeitungsberichte verfolgt, wohl verwirren, und der Bücherfammler braucht kein Kriegslitevatur« spezialist zu sein, um einen solchen chronologischen Index als Supplement seiner Lektüre allenthalben in Bewegung setzen zu müssen. Ohnehin dürfen ja in keinem bibliographischen Apparat ausführliche historische Tabellen fehlen, ihr Mangel oder ihre Mangelhaftigkeit rächt sich immer von neuem. über den literarischen Wert der »Ereignisse und Gestalten» ist bei ihrer anspruchslosen Form, die ihn nicht sucht und die sich mit einer natürlich schlichten Sprache, mit einem kunstlosen Auf bau des Buches zufrieden gibt, nicht viel zu sagen. Wie denn in der gesamten deutschen und ausländischen Literatur, deren mittelbare oder unmittelbare Veranlassung der Weltkrieg wurde, ein Werk, das noch besondere eigene literarische Werte neben sei nen stofflichen hätte, soweit ich sehe, nicht zu finden ist. Nicht einmal in der Panrphletliteratur, die doch den besten Nährboden für die Entwicklung einer fcharfgeschliffenen Form und funkeln den Witzes liefert. Ein Voltaire, der sich an seinem königlichen Freunde rächte — seine sorgsam stilisierten Bosheiten erschienen unlängst in deutscher Übersetzung: Voltaire, Mein Auf enthalt in Berlin. Herausgegeben und über setzt von Hans Jacob. München, O. C. Recht Ver lag, 1921 —, ist bisher nicht wiedererstanden; man schießt und trifft heutzutage mit gröberen Geschützen. Aber Voltaire ehrte trotz alledem auch in dem großen Friedrich die Persönlichkeit, wenn er den französischen Schriftsteller verhöhnte, wußte er doch die Gedanken des großen Mannes zu verstehen, in denen allent halben der Genieblitz aufzuckt. Friedrich II. und Napoleon I. — den als geisteskrästigen und wortmächtigen Philosophen ein 188 dünnes, aber schwerwiegendes Bändchen bequem kennen lehrt, das in unseren an hohlen Redensarten überreichen Tagen als «in er frischendes Kopfbad doppelt erwünscht scheint: Napoleon der Denker. Von Friedrich M. Kirch eisen. Carl Reißner, Dresden, 1 922 — haben auch unter den Meistern der Schrifttumsgeschichte insofern eine Ausnahmestellung, als ihnen, den Feldherren und Staatsmännern, nicht allein bei allen Gelegenheiten der Rede das willige Wort völlig dienstbar war, als sie ihre schriftstellerische Tätigkeit unter den ihr hinderlichsten Verhältnissen ausüben konnten, unter der Bedrängnis schwer wiegender Entschlüsse, im Wirrwarr eiligster Geschäfte. Friedrich der Große wahrt nicht bloß als Autor unter den Fürsten des Hohenzolleruhauses seinen einzigartigen Rang. Seine literarische» Interessen ließen ihn von Jugend an zum Buchfreund werden. Darin ähnelt ihm Friedrich Wilhelm IV., dessen Belesenheit an die Gelehrsamkeit grenzte, der, beweglich, geistreich, vielseitig, witzig, mit diesen Gaben dem Schriftstellerruhm seines Vorfahren hätte uacheisern können. Sonst aber sind die Hohenzollern eher alitera- risch gewesen, deren Beziehungen zum Buche, zur Dichtung und Wissenschaft sich auf die notwendigste Repräsentation einschränk- ten. Bei Wilhelm I. mag nicht die Abneigung, jedoch die Gleich, gültigkeit gegen alles literarische Wesen ein Vatererbe gewesen sein. Das erweisen sehr deutlich wieder Wilhelms I. Briefe an feinen Vater König Friedrich Wilhelm Hl (1827 — 1839). Herausgegeben von Paul Alfred Mer b ach. Berlin, CarlCurtius, 1922. In einer sorg sam bearbeiteten Ausgabe, wird in dem gut ausgestatteten Bande eine Briefreihe zum ersten Male bekannt gemacht, die die Briefe Wilhelms I. (am bequemsten und besten in der so betitelten Aus- wahlsammlung, die Erich Brandenburg 1911 imJnsel- Verlag herausgab, zugänglich) um wichtigste Stücke bereichert. Man darf di« hier vereinten Briesblätter mit dem Herausgeber, abgesehen von ihrem den Geschichtsforscher angehenden historischen Quellenwert, als einen Ausschnitt aus der Autobiographie des Kaisers bezeichnen und man wird deshalb den Abschnitt, der -Die Brautwerbung» überschrieben ist, mit besonderer Teilnahme durch- leseu. Aber in diesen langen, 1828 und 1829 aus Weimar geschrie- benen ausführlichen Briefen wird nicht einmal der Herr Staats minister v. Goethe ein einziges Mal erwähnt. Ob es Rücksicht auf den Briefempfänger war, die den in den Hoskreis der Museu- stadt Aufgenommenen solche Zurückhaltung auferlegte — denn Friedrich Wilhelm m. wünschte nur eine die Form wahrende klare, nüchterne, sachliche Berichterstattung — oder ob sich darin nicht auch das Verhältnis des alten Goethe zum jungen Hofe in Weimar ein weniges symbolisiert, dem er etwas als der verehrte Kunstgreis erscheinen mochte, dessen Autorität schon der Vergan genheit zugehörte? Den Liebhabern historischer Parallelen bietet sich da ein interessantes Thema, der Vergleich mit Bismarcks Stellung nach dem Tode Kaiser Wilhelms I. Es führen viele Wege nach Weimar. Und wir sind so gewohnt, sie alle sich auf Goethe als den Großherrn deutscher Bildungsmacht richten zu sehen, daß wir leicht vergessen, daß der Dichter nicht ausschließlich Weimar zugehörte. Seinen frii- Heren Lebenslauf, wie er ihn in Dichtung und Wahrheit aufzeich nete (die mit dem vierten Bande jetzt abgeschlossene Ausgabe: Goethe, Aus meinem Leben. Mit Wiedergaben aus den Sammlungen des Frankfurter Goethe- Museums. Bild-Erläuterungen und Nachwort herausgegeben von Otto Heuer. Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt a. M., 1922, macht die bedeutendste deutsche Autobiographie als Einzelwerk dem Leser wieder anschaulicher), läßt man gelegentlich nahezu nur als eine Vorbereitung auf Weimar gelten, und als ganz unbestreitbar wird dann vorausgesetzt, daß Goethe in Weimar das ihm bestimmte Glück, seines Lebens gefunden habe, wie nach ihm und vor ihm kein deutscher Dichter. Hin und wieder wird dann freilich doch die Frage aufgeworfen, ob man nicht auch von dem gefangenen Genie reden dürfe, dessen Leben zu einem Anpafsen an die kleine und kleinliche Umwelt wurde (so von Georg Brandes in seiner Goethe-Biographie und von Albert Köster im I. Bande des Kippen- berg-Jahrbuches). Wie dem auch sei, es ist nötig und nützlich, sich das ganze Leben Goethes zu vergegenwärtigen, das Verhältnis
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder