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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.06.1909
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- Erscheinungsdatum
- 05.06.1909
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- Deutsch
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6746 vörseublatt I-d. Dlschn. vuchhaildrl. Nichtamtlicher Teil. ^ 127, L. Juni 1909. Über den Briefwechsel zwischen Victor Hugo und Lacroix aus der Zeit zwischen 1860 und 1862, die als eigentliche Entstehung der »Uissiablss« gelten muß, berichtet unter Wiedergabe vieler noch ungedruckten Briese Victor Hugos an seinen Verleger, Herr Gustave Simon, in den Nummern 9 und 16 der Pariser »lisrus». Noch bevor dieser Vertrag zum Abschluß kam, war Victor Hugo an die Umarbeitung des Manuskriptes ge gangen, aber er hatte sich, wie bei allen seinen Werken, Zeit gelassen. Während sieben Monaten, vom Juni bis Dezember 1860, hatte er sich den endgültigen Plan des Romans im Kopf zurechtgelegt, ohne auch nur eine Zeile daran zu schreiben. Eine Eigentümlichkeit bei allen Victor Hugoschen Prosawerken ist die von dem Dichter gern angewandte Einflechtung einzelner Kapitel und sogar ganzer Bücher, die zum Gang der Handlung in gar keinem Zusammenhang stehen; ganz besonders gilt dies von den -Nissr-rblos«. Das Werk hätte fast um die Hälfte seines Umfanges kürzer sein dürfen und hätte deswegen doch alles enthalten können, was zum Ver ständnis des Romans an und für sich erforderlich war. Unter vielem andern gilt dies besonders von der lang atmigen Beschreibung der Schlacht bei Waterloo, die zwar an und für sich eine der großartigsten und packendsten Schilderungen des weltgeschichtlichen Ereignisses ist — Victor Hugo hatte das Buch aus dem Schlachtfelde selbst geschrieben, wo er sich zivei Monate lang nur für diesen Zweck aufgehalten hat —, aber, da von rein geschichtlichem Interesse, in den Roman selbst garnicht hinein gehört. Ob das Werk dadurch gewonnen hat oder nicht, wage ich nicht zu entscheiden; wunderbar ist aber, daß der Roman durch all dieses Beiwerk nichts von seiner Zugkraft auf die breiten Volksmassen verloren hat, die keine Beschreibung, sondern spannende Handlung haben wollen, und die doch in erster Linie zu dem ungeheuren Erfolg beigetragen haben. Durch den Vertrag mit Lacroix hatte sich Victor Hugo zur Ablieferung des Manuskripts auf einen bestimmten Zeit punkt verpflichtet. Um ruhig arbeiten zu können, zog er sich nach Guernesey zurück und hat dort während nicht weniger als neun Monaten Tag für Tag 14, 16, manchmal sogar 18 Stunden täglich an seinen -dlissrsblss» gearbeitet, die er selbst und mit Recht als eins seiner bedeutendsten Werke bezeichnete. Victor Hugo zeigte für einen Dichter viel Verständnis für geschäftliche Sachen, und er war in der Lage, seinem Verleger manchen nützlichen Wink geben zu können. Es ist begreiflich, daß Lacroix bei den großen Verpflichtungen, die er Victor Hugo gegenüber eingegangen war, den größt möglichen Vorteil aus dem Werke ziehen wollte, und so dachte er daran, den Roman zunächst einer Zeitung zum Feuilletonabdruck zu überlassen. Victor Hugo riet ihm ent schieden ab, denn damals bestand die Preßfreiheit noch nicht allgemein; die betreffende Zeitung hätte wegen irgend eines unvorsichtigen Artikels von einem Tag auf den andern ver boten werden und damit auch der Roman nicht mehr weiter erscheinen können. Auch hätte man dadurch den Nach druckern das Material ja geradezu ins Haus getragen. Lacroix gab seinem Autor recht, scheint aber seine Absicht mit der Nebeneinnahme durch die Presse nicht aufgegeben zu haben; wenigstens wollte er eine Zeitung — es handelte sich hier um den Pariser -Dsmps» — instandsetzen, das Werk ihren Abonnenten zu einem Vorzugspreise zu liefern. Auch diesen Plan ließ er auf Zureden des Dichters fallen, aber wir ersehen daraus, daß auch damals s1861) der Zeitungs buchhandel, über den heute so viel geklagt wird, nichts Un bekanntes mehr war. Am 2. Dezember war Lacroix nach Guernesey gereist, um den ersten Teil des Manuskripts »l?Lvtive« in Empfang zu nehmen. Er las ihn auf der Rückreise nach Brüssel, aber trotz aller Begeisterung schien das hohe Honorar ihn zu drücken; denn er wollte, um den Umfang und damit auch den Preis des Werkes erhöhen zu können, den ersten Teil des Romans, den Victor Hugo auf zwei Bände be rechnet hatte, in drei Bänden ausgeben, stieß dabei aber auf energischen Widerspruch des Autors: .Ich rate Ihnen dringend ab», schreibt Victor Hugo, -bedenken Sie den Preis von 7 Frcs. 50 Cts. oder auch nur von 6 Frcs. pro Band, also wenigstens 18 Frcs. für den eisten Teil eines Romans, dessen endlichen Umfang ich selbst noch nicht bestimmen kann.» Auf heutige (französische) Verhältnisse angewandt, würde uns selbst der Preis von 6 Frcs. pro Band bei nur zwei bändiger Einteilung ungeheuer hoch, ja fast unmöglich er scheinen. Auch Lacroix schien das einzuleuchten, er ging aus 5 Frcs. hinunter, wollte aber an der Einteilung in drei Bände statt zwei für die zu dieser Zeit noch vorgesehenen vier Teile des Werkes festhalten. Aber auch dieser Preis erscheint dem Dichter viel zu hoch: -Bedenken Sie, daß bei IS Bänden 5 5 Frcs. der Preis des ganzen Werkes 75 Frcs. betragen würde, bei 6 Frcs. sogar 90 Frcs.l Dieses eine Buch von mir würde mehr kosten als alle meine übrigen Werke zusammengenommen. Sie müssen selbst zugeben, daß das unmöglich ist.» Als Ersatz für den Ausfall verspricht der Dichter seinem Verleger mit ziemlicher Sicherheit, statt der bei Abschluß des Vertrages vorgesehenen vier Teile fünf solche zu liefern, unter der Voraussetzung, daß die Ein teilung in zwei Bände beibehalten werde und der Preis 5 Frcs. pro Band nicht übersteigen dürfe. Auch diese Preise fordern zu Vergleichen mit heurigen Verhältnissen heraus: Wer würde heute noch einen Roman in 15 Bänden kaufen, der 90 oder auch nur 75 Frcs. kosten soll, wer würde ihn überhaupt nur lesen? Und welcher Verleger würde vor allem ein Honorar von 300 000 Frcs. dafür bezahlen? Um bei der von ihm gewünschten dreibändigen Einteilung zu bleiben und doch zu verhindern, daß die Bände zu schmal würden, hatte Lacroix schon ein recht starkes Papier dafür bestellt. Dieses wurde nun, als Lacroix sich auf Zureden des Dichters entschloß, von seinem Vorhaben abzusehen, zunächst unnütz, erhöhte aber die ohnehin schon sehr bedeutenden Spesen, die aus dem Buche lagen. Dieser Ausfall konnte nur wieder wettgemacht werden durch den eben erwähnten fünften und natürlich honorarfreien Teil des Romans, den der Dichter auch wirklich lieferte, so daß das ganze Werk in seiner endlichen Gestalt 10 Bände hatte. Aber es zeigte sich eine neue Schwierigkeit; Victor Hugo stand damals auf der Höhe seines Ruhms; die Kunde von dem neuen, in Vorbereitung befindlichen Roman, von dem man viel erwartete, war in die Öffentlichkeit gedrungen, und so waren die Nachdrucker eifrig an der Arbeit. Es kam so weit, daß Versuche gemacht wurden, die Setzer in der Druckerei zu bestechen, um die Korrekturbogen zu erhalten. Die Haupt sache war nun, das Werk so schnell sertigzustellen, daß die Nachdrucke! es wenigstens nicht früher bringen konnten, als der Verleger selbst. Victor Hugo ließ es an nichts fehlen und Hot in dieser Zeit wirklich das Menschenmögliche an Arbeit geleistet, aber eigensinnig wie er war, wollte er durchaus alle Korrekturen selber lesen. Umsonst wandte Lacroix ein, daß er sich wenigstens die zweite und dritte Korrektur ersparen könnte und dadurch Zeit gewinnen würde, das Manuskript selbst schneller sertigzustellen. -Noch nie», schreibt Victor Hugo, »ist eine Zeile von mir gedruckt worden, ohne daß ich selbst das Imprimatur dafür erteilt hätte, und nie wird eine solche gedruckt werden.« Da er viel auf die Interpunktion gab, so war er imstande, sich die Korrektur bogen noch ein drittes Mal schicken zu lassen, wenn in der zweiten irgend ein Komma nicht an seinem Platze stand.
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