1352 Börsenblatt s. d. Dlschn. Buchhandel. Fertige Bücher. 40, 16. Februar 1923. Oie große politische Satire Fertig liegt vor: Fairfax A Eine Erzählung von Carl Sternheim Llmschlagzeichnung von Frans Masereel Es ist nicht übertrieben, wenn man behauptet, daß es ein solches Format von Satire seit Heinrich Heine in Deutschland nicht gegeben hat. (Vorwärts.) Das verpfuschte Europa hat hier seinen verwegensten Grabredner gesunden. Es scheint statthaft, diesen Stern heim mit dem revolutionären Humor Voltaires in einem Atem zu nennen. Wer aber in Deutschland hat Ohren für den grandios übertreibenden, deshalb enthüllenden Humor dieser Fabel? (Stefan Großmann.) Man verbreite dieses Buch in Massenauflagen! (Der Zwiebelfisch.) Earl Sternheim schuf in der Figur des Europa be reisenden, Eindrücke sammelnden Amerikaners Fairfax einen modernen Eandide. Held Jimmy Fairsax, Milliardär der fünften Avenue zu Newyork, erhebt sich in diesem Buch zum Typ -es neu zeitlichen Kleptokraten schlechthin. Fairfax leidet unicr der Welt nach dem Krieg, in der er nicht mehr im alten Umfang Exzelsior-Etahlgranalen absehen kann. Seine Langeweile zu bannen und zugleich seiner Pro dukte Segensstätte zu besichtigen, reist er mit Töchlerchen Daisy schnell nach Europa: nach England, das von deutscher Kultur fasziniert ist, und Belgien kaum berührend, nach Frankreich, das überhaupt nur vom Haß gegen Deutschland lebt (dessen Ehre in LongchampS auf der Rennbahn solch feuchte Flecken durch das ungebührliche Betragen einer Stute erhält). Fairfax beschließt, den chauvinistischen Betrieb hier noch, wenn cs geht, zu vergrößern und ihm auch in Deutsch land zum gleichen Schwung zu verhelfen. Ändert aber seinen Entschluß, als er der enormen Konsumfähigkeil Deutschlands inne geworden ist, von der er glaubt, wenn alle Völker sie übernähmen, entstünde ein derart gefräßiger Friedens verbrauch, daß selbst die Konsummöglichkeiten des Weltkrieges durch ihn übertroffen würden. Kommt hinzu, daß die Sache Echleyn-Weyn-Reitzenstein ihm Sympathien für Deutschland erschließt: Der Erbgraf möchte Daisy heiraten, wenn der Alte dafür, glückseliges Märchen! dieGesamlkriegSschuldenaufsein-Echultern nimmt. Es tut weh, wenn man dies Traumschiff scheitern sieht, aber die Begriffe des Erbgrafen Scklcyn-Weyn-Reihenstein schlucken es nicht, offizieller Nachfolger eines nichts weniger als offiziellen Siouxtnöianers zu sein. Daisy erlebt die letzte Glücksmöglichkeit, statt an seiner Seite, in den Armen „Iwan TurtclbaumS", der als rus sischer Agitator in Berlin einen putsch inszeniert hat. Eie folgt ihm ins Sowjeiland, und auch ihr ssankee-Väterchen zimmert dieserhalb seinen plan. Die Erzählung ist vor ihrer Veröffentlichung in Buchform in der Wochenschrift „Das Tagebuch" abgedruckt worden, wohin schon ihre hohe politische Aktualität weist. Fassen wir die ins Auge, so fällt auf, daß Elernheim in diesem Buch zum erstenmal dem Gallierlum dis kalte Schulter zeigt und satirisch neutral bleibt, d. h. an jede Nation köstlich freche Klapse austeilt, nicht mehr an Sie heimatliche allein — was symptomatisch oder zukunftweisend gedeutet werden könnte, wenn nicht der unergründliche Ironiker, im Augen blick, wo es gesprochen wäre, dem mit Lust zuvorkommen würde. (Königsberger Hartungsche Zeitung.) Dieses neue, unerhört amüsante Werk von Earl Sternheim ging aus dem Verlage von Ernst Rowohlt an mich über. Ich habe das Buch mit einer wirkungsvolle» Llmschlag zeichnung versehen und bringe es heule wieder in Sen Handel. Kart. 3.—. Einzeln m. 35"/,, L1/LO m. Schlüsselzahl d.B.-V. paulSteegemann/Aerlag/Hannover Gegen das Tollhaus Europa