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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1909
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. ^ 111. 15. Mai 1909. Meine sehr verehrten Herren! Es ist eine bekannte Er scheinung, daß die wilden Tiere vor der Fütterung am lautesten brüllen. (Heiterkeit.) Glauben Sie ja nicht, meine Herren, daß ich Ort und Zeit verwechsle und mich bereits im Zoologischen Garten wähne; da gehen wir erst morgen hin. Wenn ich aber diese bekannte Erscheinung in das Menschliche übersetze, so finde ich, daß die Darwinsche Abstammungstheorie sich auch in diesem Punkte glänzend bewährt. Welches Kampfgetöse erschallte in den letzten Tagen bis noch vor wenigen Stunden! Hie Sortiment, hie Verlag! Rufe ertönten wie: Lohntarif! Preistarif! Ausdrücke, die man im Buchbandel sonst noch niemals gehört hatte: Ver kaufsordnung! Verkehrsordnung! Auch das zum Teil etwas ganz Neues. Sortiment und Verlag fahren sich in die Haare. Bald war der Verlag oben, bald war das Sortiment unten. Es war ein grausames Schauspiel. (Heiterkeit.) Und nun, meine sehr verehrten Herren, welch veränderter Anblick! Friedlich an festlich geschmückten Tafeln sitzt der größte Verleger neben dem kleinsten Sortimenter; (Heiterkeit.) dazwischen die Herren Kommissionäre, die Grossisten, die Bar sortimenter, die Antiquare, die Musikalienhändler, vielleicht auch einige Auch-Buchhändler. (Heiterkeit.) Alle trinken einander freundlich lächelnd zu und jeder sagt von sich selber: Ach Gott, wie bist du brav! (Heiterkeit.) Das ist die Macht des guten Mahles und des Kantateweines, der wie Ol sich auf die Wogen der erregten Gemüter ergießt. So gleicht denn der Buchhandel wieder einmal einer einzigen großen, weitverzweigten Familie. In jeder Familie, meine Herren, kommen wohl auch hie und da einmal Zwistigkeiten vor, ganz besonders dann, wenn es sich um das Mein oder Dein handelt. Auch in jeder Familie gibt es Ranges- und Standes- Jnteressen und Vermögensunterschiede. Aber auch in jeder Familie gibt es wohl auch einmal einen Tag, an dem sich alle ihre Glieder festlich zusammenfinden, sei es nun ein Geburtstag, sei es ein allgemeiner Familientag. Da drückt der reiche Onkel aus der Stadt dem armen Vetter vom Lande die biedere Rechte, (Heiterkeit.) und alle Sorgen, alle trennenden Momente werden wenigstens für Stunden vergessen. Dieser große Familientag, der jedes Jahr wiederkehrt, ist für die große Familie des Buchhandels unser Kantatefestmahl. In jeder Familie besteht nun wohl die löbliche Sitte, daß man bei solchen Familienfesten auch die treuen Freunde des Hauses bei sich sieht. Auch im Buchhandel Pflegen wir diese Sitte. Auch wir rechnen es uns zur Freude und zur Ehre, daß in jedem Jahre liebe und treue Freunde und Gönner des Buchhandels unter uns weilen. So auch in diesem Jahre. Wenn ich nun die lange Tafel der heute besonders zahlreich erschienenen Gäste betrachte, so vermisse ich zu meinem schmerz lichsten Bedauern eine Gestalt. Es fehlt uns ein Mann, der sonst seit einer Reihe von Jahren stets unter uns zu weilen pflegte. Noch im vorigen Jahre stand an dieser Stelle Herr Oberbürgermeister vr. Tröndlin und richtete an uns eine seiner von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Ansprachen. Wer hätte damals gedacht, daß schon wenige Tage darauf ein unerbittliches Schicksal ihn aus voller Lebenskraft und Lebens freude dahinraffen würde! Ich fühle mich versuchtet, auch von dieser Stelle aus dieses Mannes zu gedenken, an dem ver deutsche Buchhandel und der Leipziger Buchhandel im beson- deren einen treuen Freund und Berater verloren hat. Wir werden ihm gewiß allezeit ein ehrendes Andenken bewahren. Um so mehr freut es mich, an seiner Stelle Herrn Ober bürgermeister vl-. Dittrich begrüßen zu können, der uns seit langen Jahren kein Fremder mehr ist, der, so oft er konnte, auch bei uns schon erschienen ist, und von dem wir wissen, daß er nicht minder ein treuer Freund des deutschen Buch handels ist. Dasselbe gilt wohl von Herrn Bürgermeister Roth, der heute zum ersten Male unter uns weilt. Ich möchte diese beiden Herren deswegen ganz besonders herzlich begrüßen, nicht minder aber auch die anderen Gäste, die uns heute durch ihre Anwesenheit erfreuen. Mögen die Stunden, die Sie unter uns verweilen, Ihnen in angenehmer Erinnerung bleiben und Sie veranlassen, auch in den nächsten Jahren sich wieder bei uns einzufinden! Sie aber, meine Herren, bitte ich, Ihre Gläser zu ergreifen und mit mir auszurufen: Unsere sehr verehrten Gäste, sie leben hoch! — hoch! — und zum dritten Male hoch! (Die Versammlung stimmt jubelnd in die Hochrufe ein.) Herr Oberbürgermeister vr. Dittrich (Leipzig): Meine hochverehrten Herren! Wie wir eben gehört haben, ist der deutsche Buchhandel heute zu einem Familienfeste hier vereint, und er hat die Güte gehabt, darauf Gewicht zu legen, daß an dieser seiner Festesfreude, an diesem fröhlichen Bei sammensein der Familienglieder auch Gäste teilnehmen. Im Namen der Ehrengäste darf ich Ihnen für den Vorzug, daß Sie uns die Möglichkeit geben, in Ihrem Kreise uns heimisch zu fühlen, wie nicht minder für die liebenswürdigen Worte der Begrüßung den herzlichsten Tank aussprechen. Meine verehrten Herren, die Größe der Ehrentafel spricht mehr als Worte vermögen. Sie wollen daraus ersehen, wie gern alle, die Sie zu sich rufen, zu Ihnen kommen. Und mit diesem Danke, den ich namens der Ehrengäste die Ehre habe Ihnen auszusprechen, darf ich auch verbinden — wie wir das hier gewöhnt sind — einen herzlichen Willkommensgruh seitens des Rates der Stadt Leipzig. Der Rat der Stadt Leipzig und die deutschen Buchhändler — ich durfte es gestern schon bei einer andern Gelegenheit aussprechen — stehen in so engen Beziehungen zu einander, daß sie gegenseitig an ihrem Wohl und Wehe — möchte ich sagen —, an aller Freude und an allem Leide teilnehmen, und ich bin besonders dankbar, daß mein verehrter Herr Vorredner in so tiefempfundenen Worten meines hochverehrten, teuren Vorgängers gedacht hat. Jedem bezeugen, daß er treue Liebe und hohe Begeisterung für den deutschen Buchhandel in der Seele trug. Und diese seine Auf- fassung — das darf ich Ihnen heute hier versichern, da ich das erste Mal die Ehre habe, als Oberbürgermeister der Stadt Leipzig in Ihrer Mitte zu weilen — diese seine Auffassung ist in jeder Richung die meine. Während meiner Amtsführung wird es stets zu einer meiner vornehmsten Pflichten gehören, die Beziehungen, welche uns mit dem deutschen Buchhandel verbinden, zu erhalten, zu Pflegen und wenn möglich zu ver tiefen. (Lebhaftes Bravo.) Ich habe zu meiner Freude vorhin aussprechen hören, daß ich Ihnen kein Fremder bin. Ich erinnere mich noch lebhaft Buchgewerbehaus seinen Zwecken übergeben wurde. Damals durfte ich im Namen des Rates in Vertretung meines Heim gegangenen Vorgängers den Gruß der Stadt Leipzig über bringen, und tags darauf hatte ich das erste Mal hier die Ehre, im Namen des Rates die Kantatefestversammlung begrüßen zu können. Ich habe damals ausgesprochen, daß ich von großer Verehrung und Hochschätzung für den deutschen Buchhandel er füllt sei, und ich kann heute versichern, daß je länger je mehr sich in mir diese Überzeugung vertieft hat. Ich rechne es mir zu einer der schönsten Erfahrungen, die ich in diesen neun Jahren in Leipzig gemacht habe, daß ich mit einer großen Anzahl vor trefflicher Männer des deutschen Buchhandels zusammengeführt worden bin, und ich bin stolz auf diese engen Beziehungen, von denen ich hoffe, daß sie auch in Zukunft mir erhalten bleiben werden. Der deutsche Buchhandel hat ja, wie wir es heute auch schon zum Ausdruck gebracht sahen, eine ganz be sondere geschlossene Organisation, eine Organisation, die ihn weit heraushebt aus allen sonstigen kaufmännischen Unter nehmungen, die aber auch ihm besondere Pflichten auferlegt, Pflichten vor allen Dingen nach der Richtung, daß er nie ver glichen werden kann mit den Trusts oder den Syndikaten. Nun, der Börsenverein der Deutschen Buchhändler hat es stets für seine Aufgabe gehalten, diese große Waffe, die ihm in dieser seiner geschlossenen Organisation gegeben ist, in maßvoller
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