102, 5. Mai 1909 Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5449 Verlag für Litteratur und Kunst Albert Langen München Als Novitäten gelangen dieser Tage zur Ausgabe: Sven Lange iS Der Baum der Erkenntnis Novelle Amschlagzeichnung von Heinrich Kley Geheftet: M. 2.—, M. l.50 netto, M. l.35 bar. Gebunden M. 3.—, M. 2.10 bar. Sven Lange, als der Dichter der „Stillen Stuben" und mehrerer anderer Bühnenwerke in Deutschland vorteilhaft bekannt, schenkt uns nach langer Pause wieder ein novellistisches Werk „Der Baum der Erkenntnis". Es ist die Geschichte einer kinderlosen Ehe Frau Ingeborgs sehnlichster Wunsch nach einem Kinde, das ihrem Leben und ihrer Ehe einen Inhalt geben soll, bleibt unerfüllt. Sie nimmt ihres Mannes Vorschlag an, ein fremdes Kind ins Laus zu nehme». Das Kind kommt; sie beginnt sich in diesem Kinde ein kleines bescheidenes Glück aufzubauen, da verrät ihr ei» Zufall, daß ihr Mann der Vater dieses Kindes ist. Das schlägt sie zu Boden, sic will ihr Leben von sich werfen. Doch sie kämpft sich zu einer stillen Resignation durch, die sie lehrt, auch das ärmste Glück anzunehmcn und darauf ihr Leben zu gründen. Das Schicksal dieser Frauenseelc zeichnete uns Sven Lange mit feinen, zarten Farben: zur Sommerszeit in einem Landhause am Meere läßt er die stille Frau ihren bitteren Seelenkampf kämpfe» und die Schönheit des Meeres und des sommerlichen Gartens leuchtet hell und fein in die Schicksalsstunden dieser Frauenseele. Knut Hamsun Erzählung eines Wanderers Amschlagzeichnung von O. Gulbransson Geheftet: M. 3.— ord., M. 2.25 netto, M. 2.— bar. Gebunden: M. 4.50 ord., M. 3.— bar. In Äalbftanz gebunden: M. 6.— ord,, M. 4— bar. Diese Erzählung eines Wanderers gehört wohl zu Lamsuns feinsten, tiefsten, mit dem Lauche der großen Natur und der großen Liebe am reichsten gesättigten Büchern. Es sind lose aneinander gereihte Bilder aus dem Vaga bunden- und GelegenheitSarbeiter-Leben, gezeichnet mit dem starken Lumor eines Rudolf Wilke. Zusammengehalten wird das Ganze durch die höchst originelle, lebendige Gestalt des Erzählers, dieses starken und naiven Instinktmenschen, und durch die alles beherrschende Stimmung des Lerbstes Lebensherbstes und Iahresherbstes. Erquickend weht uns diese herbe und reine Luft aus den Kapiteln des Buches entgegen. Lier kann man sich wieder einmal bei der Natur erholen von den ergrübelten, quälenden Problemen der modernen Nervenlunst, die so oft nach der „Studier lampe" riecht. „Unter Lerbstfternen" ist das Werk eines echten Sohnes der nordischen Natur, eines ursprünglichen, gesunden und großen Dichters. München, Mitte Mai 1909