64. 19. März 1909. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. DtsHn. Buchhandel. 3409 Verlag von Egon Fleischel 6c Co., Berlin W. (A Wir versandten Rundschreiben über Der Roman eines Lebens von Mit Illustrationen Geheftet M. 5—; gebunden M. 6.50 :: Luxus-Einband M, 10.— Linker den mehr oder minder großen Franzosen, deren Gebeine im französischen Nationalheiligtum, dem Pantheon, ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, steht keiner dem modernen Empfinden, keiner insbesondere dem deutschen Interesse so nahe wie Benjamin Constant (1767—I8Z0), der an deutschen Hochschulen studierte, jahrelang am Braunschweigischen Hofe gelebt hat, zweimal mit deutschen Aristokratinnen verheiratet, durch seine zweite Frau ein Vetter des großen preußischen Staatskanzlers Fürst Hardenberg, mit zahlreichen deutschen Geistesgrößen (Goethe, Schiller, Wieland, den Schlegels, den Humboldts usw.) bekannt, der erste französische Llbersersetzer von Schillers „Wallenstein" und lebenslang ein ebenso großer Verehrer wie Kenner des deutschen Wissens und Wesens war. Trotz der, namentlich in den letzten zwanzig Jahren stark angewachsencn Constant-Literatur — wir erinnern an dis Publikation seines einzigartigen „journal intime", seiner denkwürdigen Liebesbriefe an Madame Recamier, seiner anderen Briefwechsel, sowie zahlreichen Monographien und Einzel studien von Paul Bourget, Anatole France, Emile Faguet u. a. — existiert bis heute noch keine einzige Biographie dieser geistig so bedeutenden, wie in ihrer ganz modernen seelischen Zerrissenheit und in ihren Lebensschicksalen so merkwürdigen und anziehenden Persönlichkeit; auch in Frankreich selbst nicht, wo man erst in den letzten Wochen mit einer umfassenderen Darstellung von Constants JUnglingsjahren einen Teil der biographischen Ehrenschuld abzutrazen begonnen hat, die die französische Geschichts- und Literaturwissenschaft bisher uneingelöst ließ. Das vorliegende Werk gibt in belebter ,formschöner Darstellung, ohne Kleinkrämerei und er müdende Breite, aber mit gewissenhafter Verwertung aller erreichbaren Quellen ein fein abgerundetes Bild von Benjamin Constants psychologisch fesselnder Entwicklung: eben ausführlich genug, um alle Komplikationen und Krisen dieses Lebens — das bekanntlich fast 20 Jahre lang mit dem der Frau von Stael in verhängnisvoller Weise verkettet war — verständlich zu machen, und eben knapp genug, um das Interesse eines deutschen Lesepublikums bis zuletzt festzuhalten. Constant, der Mensch, Constant der Romantiker und Schriftsteller (dessen von Ettlinger bereits vor >2 Jahren deutsch her ausgegebener kleiner Roman „Adolphe" von Generation zu Generation mehr Verehrer gefunden hat), Constant der Politiker und Vater des französischen Liberalismus, den die Nation mit königlichen Ehren bestattete — aus all diesen Lebenskreisen seht sich hier ein durchaus eigenartiges Seelen- und Charaktergemälde zusammen. Wir bitten, das Buch besonders Interessenten für biographische Memoiren- und Briefwechsel- Literatur sowie den Abonnenten des Literarischen Echos vorzulegen resp. zu empfehlen. 445