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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1908
- Sprache
- Deutsch
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41 60 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 85, 11. April 1908. Aber auch nicht gewisse Eigenheiten, die man auch Sonder barkeiten nennen könnte. Die stete Beschäftigung mit der Vergangenheit läßt manchen Antiquar vergessen, daß er in der Gegenwart lebt. So bilden sich die Originale, die allerdings in unserer alles nivellierenden Zeit aussterben. Besonders bei den Spezialisten finden sich noch heute solche; die Spezialität färbt ab. Der von mir schon zitierte Max Weg schildert dies in drolliger Weise mit folgenden Worten: »Oft beeinflußt der Zufall oder der Wohnort und die damit verknüpfte Kaufgelegenheit, öfter jedoch Charakter, Neigung und Bildungsgang die Wahl der Spezialität. Es ist drollig zu sehen, wie sehr andauernde Beschäftigung mit einem einzigen Gegenstände den Menschen im allgemeinen und den Antiquar im besonderen oft beeinflußt. So besitzt der naturwissenschaftliche Spezialist gewöhnlich eine Natu raliensammlung, in seinen Mußestunden spießt er Schmetter linge, wenn er nicht Blumen preßt oder Steine sammelt. Der juristische Spezialist ist gewöhnlich ein Stückchen Rechts anwalt, während der philologische stark in klassischem Alter tum macht, mit Vorliebe lateinische Sentenzen im Munde führt und auch manchesmal lateinische Katalogvorreden schreibt, in welchen dem Leser die höchst schmeichelhafte An rede .Oootissiws vir!' zu teil wird.« Zum Schluß seien noch die Namen einiger Männer an geführt, die im Antiquariat zu den Großen ihres Standes gehören. Da ist vor allen zu nennen die Familie Weigel, die dem Antiquariat eine Anzahl hervorragender Männer geschenkt hat; ferner die Familie Butsch, wo Vater und Sohn in gleich ausgezeichneter Weise in unserem Berufe tätig ge wesen sind. Der ältere Butsch war ursprünglich Schau spieler; dies soll ihm bei seiner Erwerbung von Büchern sehr vorteilhaft gewesen sein. Durch seine Schelmenliedeln, die er in Klöstern bei gutem Wein den Mönchen vorsang, soll es ihm häufig gelungen sein, manch wertvolles Werk von ihnen käuflich zu erwerben. Der Sohn setzte das Ge schäft des Vaters fort, wenn er auch nicht sang, und beide haben eine große Anzahl wertvoller Werke dem Markte zu zuführen verstanden. Das Butschsche Geschäft ging an Arnold Kuczynsky über, der aber trotz Fleiß und großen Wissens es nicht vermocht hat, das Geschäft auf seiner Höhe zu erhalten. Nicht vergessen sei vr. Albrecht Kirchhofs, der Historiker des Buchhandels, sowie der alte Ulm, der Begründer von K. F. Koehlers Antiquarium in Leipzig. Erwähnt sei auch das Haus Joseph Baer L Co., das schon in mehreren Generationen eine leitende Stellung im deutschen Antiquariat einnimmt. ES sei auch Albert Cohns gedacht, des trefflichen Bibliographen, Goethe-Kenners und Shakespeare- Forschers, der am 24. August 1905 als Achtundsiebzig- jähriger gestorben ist und der eine handschriftliche, leider nicht ganz vollendete Shakespeare-Bibliographie hinterlassen hat, die hoffentlich von befreundeter Hand vollendet und als ein Denkmal deutschen Fleißes und deutscher Tatkraft ver öffentlicht werden wird. In dem Hilfsbuch für den Berliner- Buchhandel 1907 habe ich eine kurze Charakteristik dieses Mannes, der mir als mein Lehrchef ganz besonders nahe stand, veröffentlicht; ein wohlgetroffenes Porträt des Ver storbenen ist ihr beigefügt. Noch zweier Männer will ich gedenken, die den Ruhm des deutschen Antiquariats in das Ausland getragen haben. Es ist dies Edwin Troß und Bernard Quaritch, Edwin Troß hat in Paris ein Geschäft gegründet, Bernard Quaritch in London. Namentlich letzterer hat es verstanden, durch Findigkeit und Wagemut ein Lager von Seltenheiten ersten Ranges zusammenzubringen, das kaum seinesgleichen hat. Auf jeder größeren Bücherauktion war er der hervor ragendste Käufer; bei der Versteigerung der Didot-Bibliothek in Paris kaufte er für zweimalhundertfünfzigtausend Mark, auf der der Blenheim-Bibliothek für sechsmalhunderttausend. Bei derartigen Käufen liegt es sehr nahe, daß er sehr häufig mehr seiner Liebe zu Büchern, dem Bestreben ein wertvolles Buch seinem Lager einzuoerleiben, gefolgt ist, als nüch terner geschäftlicher Berechnung. Das große Risiko, das man bei derartigen hohen Summen eingehen muß, die Zinsverluste, die unvermeidlich sind und die gleich große Beträge ausmachen, lassen die Worte Quaritchs in der Vor rede zu seinem letzten großen achtbändigen Katalog: »Ich habe mein Geld sehr schlecht verzinst als berechtigt er scheinen. So trägt Quaritch den Namen »Napoleon der Antiquare« nicht mit Unrecht, und die stolzen Worte, die er an seinen Prinzipal Henry G. Bahn, als er sich selbständig machte, richtete: »Nr. öolw, ^on »r« tbs Lrst boolcesller in livgls-nck, but I inean to be tbs ürst doolcssllsr in Unrops«, hat er wahr gemacht. Ich habe hier nur einige wenige Namen herausgegriffen und zwar nur solche, die dem vergangenen Jahrhundert an gehören und deren Begründer nicht mehr unter uns weilen. In den letzten etwa 50 Jahren sind eine große Anzahl Antiquariate gegründet worden, von denen viele eine große Bedeutung sich errungen haben. Sie alle einzeln auf zuführen, würde kaum angehen. Ich will deshalb nur einzelne Typen anführen. Da ist vor allen Dingen die Familie Rosenthal in München zu nennen, von der be sonders Ludwig Rosenthal und Jacques Rosenthal durch die Größe ihres Lagers und die Kostbarkeit der von ihnen an gebotenen Seltenheiten auffallen. In Leipzig sind die Firmen Otto Harrassowitz, Karl W. Hiersemann, Bernhard Liebisch zu nennen. Ferner C. G. Boerner, der namentlich durch die bedeutenden Bücherauklionen, die er veranstaltet hat, hervorragt. Von Berlinern erwähne ich Leo Liepmanns- sohn, Paul Lehmann, Max Perl, Martin Breslauer; einige jüngere Firmen fangen an ebenfalls eine Bedeutung zu bekommen. An Spezialgeschäften ist kein Mangel. Für Naturwissen schaften und Mathematik sind R. Friedländer L Sohn und W. Junk in Berlin, für Philologie Simmel L Co. in Leipzig, Mayer L Müller in Berlin, für Rechts- und Staats wissenschaften I. Schweitzer Sortiment und Süddeutsches Antiquariat in München, R. L. Prager in Berlin, für Medizin Martin Boas zu nennen. Ich habe auch hier nur einzelne Namen herausge- grisfen, und keiner mag mir Übel nehmen, wenn ich ihn zu nennen Übersehen habe, absichtlich ist es sicherlich nicht geschehen. Ich habe Ihre Zeit und Ihre Geduld bereits über mäßig in Anspruch genommen und will deshalb jetzt schließen. Bei der Fülle des Stoffs konnte ich nur Einzelnes geben und mußte namentlich darauf verzichten, - näher auf das einzugehen, was dem Antiquar so nahe liegt und so wichtig ist, nämlich Bibliographie und Bibliophilie. Auch von den Kunden des Antiquars, den Bücherkäufern und Bibliophilen wäre noch manches zu erzählen. Sollte dieser Vortrag einigen Beifall gefunden haben, so ist es mir vielleicht möglich, das Versäumte im nächsten Jahre in einem weiteren Vortrage nachzuholen. Um den Hörern eine Idee zu geben von den Früh drucken, um ihnen ferner den Unterschied zwischen der früheren, einfachen Art der Herstellung der Kataloge und der jetzigen klarzumachen, habe ich einige Proben mitgebracht, die ich hier zur Besichtigung ausgelegt habe und die ich bitte ansehen zu wollen.
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