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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.04.1908
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- Erscheinungsdatum
- 10.04.1908
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- Deutsch
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4138 BöqenbllM s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 84, 10. April 1908. nicht anders, er ist Geschäftsmann, er kann nicht immer; singen: »Ach das Gold ist nur Chimäre«. Der Antiquar muß Liebhaber sein! Daß er es ist, zeigt sich auf Auktionen am deutlichsten. Da kämpfen zwei Antiquare um den Besitz eines lange gesuchten Schatzes. Heftig wogt der Kampf; der eine scheint zu ermatten, ein Dritter greift ein; dies erhöht wieder den Eifer des ersten, die drei überbieten sich, bis endlich dem einen — denn alles muß einmal ein Ende haben — der Schatz zufällt. Nicht immer macht der, der den Schatz erbeutete, das beste Geschäft; aber er hat gesiegt, und wenn er auch mit Wunden bedeckt das Schlachtfeld verläßt, so läßt doch das Bewußt sein des Sieges sein Herz höher schlagen. Er ist eben Lieb haber, und das Bewußtsein eines Liebhabers, einen Schatz wenn auch nur auf Zeit zu besitzen, läßt den Geschäftsmann nicht zu Worte kommen. Eine hübsche Illustration hierzu bot eine Pariser Auktion im Laufe der sechziger Jahre des vorigen Jahr hunderts. Ein kostbares Manuskript, das Bedeutung für die Geschichte Frankreichs hatte, war das Kampfobjekt zwischen Albert Cohn und dem greisen Ambroise Firmin- Didot. Der Kampf wogte lange unentschieden hin und her, endlich sagte der alte Ambroise Firmin-Didot: »k§on, o'sst trox!« Der Hammer fiel: Albert Cohn hatte das Manuskript erstanden. Aber dem alten Sammler ließ es keine Ruhe, daß dieses französische Dokument aus Frankreich gehen sollte. Nach der Auktion nahm er Albert Cohn beiseite. »Non üls« sagte er — so nannte er jeden, der jünger war als er, und das waren die meisten —, »Sie müssen mir das Manuskript lassen!« Und Ambroise Firmin-Didot wurde noch nach träglich Eigentümer des Manuskripts. Schnelle Entschlossenheit, ein Wagemut, das Ergreifen der Gelegenheit sind für den Antiquar eine wesentliche Eigen schaft. Langsames Abwägen, tagelanges Überlegen darf nicht seine Sache sein. Dem Mutigen gehört die Welt. Der Antiquar ist Spekulant, und gerade die Geschäfte, die der allzu Vorsichtige zu machen zögert, sind häufig die ge winnbringendsten. Auf Auktionen entscheidet der Moment; greifst du nicht zu, ist der Hammer schon gefallen. Aber auch bei freihändigen Ankäufen muß der Vorsichtige, der sich noch einen Tag ausbittet, es sich gefallen lassen, daß ihm ein »Zu spät, du rettest den Freund nicht mehr!« zu- zugerufen wird. Freilich gehört zu dem Wagemut auch ein gediegenes Wissen. Nicht blind hineintappen soll der Antiquar, sein Mut muß eine gesicherte Grundlage haben. Diese erwirbt der Antiquar neben der praktischen Erfahrung — die freilich immer das Wichtigste bleibt — durch das Studium der biblio graphischen Werke. Bibliographie ist die Beschreibung, die Verzeichnung der Bücher. Bibliographien gibt es wohl über jede nur denkbare menschliche Betätigung, wie ja über jede solche Bücher geschrieben worden sind. I. Pctzholdt hat in seiner Libliotbss» bibliogrsplnsL, Leipzig 1866, und L. Vallse in seiner Liblioxraplns äss LibIioAr»pbi68, 2 Bände, Paris 1883—87, eine Zusammenstellung der bibliographischen Lite ratur gegeben, in der sich der jüngere Antiquar leicht Rats erholen kann, wenn er einer bestimmten Bibliographie bedarf. Mit der Bibliographie hängt eng zusammen die Kenntnis der bibliographischen Systeme. Auch zur Bearbeitung der Kataloge bedarf es eines bibliographischen Systems. Dem jenigen, der diese kennen gelernt hat, wird die Arbeit der Zusammenstellung eines Katalogs leichter werden, als dem, der ohne diese Kenntnis darangeht. Freilich wird dem jüngeren Antiquar die Auswahl manchmal schwer werden, und es wird ihm gehen wie dem Schüler im Faust: »mir wird von alledem so dumm, als ging' mir ein Mühl rad im Kopf herum«. Es gibt nämlich mehr als hundert Systeme, die im Laufe der Jahrhunderte ausgeheckt worden sind. Das erste System ist von Conrad Gesner bearbeitet worden und liegt seiner in den Jahren 1545—49 er schienenen »llibliogrLplnL univsrsalis sivo eMalogus oinnnim seriptornm loenxlstissinnrsr zugrunde. In Frankreich steht das Bruneische System, das er in seinem berühmten »Nannsl äu lilnairs st äs 1'LinLtsur äu livrs« durchgeführt hat, in hohem Ansehen. Als eins der wissenschaftlich durch- gearbeitetsten Systeme ist das Schleiermachersche zu nennen, das im Jahre 1852 unter dem Titel: »Bibliographisches System der gesamten Wissenschaftskunde« erschienen ist. Es würde zu weit führen, wenn ich auf die einzelnen Systeme hier eingehen würde. Ich will aber noch ein System ansühren, das in den letzten 25 Jahren sehr empfohlen und namentlich im Auslande vielfach im Ge brauch ist. Es ist das System des Amerikaners Melwil Dewey, das durch seine scheinbare Einfachheit zu bestechen geeignet ist. Dewey teilt die gesamte Literatur in zehn Hauptgruppen, die er mit den Ziffern 0 — 9 bezeichnet. 0 bedeutet Allgemeines, l. Philosophie, 2. Religion, 3. Sozio logie, 4. Philologie, 5. Exakte Wissenschaften, 6. Nützliche Künste, 7. Schöne Künste, 8. Literatur, 9. Geschichte und Geographie. Jede Abteilung kann wieder in Unterabteilungen, diese wieder in solche zerlegt werden, so daß die weitgehendste Spezialisierung ermöglicht wird. Freilich erfordern die dadurch entstehenden großen Zahlen zu ihrer Beherrschung eine erhebliche Übung Dies ist wohl auch der Grund, daß dieses System außerhalb Amerikas sich nicht hat durchsetzen können, obwohl es das einzige universelle System ist, das sich für die Ordnung großer und kleiner Büchersammlungen, für allgemeine und Spezial-Bibliographien gleichmäßig eignet. Für den Buchhändler und Antiquar dürfte das System der Hinrichsschen Kataloge, auf den bestimmten Fall sinn gemäß angewendet, das empfehlenswerteste sein. Für die Verzeichnung der Bücher tut man gut, die für die preußischen Bibliotheken maßgebenden Bestimmungen der »Instruktion für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken« vom Jahre 1899 zu vergleichen. Was die Rechtslage betrifft, so steht der Antiquar in dieser Beziehung dem Buchhändler vollkommen gleich. Durch die Einführung der Gewerbefreiheit sind alle Schranken ge fallen. die früher dem Antiquar den Handel mit neuen Büchern untersagten. Früher war dies anders: Neue Bücher durfte nur der Buchhändler, der eine Konzession erworben hatte, verkaufen. Um diese Konzession in Preußen zu erlangen, mußte er eine Prüfung ablegen. Auch der Verlagsbuchhändler mußte eine solche Prüfung ablegen, ehe er die Erlaubnis zur Begründung eines eigenen oder zur Führung eines fremden Geschäfts bekam. Der Antiquar war einer solchen Prüfung nicht unterworfen, durfte aber auch neue Bücher nicht führen. Diese Prüfung war eine rein preßpolizeiliche Maßregel; das Bestehen der Prüfung sollte die Behörde über die Zuverlässigkeit des Be werbers und namentlich über seine Kenntnis des Preß- gesetzes beruhigen. Da der Antiquar keine neuen Bücher führen, auch keine verlegen durfte, war er von dem Examen befreit. Man erzählt sich die schnurrigsten Dinge von den Ansprüchen, die zuweilen an den Prüfling gestellt wurden. So soll ein sonst äußerst gescheiter und tüchtiger Buchhändler als Prüfungskommissar einem Prüfling die Aufgabe gestellt haben, eine historische Bibliothek zusammenzustellen, die allen Ansprüchen historischer Forschung Genüge leisten sollte. Es wurde ihm dazu die horrende Summe von 6000 Talern zur Verfügung gestellt. Diese Aufgabe sollte er ohne Hilfs mittel nur aus dem Kopfe lösen. Und dazu die bewilligte Summe, die beinahe ganz schon von wenigen der großen historischen Quellenwerke, wie Manst, den Byzantinern, der Migneschen Sammlung aufgezehrt wird! Der staatliche Ver-
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