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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1897
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1897
- Sprache
- Deutsch
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NtchraiiuUclstt Teiü 3587 in den Schulen die Grundlage des Unterrichts bilden, ist eine der wichtigsten Schulfragen. Ich gebe dem Herrn Kultusminister und seinem Herrn Mitarbeiter zu: es ist auch eitle der schwierigsten. Ich werde daher auch nicht ärgerlich sein, wenn der Herr Minister da auch einmal fehlgeht und nicht den richtigen Weg etnschlägt. Wir haben bis jetzt erlebt, daß die Ministerien in wenigen Jahren ihre Meinung völlig änderten. Als ich im März 1892 zum erstenmal die Frage der Ver staatlichung der Volksschulbücher vorbrachte, deutete ich sie ganz zürt dtm Minister, Grafen Zedlitz, an. Ich sagte: Es geht jetzt die eigentümliche Notiz durch die Zeitungen, dätz der Herr Unterrichtsminister die Bolksschullesebücher zu verstaatlichen trachte. Ich möchte dieses Gerücht vorläufig als ein absolut unbegründetes bezeichnen. Da kam ich schön beim damaligen Herrn Kultusminister an! Er ließ sich wie folgt aus: Ja, meine Herren, das ist doch wirklich eine wunderbare Sache. In irgend einer Zeitung — ich weiß nicht, wo es gewesen ist — wird sine Behauptung aufgestellt ohne jedes Fundament, ohne den Schatten einer Berechtigung. Nun geht sofort durch die Presse, durch die öffentliche Diskussion, ja, wie Sie sehen, sogar durch dieses Hohe Haus 8te Be hauptung: der Kultusminister will das Lesebuch verstaatlichen. NUN, ich käntt die Frage ganz einfach damit beantworten: Ein solcher Unsinn ist mir noch niemals in den Sinn ge- kdmmett. Aber, meine Herren, ich gehe noch weiter! Auch meine Vorgänger, auch meine verehrten Herren Mitarbeiter haben niemals einen Gedankt gehegt, der das zum Ausdruck bringen könnte. Der Herr Minister hat dann, als ich eine dahin zu deuietlde Verfügung des ProvinzialschulkollegiumS von Brandenburg vorlas, erklärt: jawohl, bgs ist tichtiA/ wir wollen ein einheitliches Lesebuch ssir die Stadt Berlin haben. Das ist Über aüch älles. Herr Gras Zedlitz, der im übtigen in seiner Rede noch interessante Momente Hervorhob, der uns mitttilte, daß 167 verschiedene Volksschullese bücher damals im Gebrauch waren, datunter auch einzelne solche, die beseitigt werden müssen — und er wäre eben däbet/ diese Arbeit u schaffen —, erkannte übrigens ausdrücklich die guten Vorarbeiten eines Vorgängers, des Kultusministers Falk, an. Er wiederholte bei dieser Gelegenheit noch einmal! -dek freien Thätigkeit aus diesem Gebiete Wölleti wir ist keiner Weise einen Hemmschuh anlcgen.- DaS war 1892. Im August 18st3 yät dtr gegenwärtige Herr Kultusminister bereits ein Reskript erlassen, in oeüt et erklärt, daß «bis thttnlichste Einheitlichkeit der Lesebücher sn einem und dem selben Bezirke anstrebe-. Wir haben eint Motivierung dieses schroffen Wechsels der Anschauungen im Kultusministerium nie mals bekommen. Auch das, was Herr Geheimrat Vater hier vorgestern auSgeführt hat, giebt uns eine Brücke nicht von der einen Anschauung zur anderen. Vielleicht hat die Regierung in Arnsberg den Herrn Minister weiter gedrängt, als er zu gehen be absichtigt, und ich muß sagen: den Schritt der Regierung zu Arns berg können wir absolut nicht billigen. Ich komme nachher auf die Frage des Schulrats als Verfasser noch besonders zurück, aber aüch diese Vereinheitlichung selbst für denselben Bezirk ist un motiviert. Die Regierung in Arnsberg geht noch weiter: sie will nicht bloß das Volksschullesebuch, sondern auch andere Lehrmittel, Zeichenvorlagen u. s. w., monopolisieren. Ich gehe nun sachlich auf die Gründe ein, die der Herr Re- rsierungskomMissar gestern angegeben hat. Der einzige, der einen b'efönderen Wert zu haben scheint, ist die Fürsorge füt den armen Mann und dessen Kinder. Nun, meine Herren, mir war es schon, ohne daß ich die Statistik kannte, sehr bedenklich, daß eine Re gierung, wie die in Arnsberg, -im Interesse der Armen- jetzt plötz lich alle vorhandenen Lesebücher abschafft und die armen Eltern der Kinder zwingt, neue Bücher anzuschaffen, also eine große Aus gabe zu machen. Ich kann indes nicht besser diese Motivierung beseitigen, als mit den Worten eines Schulmannes. Als ich gestern von hier nach dem Reichstag kam und dort den Inhalt der Rede des Herrn Beumer mit den Reichstagskollegen besprach, da sagte mir ein Kollege, der Fachmann ist: Haben Sie noch nicht den Auf satz von Lews gelesen in der -Deutschen Schule-? Da werden Sie das alles widerlegt finden, was heute der Herr Regierungskommissar gesagt hat. Ich habe die Schrift heute morgen bekommen, und ich muß gestehen, nachdem ich dieselbe gelesen habe — sie ist zweifel los dem Herrn Minister auch bekannt —, begreife ich nicht, wie die Herren den Grund, daß die Centralisation im Interesse der Armen geschieht, noch aufrecht erhalten wollen. Wenn Sie die Statistik der Bewegung der Bevölkerung in Betracht ziehen, zeigt sich, daß 1890 in Rheinland 28551, in Westfalen 36624 geborene Ostpreußen gezählt wurden, in Berlin und Brandenburg gar 105464; dagegen in den Nachbarprovinzen, in Westpreußen und Posen, noch nicht die Hälfte von Berlin, und weniger als im Westen. Das zeigt, daß diss Bewegung keineswegs von Nachbar zu Nachbar gebt, sondern über weite Landesstrecken hinweg, daß alles das, was der Herr Kultusminister erreichen will mit seinem Central schulbuch, thatsächlich nicht erreicht wird. Denn die Leute, die vom Osten nach dem Westen gehen, müssen doch wieder ein anderes Schulbuch anschaffen. Meine Herren, ich könnte diese Statistik noch weiter fortsetzen — sie ist auf Seite 199 und folgende der Tews- schen Arbeit; vielleicht hat der Herr Kultusminister die Güte, wenn ihm der Artikel noch nicht bekannt sein sollte, ihn einmal einer Durchsicht zu unterwerfen. Der Wechsel geht von Dorf zu Dorf und von der kleinen Stadt zur großen Stadt. Nun frage ich den Herrn Minister: er wirb doch nicht der Meinung sein, daß man eine einzige Schablone von Schulbuch schaffen kann? Nicht ein mal für einen einzelnen Bezirk geht das. Man muß doch immer für die verschiedenartigen Schulen, für die einklassige Dorfschule und für die mehrklasfige Stadtschule, verschiedene Bücher haben, oder wenigstens erweiterte Bücher. Wie dies auch die Herren be trachten mögen, ich kann den Grund absolut nicht anerkennen, daß aus diese Weise im Interesse der Armen gehandelt werden müsse. Herr Lews macht einen beherzigenswerten Vorschlag über den Austausch der Bücher. Wir kommen auch allmählich dahin — ich glaube, in Berlin ist es schon so —, daß die Lehrbücher von der Kommune geliefert werden. (Zuruf.) — Ich denke, in Berlin und auch in einigen anderen Städten. Dis Entwickelung der Lesebuchfrage hat einen bedenklichen Charakter angenommen. Es sind im wesentlichen zwei große Firmen, die das Monopol der Schulbücher in der Hand haben; es sind die beiden Firmen in Bielefeld und in Breslau — Sie kennen sie jü, der Name ist mir entfallen. Ich bin an der ganzen Sache überhaupt !ti keiner Weise beteiligt, ich kann vollständig unbefangen urteilen. Meine Herren, die Interessenten wissen ja auch gar nicht, wie fi» die Sache anfasser» sollen. Wenn sich an den Minister einer mit einem Zesebuchentwurf wendet, dann heißt es: das kann ich nicht prüfen, stellt erst Anträge für bestimmte Schulen. Herr Ministerialdirektor Kueglrr hat einer Deputation gesagt, sie möchten sich erst an die betreffende Regierung wenden; und wenn diese Wünsche hätte, dann möchten sie sie befriedigen. Also vor der Veröffentlichung füll gewissermaßen eine Censur ausgeübt werden durch die Bezirksschulleitung, dann erst kommt die Sache an den Herrn Minister und das höchste Placet. Ja, wo ist denn da die freie Entwickelung, wie Herr Graf Zedlitz ausdrücklich gesagt hat, wenn Sie eine derartige Censur schon vorher üben? Bei dieser Gelegenheit möchte ich doch, daß die amtliche Ehre des Herrn Ministerialdirektors Kuegler, der leider abwesend ist, durch die Herren der Regierung in Schutz genommen wird. Ich kann es mir nicht denken, daß, wie in dem Börsenblatt für den Deutsche« Buchhandel steht, Herr Kuegler gesagt haben soll: zu einem Lesebuch gehöre nicht viel geistige Kraft, dazu gehöre nur Geschick in der Auswahl der aufzunehmenden Stücke, was jedoch nicht besondere geistige Thätigkeit erfordere. Wie ich Herrn Ministerialdirektor Kuegler kenne, halte ich es für unmöglich, daß er eine solche Aeußekung gethan hat; ich halte es im Interesse des abwesenden Herrn Kuegler für notwendwig, daß von der Minister bank eine Aeußerung darüber erfolge, ob Herr Kuegler derartige Dinge wirklich gesagt haben kann. Ich glaube, es wird sich hier wohl nur um ein Mißverständnis und eine daraus entstandene unrichtige Darstellung handeln. Nun die Schulräte! — und das ist der wundeste Punkt dabei. Ich glaube in der That, daß der Minister sich zu stark engagiert, wenn er darüber seine Hand hält, wenn er die Genehmigung dazu giebl, daß Schulräte die Volksschullesebücher in erster Reihe verfassen. Wir haben vorgestern von dem Herrn Regierungsvertreter ge hört, daß der Regierungsschulrat Riemenschneider in Arnsberg keinen Pfennig bei der Herausgabe des dortigen Lesebuches verdient. Ich habe keinen Zweifel daran; aber glauben Sie denn, daß so gläubig wie wir hier im Parlament auch die Leute draußen im Lande sind? Die können sich davon gar keine Vorstellung machen — und man kann es ihnen nicht übel nehmen —, wie ein Schulrat eine derartige große Arbeit und Scherereien auf sich nehmen mag, ohne irgendwie amtlich dazu veranlaßt zu sein, und doch in der Voraussicht, daß große Unannehmlichkeiten daraus entstehen. Meine Herren, wo aber bleibt die freie Thätigkeit aus diesem Gebiet, wenn Sie die Schulräte heranziehen? Der Autorität jener Männer kann es in keiner Weise zu gute kommen, vielmehr wird im Volke doch immer der Glaube bleiben: der Mann hat irgend einen Vorteil davon. Ich weiß es ja nicht, wie man sich das denkt; ich werde mich auch wohl hüten, darauf cinzugehen. Wie gesagt, ich bin gutgläubig, und ich nehme an, daß der Regierungs schulrat Riemenschneider nach der positiven Erklärung des Herrn Regierungskommissars keinen Pfennig erhält, keinen Vorteil davon hat. Die Sache würde ja auch zu Tage kommen; man kann das ja nicht verheimlichen. Aber außerdem die Wirkung auf die Lehrer! Wo bleibt die Autorität, wenn der Schulrat zugleich Verfasser des Lesebuchs ist? 482-
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