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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1897
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- Erscheinungsdatum
- 15.05.1897
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- Deutsch
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3586 Nichtamtlicher Teil. 111. 15 Mai 1897. westfälischen Schulen verboten sein soll zu singen und zu sagen: -Glückselig, wessen Arm umspannt, ein Mädchen aus Westfalenland I- (Heiterkeit. Bravo I) Regierungskommissar Geheimer Oberregierungsrat Vater: Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat zunächst den Umstand bemängelt, daß ein Lesebuch für den ganzen Bezirk Arnsberg ein- gesührt worden ist. Meine Herren, bei der großen Beweglichkeit derjenigen Familien, die ihre Kinder der Volksschule überweisen, ist die Verschiedenheit der Lesebücher in den Schulen mit großen Nachteilen verknüpft. Es gehört gar nicht zu den Seltenheiten, daß Kinder der arbeitenden Bevölkerung während ihrer Schul zeit zwei-, dreimal die Schule wechseln. Liegt nun hierbei die Notwendigkeit vor, bei jedem Schulwechsel ein neues Lese buch anzuschaffen, so werden Sie ermessen, daß hieraus den Eltern außerordentliche Ausgaben erwachsen. Anderseits liegt es doch aus der Hand, daß ein Kind beim Schulwechsel sich viel leichter in die neuen Verhältnisse einlebt, wenn cs in der neuen Schule im Lesebuch einen alten Bekannten wiederfindet. Das bedarf wohl weiterer Ausführung nicht, daß sich auch in unterrichtlicher Beziehung wesentliche Erleichterungen ergeben, wenn die Kinder beim Schul wechsel in der neuen Schule das alte Lesebuch behalten können. Ledig lich jene wirtschaftlichen und diese pädagogischen Rücksichten haben die Unterrichtsverwaltung dazu geführt, auf einheitliche Gestaltung des Lesebuchs in größeren Bezirken Bedacht zu nehmen. In dem Bezirk Arnsberg lag nun noch eine ganz besondere Veranlassung vor, nach dieser Richtung hin vorzugehen. Im Re gierungsbezirk Arnsberg waren acht verschiedene Lesebücher im Gebrauch, die keineswegs den Anforderungen in dem Maße ge nügten, wie es für die Schule wünschenswert ist. Insbesondere waren die meisten dieser Lesebücher in heimatskundlicher Beziehung mangelhaft. Keins der Lesebücher war geeignet, als einheitliches Lesebuch für den ganzen Bezirk eingesührt zu werden. So ent schloß sich die Regierung selbst, Hand ans Werk zu legen, und be auftragte einen der Departementsschulräte, ein neues Lesebuch für den Arnsberger Bezirk herzustellen. Ich bemerke dabei, daß das Lesebuch, welches die Arnsberger Regierung hat Herstellen lassen, ausdrücklich von hier aus erst genehmigt worden ist, nachdem fest gestellt roorden war, daß der betreffende Verfasser des Buches auch nicht den geringsten finanziellen Gewinn aus dem Verkaufe dieses Buches hat. (Zuruf des Abgeordneten vr. Beumer: Erste Auflage I) Nein, Herr Abgeordneter, nicht bloß aus der ersten Auflage; sondern es ist die bündige Erklärung abgegeben worden, daß aus dem Verkauf des Lesebuchs überhaupt ein Gewinn dem Verfasser nicht wird. Der Herr Abgeordnete hat daran weitere Ausführungen ange schlossen und hat durch jene Maßnahme die Entwickelung der Lesebuchlittcralur gefährdet gesehen. Er hat sich dabei auf einen Ausspruch des früheren Ministers Grafen Zedlitz berufen. Aller dings ist die Gefahr nicht zu leugnen, daß diejenigen Lehrer, welche sich für die Entwickelung unserer Volksschullcsebücher thätig interessieren, in ihrer Arbeit ermüden, wenn sie sehen, daß be stimmte Lesebücher für größere Bezirke bereits eingeführt sind. Aber ich möchte dem gegenüber noch auf eine andere Seite der Sachlage Hinweisen. Gehen Sie dem Entstehen dieses Buches nach, von dem hier die Rede ist! Der betreffende Schulrat hat sich nicht hingesctzt und dieses Buch allein bearbeitet, sondern er hat aus Grund seinerreichen Erfahrung auf dem Gebiete des Schul- aussichlsdiensteS unter Heranziehung sehr tüchtiger Lehrkräfte gerade in seinem eigenen Bezirk dieses Buch zustande gebracht, was nun fertig vorliegt. Glauben Sie denn, daß das Buch nun ein für allemal abgeschlossen ist? Dem Verfasser ist jetzt in dem Schulbezirk Arnsberg Gelegenheit geboten, etwaige Mängel des Buches, die beim Gebrauch hervortreten sollten, für weitere Auflagen zu be achten;. er und die Lehrer des Arnsberger Bezirkes werden nicht unterlassen, sich um die Entwickelung der Lesebuchlitteratur zu bekümmern, werden Bedacht darauf nehmen, daß das eigene Lese buch gefördert wird, und werden Gelegenheit haben, ihre Verbesse rungsvorschläge an die Stelle zu bringen, die dafür einzutreten hat, daß bei weiteren Auflagen dieses Buch in einer vollkomm- neren Gestalt erscheint. Man muß mit dieser sogenannten Monopolisierung nur nicht etwa ein Bestreben identifizieren, das darauf ausgeht, die Ent wickelung der Lesebücher für unsere Schulen zu hemmen. So sorg fältig wie das Lesebuch gearbeitet ist, so eingehend ist es geprüft worden, und Se. Excellenz mein Herr Chef hat seine Zustimmung zur Einführung erst gegeben, nachdem er die volle Ueberzeugung gewonnen hatte, daß das Buch den erziehlichen Ausgaben der Schule zu dienen sehr wohl geeignet sei. Damit erlaube ich mir weiter übcrzugehen auf die einzelnen Kritiken, die der Herr Abgeordnete an dem Lesebuch geübt hat. Wenn er das sogenannte Westfalenlied bemängelte und hervorhob, daß dasselbe durch Weglassung eines Verses verstümmelt sei, so stimmen wir ihm darin vollständig bei. Wir sehen in dieser etwas philiströsen Art, die ein kräftiges und volkstümliches Lied in dieser Fassung nicht vertragen kann, nicht die Höhe pädagogischer Ge danken. Wir werden dafür Sorge tragen, daß der Vers in das Wcstfalenlied wieder ausgenommen wird, und hoffen uns dadurch das Wohlwollen der westfälischen Damen und Jungfrauen zu er werben. (Heiterkeit.) Was die -Wacht am Rhein- betrifft, so erlaube ich mir zu be merken, daß der Verfasser einen guten poetischen Geschmack in seinem Buche reichlich dokumentiert hat. Dessen ungeachtet lesen wir in dem Buche in der -Wacht am Rhein-: -Auf blickt er, — nämlich der deutsche Jüngling — wo der Himmel blaut Und Vater Hermann niederschaut. - Wenn wir von Armin dem Cherusker sprechen, so steht vor uns eine frische Jünglingsgestalt, aber nicht der -Vater- Hermann, der auf uns niederschaut. Indessen dem Verfasser des Buches ist das keineswegs entgangen. Es ist nicht etwa ein besonderer ästhetischer Geschmack, der ihn zu dieser Fassung brachte, nein, das kritische Gewissen hat ihn dazu geführt, diejenige Lesart zur Geltung zu bringen, die der Dichter selbst nicht bloß geschrieben, sondern von der er ausdrücklich erklärt hat, daß er sie auch für die Zukunft auf recht erhalten wissen will. Die Sache gewinnt dadurch ein ganz anderes Gepräge. Ein Schulmann wird sein Gewissen zu schärfen haben, wenn es darauf ankommt, den Text eines Liedes genau wiederzugeben. Ich erinnere Sie daran, was unser evangelisches Kirchenlied gelitten hat am Ende des vorigen Jahrhunderts, wo jeder Dichterling sich berufen glaubte, -Verböserungen» anzubringen. Es ist eine Verunstaltung unseres Kirchenliedes dadurch herbei geführt worden, die erst in unserem Jahrhundert gründlich wieder ausgemerzt worden ist. Also, ich glaube, daß gerade diese Fassung des Liedes eine entschiedene Billigung verdient; ob nun aber schließlich nicht das deutsche Volk auch berechtigt ist, über den -Vater Hermann- zur Tagesordnung überzugehen, mag dahin gestellt sein. In der That muß ich sagen, es sagt auch unserem ästhetischen Geschmack viel mehr zu die Fassung: -wo Heldenväter niederschauen- als die andere Fassung: -wo Vater Hermann niederschaut-. Was nun der Herr Abgeordnete weiter kritisiert an dem Buche, namentlich an der Geschichte von dem Schweine, so versteht es sich wohl von selbst, daß, wenn man ein Lesebuch approbiert, man damit nicht jedes einzelne Lesestück für in jeder Beziehung muster- giltig erklärt. Das ist eine außerordentlich schwere Aufgabe bei der Auswahl der Lesestücke, allen individuellen Anforderungen zu genügen. Ich berufe mich da auch auf den Herrn Abgeordneten, der ja siebzehn Jahre lang mit der Schule in enger Verbindung gestanden hat, er wird die Erfahrung gemacht haben, daß bei der Auswahl der Lesestücke vielfach auch der persönliche Geschmack mit wirkt. Man kann nicht immer beweisen, weshalb gerade ein Gedicht besonders Aufnahme verdient in ein Lesebuch, und der Herr Abgeordnete wird mir zugeben, ohne auf das spezielle Stück einzugchen, was er erwähnt hat, daß im allgemeinen auch dem Geschmack ein großer Spielraum gewährt wird. Wir werden an dem Grundsatz festhalten, daß für die ärmere Bevölkerung des Landes dadurch gesorgt wird, daß die Kinder nicht bei jedem Schulwechsel in die Lage kommen, sich ein neues Schullesebuch anschaffen zu müssen; wir werden dafür Sorge tragen, daß, was damit zusammenhängt, auch die Schule in ihrem Unter richt möglichst gefördert und nicht gestört wird; an diesem Grund satz wird die Unterrichtsverwaltung festhalten. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß wir auf die Bedürfnisse der einzelnen Schulen Rücksicht nehmen, und es ist bereits in mehreren Fällen, wo ebenfalls seitens der Regierung das durchaus gerechtfertigte Be streben hervorgetreten ist, ein einheitliches Lesebuch in ihrem Be zirk einzuführen, dem entsprechend verfahren worden. Die bean tragten Lesebücher sind zur Einführung gelangt; namentlich werden bei den gehobenen Schulen, bei denen ja ein Wechsel der Kinder viel weniger einzutreten pflegt, die Wünsche der Schulbehörden in Bezug auf die Einführung von Lesebüchern Beachtung finden. Auf eine Frage, die der Herr Abgeordnete zuletzt noch gestellt hat in Bezug auf die Ausbreitung des Arnsberger Lesebuches, kann ich die Mitteilung machen, daß das Lesebuch über den Arnsberger Bezirk hinaus nicht eingeführt wird; es wird lediglich auf den Arnsberger Bezirk beschränkt bleiben. Aus der 72. Sitzung vom 30. April 1897. Abgeordneter Rickert: Der Herr Abgeordnete l)r. Beumer hat sich ein Verdienst damit erworben, daß er die Haltung der Arnsberger Regierung in Bezug auf die Volksschulbücher hier zur Sprache gebracht hat. (Zurufe.) Vielleicht giebt es einzelne Kollegen, denen die Sache zu unbe deutend erscheint. Nein, die Frage der Volkslcscbücher, welche
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