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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.08.1906
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- 25.08.1906
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- Deutsch
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8030 -Nichtamtlicher Teil .4k 197, 25. August 1906. Palms Erschießung, die von den Historikern in eine Reihe mit der Hinrichtung Enghiens und dem Verfahren gegen die Schillschen Offiziere gestellt und demgemäß beur teilt und verurteilt wird, nährte die Flamme der nationalen Begeisterung; so schrieb Friedrich Gentz an den österreichischen Diplomaten Starhemberg: »Der Krieg wird ein National krieg sein in der vollen Bedeutung des Wortes; binnen kurzem wird er ganz Deutschland erfüllen. Die letzten Attentate der Franzosen, vor allem jenes, dessen Kunde soeben alle Gemüter entsetzt hat, haben die Nation in einer Weise aufgeregt, daß allenthalben sizilianische Vespern den ersten Erfolg der Preußen begleiten werden«. August Fournier nennt die Hinrichtung Palms eine nackte Grausam keit, andre Historiker sprechen von einem brutalen Mord. Nicht der Buchhandel allein, das gesamte deutsche Volk hat Grund, des Märtyrers zu gedenken. Zur Geschichte der Flugschrift »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung 1806«. Im Frühjahr 1806 erschien ohne Nennung des Ver fassers, Verlegers und Druckers und des Orts des Erscheinens die Flugschrift »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung«, die die Veranlassung zu Johann Philipp Palms Erschießung wurde. Das ckouraal äs Laris nannte zuerst die Steinsche Buch handlung als Verbreiterin der Flugschrift, und am 26. August 1806 wurde ihr Besitzer Joh. Philipp Palm in der österreichischen, noch von den Franzosen besetzten Festung Braunau am Inn erschossen. Alle Versuche zu Palms Befreiung waren ver geblich gewesen, da Napoleon dessen Tod schon im voraus fest beschlossen hatte, und die Verhaftung am 14. August auf unmittelbaren Befehl des Kaisers geschah. Bis zu seinem letzten Augenblick hatte Palm der Anklage wider sprochen, Verfasser des Buches zu sein oder diesen zu kennen. Er wurde aber nach einem kurzen, oberflächlichen Verhör vor einer aus sieben Obersten bestehenden Militärkommission ver urteilt wegen des Verbrechens, absichtlich, also mit Kenntnis ihres Inhalts, Schandschriften gegen Seine Majestät den Kaiser Napoleon und seine Armeen verbreitet zu haben. Daß er von der Schrift und ihrem Inhalt') nichts wisse, konnte der unglück liche Mann wohl behaupten; denn nach Nürnberg, damals einem Hauptspeditionsplatz für die deutschen Buchhändler, wurden Tausende von Paketen gesandt und dann weiter an die Adresse spediert, ohne daß der expedierende Buchhändler den Inhalt kannte. Mit dieser durchaus nicht unglaub würdigen Notausflucht hoffte Palm sich zu retten, bis zum letzten Augenblick blieb er im Verhör bei der Aussage, es sei ihm das betreffende Paket von unbekannter Hand zuge schickt worden, wie das im Buchhandel öfter der Fall wäre, und er habe es laut der ihm ausgeschriebenen Adresse weiter besorgt. Die Pech'schen Briefe (Rackl S. 46— 53) belehren uns allerdings, daß Palm mit dem Inhalt des Pakets in jeder Beziehung vertraut gewesen und den Verlag des Buches übernommen hatte. Denn wozu hätte sonst sein mit ihm verwandter Buchhalter Pech auf die Kunde von Palms Verhaftung einen Eilboten an den Buchdrucker Hessel in Altdorf bei Nürnberg geschickt, der eben die zweite Auflage der Schrift druckte, mit der Mahnung, alle Exemplare zu i) Vgl. Prof. l)r. Rackl, Der Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm, ein Opfer napoleonischer Willkür. Nürnberg, Carl Koch's Verlagsbuchhandlung, 1906. S. 60. (Durch gütige Vermittlung der Redaktion des Börsenblatts konnte ich dieses gründlich gearbeitete Buch bei der Korrektur meines kleinen Auf satzes vorteilhaft benutzen.) vernichten? Hessel versenkte nun^) den ganzen Ballen in seinen Hofbrunnen, wo er blieb, bis der Zieh- in einen Pumpbrunnen verwandelt und das Papier hierbei als Schlamm zu Tage gefördert wurde?) Die Sendung des Eilboten hätte keinen Sinn gehabt, wenn Palm nicht der Verleger gewesen wäre. Palm hätte vielleicht sein Leben retten können, ivenn er den Verfasser nannte. Als solcher ist früher der als Theaterdirektor und Bühnendichter, sowie nationalökonomischer Schriftsteller bekannte Graf Julius von Soden, geboren 1754, gestorben 1831, bezeichnet worden, doch hat derselbe dies entschieden verneint. Die Allgemeine deutsche Bibliographie, Band 25 Seite 103 meint, die Autorschaft dem Joh. Conrad von Uelin, damaligem Kammerassessor in Ansbach, mit Sicherheit zu schreiben zu dürfen. Ihm folgt das Deutsche Anonymen-Lexikon von Holzmann und Bohatta, I, S. 400, indem es Hamburg als vermutlichen Druckort angibt. Daß aber auch Uelin nicht der Verfasser sein kann, erhellt aus einer zufällig in meine Hände gekommenen Notiz. Sie befand sich ursprünglich in einem Anzeigenblatte des Eduard Trewendtschen Verlags in Breslau und ist einer Nummer entnommen, die Schopenhauers »Die Welt als Wille und Vorstellung« und llr. Julius Frauenstädts »Briefe über die Schopenhauersche Philosophie« ankündigt. Die Nummer ist 1860 nach dem 21. September, des Philosophen Todestag, erschienen. In dieser Zeit waren mehrere mit Palms Person sich befassende Dramen (von L. Eckardt in Bern und vr. Ringler in München) mit vielem Beifall gegeben und im Anschluß daran die Nach forschungen wegen des Verfassers der verhängnisvollen Flug schrift wieder ausgenommen worden. Das Blättchen besagt, daß einige den obengenannten Grafen, andre den Nürnberger Rechtsanwalt vr. Christoph Preu für den Autor gehalten haben. Die letztere Ansicht hatte der »Fränkische Kurier« vertreten, und mit Bezug auf dessen Mitteilung entgegnete Preus Sohn, der praktische Arzt vr. Preu in Hersbruck, sein Vater habe das Buch »Deutsch land in seiner tiefen Erniedrigung« nicht geschrieben, sondern nur dessen Korrektur besorgt und ihm als den Verfasser den Rektor der Stadtschule zu Altdorf Johann Christian Heinrich Adler, Christoph Preus Schwiegervater, an gegeben, welcher schon 1797 das gleichartige Schriftchen: »Die Franzosen im nürnbergischen Gebiete im August monat 1796. Beitrag zur künftigen Geschichte des französisch deutschen Krieges« (Frankfurt und Leipzig) herausgegeben hatte. Hiermit schließt der Zettel. Ihm zufolge ist Adler und nicht Aelin der Verfasser. Palm kannte ihn, starb aber lieber, als daß er ihn und Hessel verriet. Und Napoleon statuierte mit Palms Erschießung für die Völker des soeben am 12. Juli gebildeten Rheinbundes ein abschreckendes Bei spiel: da man des Verfassers und des Druckers nicht habhaft werden konnte, mußte der Verleger und Verbreiter für Adlers patriotische Mahnungen das Leben opfern Nach Napoleons Sturz kündete die Firma Brockhaus zu Leipzig einen neuen Abdruck der Schrift an, doch unterblieb dieser; dagegen gab Graf Julius von Soden zum Besten der Palmschen Familie 1814 einen verkürzten Nachdruck anonym heraus und fügte diesem viele Einzelheiten über Palms Ende hinzu. Der Vollständigkeit halber bemerke ich, daß in Wilhelm 2) Hessels Sohn bestätigt diesen Vorgang in einem Briefe rom Jahre 1883 an einen Nürnberger Buchhändler. ") Außerdem soll Pech einen ganzen Ballen (der ersten Auf lage) jener Broschüre in den heute noch vorhandenen Hofbrunnen des Palmschen Hauses hinabgeworfen haben, weil man die Bücher wegen des damit verbundenen Rauches und Geruches nicht zu verbrennen wagte. So berichtet Schultheis (Biographie Palms, Nürnberg 1860), bei Rackl S. 52.
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