Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19080602
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190806024
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19080602
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1908
- Monat1908-06
- Tag1908-06-02
- Monat1908-06
- Jahr1908
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
126, 2. Juni 1908. Nichtamtlicher TeU. «SUcnblatt s. d, Dtschn. vuchhandkl. 6129 vornherein der ganze verfügbare Betrag unter die Sammlungen verteilt wird, damit Mittel vorhanden blieben, um bei unvor hergesehenen wichtigen Gelegenheiten größere Erwerbungen machen zu können. Zeigt diese Aufstellung auch zur Genüge, daß jedenfalls in letzter Zeit und wohl auch schon früher der Löwenanteil an diesen verfügbaren Mitteln der Königlichen Bibliothek zugefallen war, so ist trotz dieser wohlwollenden Behandlung seitens der Generaldirektion die Bedeutung derselben im Vergleich mit anderen deutschen Bibliotheken immermehr zurückgegangen. Stand sie noch bis zum Jahre 1870 gleichwertig mit den Bibliotheken von Berlin und München da, so ist sie seitdem nicht nur von diesen ersten Bücher sammlungen in Deutschland, sondern auch zum mindesten noch von den Bibliotheken in Göttingen und Straßburg weit überflügelt worden und nimmt höchstens noch die fünfte Stelle ein. Dieser tiefbedaucrliche, relative Rückgang ist aber nicht etwa auf eine unzulängliche Fürsorge ihrer Verwaltung zurllckzuführen, wenn auch einzelne» dieser Institute viel größere Mittel zum Ankauf von Büchern zur Verfügung stehen, sondern sie beruht in erster Linie auf einem verhängnisvollen Akte der Gesetzgebung in Sachsen. Als durch das neue Preßgesetz vom 20. Mai 1870 die Aufhebung der Zensur erfolgte, hatte die Regierung in Z 10 ihres Entwurfes, wie dies in anderen Staaten auch ge schehen war, an Stelle der Abgabe von Pflichtexemplaren an die Zeusurbehörde, die diese bisher nach Durchsicht an die Bibliotheken in Dresden und Leipzig abzugeben pflegte, die direkte Ablieferung von »Studienexemplaren« für diese Bibliotheken vorgesehen. Auf einen Antrag der Deputation lehnte die zweite Kammer mit 34 gegen 26 Stimmen diesen Teil der Regierungsvorlage am 29. November 1869 ab und blieb auch, nachdem die Regierungsvorlage von der ersten Kammer mit mehr als Zweidrittelmajorität wieder hergestellt war, mit 27 gegen 20 Stimmen um 11. Februar 1870 auf ihrem Beschlüsse stehen. Im Vereinigungsverfahren ward dann am 21. Februar 1870 die Abgabe von Pflicht exemplaren für Bücher und Zeitschriften aufgehoben, für politische Zeitungen aber beibehalten. Mögen die damaligen Gegner der Studienexemplare, wenn auch unter dem Einfluß vermeintlicher buchhändlerischer Interessen, geglaubt haben, einem freiheitlichen Fortschritt damit zum Siege verholfen zu haben, für die Erhaltung des literarischen Schatzes der deutschen Nation und insbesondere für die Erforschung der Geschichte und Entwicklung des sächsischen Volkes war es ein ver hängnisvoller Beschluß, für unsere Bibliotheken aber wird dieser 21. Februar 1870 immer ein Unglücks tag bleiben, denn keine noch so hohe Mittelbewilliguug kann den bereits angerichteten Schaden jemals wieder gut machen, nachdem auch das Reichspreßgesetz von 1874, bei dessen Be ratung die Einführung des Freiexemplarzwanges nur mit wenigen Stimmen abgelehnt worden war, die Ent scheidung hierüber den Einzelstaaten überlassen hatte. Fast überall im Reiche hatte inan ja für das geistige Eigen tum der deutschen Nation besser vorgesorgt, nur für uns bestand und blieb dieser »Notstand bei den sächsischen Bibliotheken«, den bereits im Jahre 1879 die kleine Schrift des Dresdner Ratsarchivars Professor vr. Richter so treffend dargelegt hat. — Dieser Not stand könnte zwar durch Aufwendung wesentlich größerer Mittel für die Bibliotheken, wie sie seinerzeit schon in der Kammer zwar angeregt worden, aber freilich nicht in ent sprechendem Umfange erfolgt ist, etwas gemildert, nie aber wirklich behoben werden. Denn damit ließen sich wohl die in den Buchhäudlerkatalogen verzeichneten Bücher beschaffen, nicht aber einer fernen Zukunft alle jene kleinen Schriften Börsenblatt für den Deutsche« Buchhandel. 7b. Jahrgang. sichern, die vielfach im Selbstverlag, oft aber gar nicht im Buchhandel erscheinen, und die meist achtlos wieder ver schwinden, während sie doch frühe Anregungen zu wichtigen Erfindungen, eftte Gedanken von bedeutungsvollen Ent wicklungen bieten können, nicht alle jene Flugblätter, die für die richtige Beurteilung politisch bewegter Zeit unent behrlich sind, nicht alle jene unscheinbaren Zeitungsnotizen, die für die Lokalgeschichte eines Landes von unschätzbarem Werte sind. Hier gibt es nur ein wirksames Mittel, das ist die Abgabe von Pflicht- oder Studienexemplaren an die staatlichen Bibliotheken, und fast alle Kulturstaaten der Welt haben sie gesetzlich vorgeschrieben; nicht nur die größeren deutschen Einzelstaaten, wie Preußen, Bayern usw., auch Österreich, England, Frankreich, Rußland, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, die Niederlande, Schweden, Dänemark, die Vereinigten Staaten von Nordamerika, selbst die Türkei und andere Staaten mehr erheben sie in mindestens 2 bis zu 7 Exemplaren und verlangen diese zum Teil sogar in besonders gutem und haltbarem Druckpapier; Sachsen aber, das die Metropole des deutschen Buchhandels, den wichtigsten Sitz des Bücher- und Musikalienverlags in Leipzig besitzt, sorgt nicht dafür, daß die in seinem Gebiete erschienenen Bücher und Zeitschriften den kommenden Generationen sicher erhalten bleiben. Wohl gibt es in Verlegerkreisen eine Strömung, die sich gegen eine solche Zwangsmaßregel und ein pekuniäres Opfer energisch verwahren, aber der Appell an die Liberalität der Verleger zu frei williger Abgabe von je einem Exemplar, wie er in dem Deputalionsbericht der zweiten Kammer am 29. November 1869 augeregt worden war, ist erfolglos verhallt; und wenn dem Staate die Pflicht obliegt, den geistigen und lite rarischen Schatz der Nation zu behüten und zu bewahren, muß ihm auch das Recht zustehen, die hierzu notwendigen gesetzgeberischen Maßregeln zu treffen. Auch unter den Ver legern gibt es, zu ihrer Ehre sei es anerkannt, weitblickende und hochherzige Männer, die dieser Notwendigkeit sich nicht verschließen und das kleine Opfer auf sich zu nehmen bereit sind. Zwei Exemplare mehr bei einer Auflage von vielen Hunderten oder Tausenden von Exemplaren, was bedeutet dies viel mehr als die Kosten des dafür nötigen Druckpapiers; die unentgeltliche Ablieferung von besonders kostspieligen Werken (Kunst- oder Prachtwerken) ohne Entgelt kann aus geschlossen, die Übernahme zum mindesten an den Ersatz des Herstellungspreises gebunden werden. Wenn von dem Er finder eine Patentsteuer, von dem Zeichner oder Gewerbe treibenden eine Musterschutzsteuer abgefordert wird, kann dem Verleger oder Schriftsteller, dem der Staat sein Autorrecht schützt, vom Staate auch mit nicht minderem Rechte diese kleine Abgabe abverlangt werden; haben beide überdies doch die Bibliotheken für ihre Tätigkeit am allernötigsten. So sind seinerzeit von der Firma F. A. Brockhaus in Leipzig, als sie ihr berühmtes Konversationslexikon verfassen ließ, ganze Kisten voll Bücher für die Bearbeitung desselben aus der Königlichen Bibliothek in Dresden erbeten und an sie abgesandt worden. Und setzen sich Schriftsteller und Ver leger nicht geradezu selbst ein bleibendes Denkmal ihrer schöpferischen Tätigkeit, wenn sie Exemplare ihrer Werke den staatlichen Bibliotheken zu verläßlichem Schutze und dauernder Aufbewahrung übergeben? Aus allen diesen Erwägungen heraus spricht die De putation den Wunsch und die Erwartung aus, die König liche Staatsregierung wolle möglichst noch in dieser Session des Landtages die Abgabe von Studienexemplaren an die beiden staatlichen Bibliotheken durch gesetzgeberische Vorschläge an die Ständekammern regeln, denn hier liegt eine immer ernstere Gefahr im Verzüge! 797
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder