Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.12.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-12-12
- Erscheinungsdatum
- 12.12.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061212
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190612128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061212
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-12
- Monat1906-12
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
O 2«8, 12. Dezember 1S0S. Fertige Bücher. 12SS5 „Deutsche Warte" vom 2. Dezember 1906. alzerkönig. Ein Roman ist das Leben des vornehmsten Meisters der Tanzmusik, des Schöpfers der „Schönen blauen Donau", der „Fledermaus", des „Zigeunerbarons", also des jüngeren, aber nicht jüngsten, „Walzerkönig" genannten Johann Strauß. Rudolf Freiherr von Prochazka hat das wildbewegte Leben dieses interepanten Tonkünstlers außerordentlich spannend und interessant beschrieben und dieses anregende Buch im Verlag „Harmonie", Berlin >V., Schöne berger Ufer 32, erscheinen lassen. Es ist mit mehr als fünfzig prächtigen Illustrationen geschmückt, enthält 25 interessante Porträts, viele Kunstbeilagen, Faksimiles, Karikaturen, Szenenbilder, Notenbeispieleusw., darunter auch das bekannte Lenbachsche Strauß-Porträt und andere interessante Kunst- beigaben. Trotzdem ist der stattliche Prachtband (bereits in zweiter Auflage), elegant broschiert, zu dem außerordentlich billigen Preise von 3 M. herausgekommen, in hochelegantem sehr geschmackvollen Geschenkband gebunden zum Preise von 4 M. In die famose Schilderung des Wiens der frühesten Grillparzerzeit klingt es wie ein Märchen, wie der alte Strauß, „Vater Strauß" genannt, sein lustiges Metier auszuüben pflegte. Wie interessant beschreibt Prochazka. wie „Vater Strauß", erst mit Lanner Seite an Seite marschierend, später mit demselben auf Tod und Leben kämpfte, als das Feld geschrei „hie Lanner hie Strauß" durch das musikliebende Wien ertönte. Wir fühlen uns ganz in diese Zeit zurück versetzt, in der ein Franz Schubert den Weg bis vor die Stadt nicht scheute, um sich an einem der neuen, lustigen Tänze zu erquicken. Diese lustigen Weisen entstammten dem alten Strauß, der seine Familie terrorisierte wie kaum ein anderer Familienvater. Wir lesen mit Interesse, wie er zu seinem Entsetzen seine Kinder, darunter den späteren Kom ponisten der„Fledermaus",beim heimlichenMusizieren erwischt, wie er dem Helden unserer Biographie das musikalische Hand werk — allerdings vergebens — zu legen versuchte, wie er ihn Buchhandlung und Warenkunde studieren läßt, was aller dings nur den Erfolg hatte, daß der kleine Jordan aus diesem TempelMerkurs eines Tages hinausfliegt, weil ersich während der Unterrichtsstunden zu viel mit musikalischen Dingen be schäftigt, plötzlich von seinem Temperament Hinreißen läßt und laut zu singen und zu taktieren beginnt. Sein Vater, der Despot, der auch später seelisch schwer unter der „Konkurrenz", die ihm sein Sohn in musikalischen Dingen zu machen begann, litt, ließ sich von seiner Gattin, die er nach schweren Kämpfen erst errungen, wieder scheiden, nachdem die Kinder schon groß geworden waren. Wie dies alles kam, wissen wir durch diese neue interessante Biographie aus den eigenen Aufzeichnungen des Walzerkönigs, die der Verfasser dieser Lebensbeschreibung mit Geschick zum erstenmal verwertet hat. Schon das Leben des Vaters, das in den Einleitungskapiteln notwendigerweise ziemlich eingehend beschrieben wird,war romantisch und aben teuerlich genug. Man bedenke allein, wie er mit einem, 28 Mann starken Orchester per Eilwagen in das Ausland gastieren geht, zur damaligen Zeit gewiß kein geringes Unternehmen, — wie er durch die ganze Welt seine Kunst trägt, in Rußland, England und dem von ihm so sehr geliebten Paris Triumphe feiert, von zeitgenössischen Kritikern begeifert, von Cherubim, Berlioz, Paganini und anderen großen Künstlern „vom Bau" hingegen hoch verehrt und auch schon als ein König im Reiche dieser Kunst gepriesen wird. So groß waren seine Er folge, daß sie sogar feindliche Anschläge auf sein Leben zeitigten! Zahlreiche Anekdoten, die er selbst zu erzählen pflegte, und die sein Sohn uns getreulich vermittelt hat, sind in die fesselnde Lebensbeschreibung eingestreut, aber auch ohne diese würde dieses Werk sich unterhaltsam und spannend lesen. In blühendstem Stile erzählt Prochazka, welches Ereignis das erste Auftreten des jungen Johann war. Neunzehnmal wurde einer seiner ersten Walzer, die „Sinngedichte", vom Publikum zur Wiederholung verlangt und seit jenem Tage hieß es wie früher „hie Lanner hie Strauß", plötzlich „hie Vater hie Sohn". Die Revolutionszeit bringt eine neue Scheidung, während der Vater den „Radetzkimarsch" zum ersten Mal vor einem konservativen Publikum spielen läßt, komponiert der Sohn Barrikadenlieder und einen Revolutionsmarsch. Trotz dieser Kämpfe kam es später zur Versöhnung und zu dem rührendsten Verhältnis zwischen Vater und Sohn, welches dazu geführt hat, das Bildnis des Vaters, vom Sohn selbst gezeichnet, übermittelt zu be kommen. Nach des Vaters Tode beginnt eigentlich erst der Roman des Lebens unseres Walzerkönigs. Es fehlt hier der Raum, um darauf einzugehen, man lese es selbst, wie der populärste aller Walzer „Die schöne blaue Donau", unter den einst, in einer Widmung an Strauß, ein Johann Brahms schrieb: „Leider nicht von mir!" — wie dieser Walzer in Wien, wo man Johann Strauß so sehr verehrte, mit Bomben und Granaten durchfiel und scheinbar für immer nach einmaliger Aufführung begraben wurde, wie die jetzt überschwänglich gefeierte und sogar Hof theaterfähig gewordene „Fledermaus" vom Publikum und der Kritik (Eduard Hanslick an der Spitze, welcher bei dieser Gelegenheit feststellen zu müssen glaubte, es fielen unserem Johann keine Melodien mehr ein!) abgelehnt wurde und wie es dem Sohn auf seinen zahlreichen Künstlerreisen durch die Welt erging. Erwähnen möchten wir dabei nur die Geschichte, wie er beinahe einmal in Petersburg mit einer hochstehenden Persönlichkeit gewaltsam verheiratet worden wäre. Wir empfehlen dieses Buch, von dem wir hier leider nur kurz sprechen konnten, aufs angelegentlichste. Es ist einmal eine Biographie, die sich nicht mit der trockenen Aufzählung der Geschehnisse und mit der Wertschätzung des Helden begnügt, sondern die ein ganzes, buntes lebensvolles Zeitbild vor uns enthüllt und nicht nur belehren, sondern in erster Linie auch unterhalten, anregen und interessieren will. Die selten groß artige Ausstattung, die der Verlag dem Werke gegeben hat, und der billige Preis machen es noch empfehlenswerter. Man greife deshalb zu diesem Roman — parcion, ich wollte sagen: zu dieser Biographie — wenn man sich einige an regende, genußreiche, interessante Stunden bereiten will oder ein schönes Geschenkwerk, — gleichviel ob an musikalische oder nichtmusikalische Menschen - sucht. Preis broschiert elegant gebunden Liebhaber-Einband numerierte Ausgabe in Leder M. 3. - 4. — 6.— 12.— Zur Probe fürs Weihnachtslager 11/10 gemischt mit 40Q/». Verlag „Harmonie", Berlin.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder