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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.12.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-12-28
- Erscheinungsdatum
- 28.12.1907
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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königin, usw. Auch Symbole, die sich auf die Jahreszeit beziehen, kommen darin vor. Runenkalender befinden sich auch als dekorativer Schmuck an verschiedenen Gebrauchsgegenständen, z. B. an Stuhllehnen, Schränken, Türen, Speerschäften und besonders an Schwertschneiden. Ein bemerkenswertes Beispiel bildet das Sensenschwert im Histo rischen Museum in Dresden, das auf der Klinge einen Runen kalender enthält und das nach alter Überlieferung Theodor Münzer geführt haben soll. Schwerter mit Kalendern gibt es sehr viele, und im Berliner Zeughaus ist ein ganzer Glasschrank mit prächtigen Exemplaren gefüllt. Es sind dies immerwährende Kalender; die Namen der Tage und Monate sind in kräftiger Schrift angegeben, die ein zelnen Monate sind teils durch prächtige stilisierte Tierkreiszeichen getrennt. Der Herr Vortragende kommt nun zur Besprechung der jenigen Kalender, die mit Pinsel oder Feder auf Papier oder einem sonstigen Schreibstoff hergestellt sind. Zunächst ist ein römischer Kalender mit Illustrationen aus der Mitte des vierten Jahrhunderts n. Ehr. zu nennen; er wurde hergestellt von dem Kalligraphen des Papstes Damasus, Furius Dionysius Filocalus für einen hochgestellten Beamten namens Valentinus. Abgesehen von verschiedenen andern Darstellungen enthält er Tierkreiszcichen und Monatsbilder, ferner menschliche Figuren und Verse, die zum größten Teil auf heidnische Gottheiten und ihre Feste zurück gehen. Ein deutscher Kalender ist in einem Bruchstück aus dem sechsten Jahrhundert erhalten. Er war in der Sprache der Ulfilaschen Bibelübersetzung in gotischen Buchstaben auf Pergament geschrieben und als Schreibkalender eingerichtet; die Tage standen unter einander, und seitlich war Platz für Notizen offen gelassen. Zur Zeit der Karolinger entwickelte sich auch in Deutschland eine Kalenderillustration, die von den römischen Vorbildern un abhängig war. Abgesehen von den Lierkreiszeichen sind es gleich falls Monatsbilder, die das menschliche Dasein im Wandel der Jahreszeiten schildern; diese Bildkalender sind aber meist keine Einzelwerke, sondern sie sind Evangeliarien, Breviarien, Horarien, Psalterien eingefügt, die selten ohne eine solche Beigabe hergestellt wurden. Im l5. und im Anfänge des 16. Jahrhunderts erreichte diese Art Kalenderkunst ihren Glanzpunkt, der nie wieder erreicht wurde. Die damaligen Kalenderbilder hatten für die Miniatur malerei jener Zeit eine nicht geringe Bedeutung; sie boten den Künstlern eine der seltenen Gelegenheiten, ohne den Vorwand eines biblischen Stoffes das Leben ihrer Gegenwart getreulich zu schildern. Ein künstlerisch hervorragendes Erzeugnis dieser Art ist das -Lroviarium Vriwani-, jene prächtige Handschrift, die einst dem Maler Antonello da Messina gehörte, deren Original sich in der Bibliothek San Marco in Venedig befindet, die aber bald in vorzüglichen Reproduktionen in Vierfarbenlichtdruck (Verlag von A. W. Sijthoff, Leiden) Liebhabern zugänglich sein wird. Den Gebetbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts wurden vielfach Kalendarien von hohem Werte beigegeben, an denen hervorragende Künstler jahrelang gearbeitet haben; sie gehörten neben Juwelen und Edelsteinen zu den Pretiosen der vornehmen Häuser. Mit diesen Kalendarien erreichte die Kalenderkunst ihren Höhepunkt, denn niemals mehr hat man später den Kalendern die gleiche Sorgfalt und Pracht gewidmet. Mit dem Aufhören dieser illuminierten Handschriften ' endigt gewissermaßen auch die Be deutung der Kalenderillustration für die allgemeine Kunstgeschichte. Die höchste künstlerische Blütezeit des Kalenders fällt zeitlich mit der Erfindung des Holzschnitts und des Drucks mit beweg lichen Lettern zusammen. Der Kalender war ein sehr begehrens werter Gebrauchsartikel, deshalb machten sich die ersten Drucker die technischen Errungenschaften für die Vervielfältigung von Kalendern zunutze. An die Stelle jener prachtvollen gemalten Kalender traten die schlichten, mechanisch vervielfältigten Erzeug nisse; von nun an wird die Schilderung des Kalenders nur noch zu einem Kapitel aus der Geschichte der Gebrauchsgraphik. Sofort nach der Erfindung der Buchdruckerkunst ließ es sich Gutenberg angelegen sein, diese für den Druck eines Kalenders anzuwenden. In der Landesbibliothek zu Wiesbaden ist vor nicht allzulanger Zeit auf einem Buchdeckel ein Einblattkalender ent deckt worden, der die Typen der sechsunddreißigzeiligen Bibel zeigte und auf das Jahr 1448 berechnet war. Auch die Zeit genossen und Nachfolger Gutenbergs, z. B. Günther Zainer von Augsburg, Johann Mentelin von Straßburg, Johann Zainer von Ulm, Anton Koberger von Nürnberg, widmeten sich mit Eifer dem Kalenderdruck; aus der Jnkunabelzeit sind annähernd 2L0 verschiedene Einblattkalender vorhanden, davon etwa 60 in lateinischer Sprache. Die ältesten Einblattkalender zeigen noch keinen künstlerischen Schmuck, später sind sie teilweise mit Initialen, Randleisten und sonstigem dekorativen Beiwerk geschmückt, noch andere tragen Illustrationen, z. B. Darstellungen aus dem Leben Christi, astronomische Zeichnungen usw. Das Aderlässen spielte in der mittelalterlichen Medizin eine große Rolle; wir finden daher auf vielen Kalendern ein -Aderlaß männlein-, eine nackte Figur, umgeben von den Zeichen des Tier kreises, abgebildet. Es war angegeben, zu welcher Zeit und an welchen Körperteilen dieses beliebte Heilmittel anzuwenden war. Nach Erfindung der Buchdruckerkunst ist in verhältnismäßig kurzer Zeit eine stattliche Fülle von Kalendern entstanden. Die Verallgemeinerung des Kalenders, das Herausreißen auS seiner Vornehmheit hat insofern einen Gewinn gebracht, als er nicht mehr allein Vorwort und Beigabe zu andern Büchern bildete; sondern er hat seine Selbständigkeit bekommen und auch ein indi viduelles Gepräge. Aus dem immerwährenden Kalender wurde der für einzelne Jahre. Auch unter den Kalenderverlegern trat bald ein starker Wett bewerb ein, und dies mag wohl maßgebend dafür gewesen sein, daß manche von ihnen ihren Kalender durch allerlei Beigaben nützlicher zu gestalten suchten. Der Kalender wurde bereits Ende des fünfzehnten Jahrhunderts zum Buch, hielt sich aber noch im Gebiet der Astronomie und eigentlichen Kalenderkunde. Später fügte man dem Kalender noch allerlei hinzu, was mit dem eigentlichen Zweck nichts zu tun hatte, das man aber bei dem damaligen Mangel an Zeitungen und sonstiger Literatur als nützlich und wertvoll schätzte. Hygienische Belehrungen, Ader laßregeln, fromme Betrachtungen, Wetterprophezeiungen, Mit teilungen aus Geographie und Geschichte wurden beigegeben. Manche Kalender zeigen die Kunst des sechzehnten Jahrhunderts in höchster Vollkommenheit. Einen besondern Zweig der Kalenderliteratur bilden die so genannten Bauernkalender mit Bauernregeln und Abbildungen der Totentänze und sonstigen Darstellungen über Höllenstrafen usw. Eie waren meist als Schreibkalender eingerichtet und in ver schiedenen Ländern verbreitet; manche haben sich so ziemlich un verändert bis ins achtzehnte Jahrhundert erhalten. In Frankreich begann die Blütezeit des Kalenders im sieb zehnten Jahrhundert, als die riesigen Kupferstichkalender aufkamen. Sie enthielten die politischen Ereignisse des vergangenen Jahres und dienten meist zur Verherrlichung der Personen des königlichen Hauses; auch brachten sie die Siege der französischen Generale u. a. m. Unter Ludwig XIV. hatten diese Kalender die größte Verbreitung, die ganze französische Geschichte zieht in ihnen an uns vorüber. Mit dem Tode Ludwigs XIV. schließt die Kalenderkunst ab, die Formate werden kleiner, an Stelle der höfischen Bilder trat neben der Darstellung der politischen Lage die Modekarikatur und die galante Szene. Auch die Revolution wurde in diesen Kalendern verherrlicht; so dienten sie vielfach als politisches Pro pagandamittel. Die illustrierten Wandkalender verschwanden auch in Deutsch land, um später in Gestalt der Almanache ihre Auferstehung zu feiern. In den ersten siebzig Jahren des neunzehnten Jahrhunderts ist in Deutschland nur wenig Künstlerisches herausgekommen; die damaligen Künstler wollten ihre Kunst nicht -profanieren-. Eine besondre Bedeutung in künstlerischer sowie in litera rischer Beziehung hatten die seit der zweiten Hälfte des acht zehnten Jahrhunderts herausgegebenen Almanache, in denen auch Schiller und Goethe ihre Erstlingswerke veröffentlichten und die von Chodowiecki, Meil, Ramberg, Hosemann, Ludwig Richter und andern Abbildungen enthielten. Sie erlangten große Ver breitung, und eine Fülle feiner Kunst ist darin enthalten. Es ist dies aber keine Kalenderkunst im eigentlichen Sinne; denn diese Bilder hätten auch in andern Büchern veröffentlicht werden
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