Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.12.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 08.12.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19031208
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190312082
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19031208
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1903
- Monat1903-12
- Tag1903-12-08
- Monat1903-12
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
10214 Nichtamtlicher Teil. 284, 8. Dezember 1903. tracht kommenden Verhältnissen nicht so unbedeutend waren, Klage geführt und lieber auf die Versorgung dort verzichtet. Ich denke doch, daß es manche Buchhändler kleiner Orte ernst nehmen mit ihren Aufgaben (Unmögliches darf von ihnen in Hinblick auf den begrenzten Abnehmer kreis nicht verlangt werden), die wirklich tätig und willig sind, sich aber nicht gern die Früchte ihrer Arbeit von Unbe rufenen verkümmern lassen. Leider, wie wir erfahren haben, sind sie ja auch ohne ihr Zutun zu einer Buchhandlung gelangt, der »unproduktive Arbeit und Zeitaufwand erspart bleibt«. Ich will es Herrn Streller gar nicht verübeln, wenn er an einem Orte, der sonst buchhändlerisch gut versorgt ist, sich die größte Mühe gibt, den Bedarf eines Buchbinders, der mal auffallend geringer wurde, wieder auf die frühere Höhe zu bringen. Mich auf Einzelfälle (weil zu persönlich) einzu lassen (obgleich sie sehr lehrreich sind und beweisen, auf welche Weise und unter welchen Einflüssen es gemacht wird, daß Schulbücher nicht beim Buchhändler gekauft werden, der doch, er glaubt es wenigstens, sonst kein ungefälliger und unaufmerksamer Mann ist), mag hier unterbleiben. Es mehren sich ja gottlob die Verleger, die solche Zersplitterung, von der jeden Tag das Börsenblatt einen neuen Beweis liefert, nicht weiter um sich greifen lassen, sondern einschränken wollen. Uns Sortimentern, die wir in kleinen Orten mehr noch darauf angewiesen sind, daß unsre als Zwischenglied nun einmal nicht zu entbehrende Verkaufsstelle leistungsfähig erhalten bleibe, können allen Maßnahmen, die von Firmen jetzt beliebt sind, um Leistung und Gegenleistung ins richtige Verhältnis zu bringen, ruhig und mit Genugtuung entgegensetzen; eine festere Verbindung zwischen Verleger und Sortimenter wird beiden Teilen nur zum Vorteil gereichen. Oldesloe, 6. Dezember 1903. L. H. Meyer. Wiener brief. VI.*) Der Fall Dippold und der Buchhandel. — Die Schaufenster. — Sonntagsruhe. — Bilse in Wien. So wenig die Affäre des kürzlich wegen Totprügelns seines Schülers verurteilten Hauslehrers mit dem Buchhandel zu tun haben mag, so sind doch beide von einem Berliner Blatte in Zusammenhang gebracht worden, und neulich war wieder eine solche Zusammenstellung in der Neuen Freien Presse zu lesen. Unter dem Pseudonym Thomas pflegt am Sonntag ein bekannter Wiener Schriftsteller in der Neuen Freien Presse Gespräche mit hervorragenden Fach leuten über Tagesfragen und interessante Tagesereignisse zu veröffentlichen. Da war es nun letzthin die Affäre Dippold, über die im Zusammenhang mit häuslicher und Schul erziehung, Stadt- und Landgymnasium, Konvikt usw. die Ansichten des Unterrichtsministers und andrer Größen der Pädagogik veröffentlicht wurden. Während die Äußerungen des Unterichtsministers in den Worten gipfelten: »Ich kann nur wiederholen, daß der Vater der naturgemäße und richtige Erzieher des Sohnes ist«, sprach sich der Referent für Mittelschulwesen im Unter richtsministerium Hofrat Huemer über das Gymnasialstudium in Großstädten folgendermaßen aus: »Man sollte die Ge fahren der Straße nicht unterschätzen. Was sieht man in den Auslagen der Buchhändler für schandvolle Literatur, die mit Bildern und Anpreisungen lockt und verwirrt!« Ein noch weit schärferer Angriff auf den Buchhandel wurde im niederösterreichischen Landtag von einem Abgeord neten unternommen, indem er die starke Inanspruchnahme der *) V in Nr. 202 d. Bl. Landesarmen-Institute durch einen kühnen Gedankensprung als eine Folge der in den Schaufenstern der Buchhandlungen ausgelegten Werke hinstellte. Der Grundgedanke der komisch wirkenden, aber durchaus nicht unbedenklichen Kapuziner predigt war ungefähr der: die unsittliche, moderne Literatur korrumpiert den Charakter der Jugend, macht die Heran wachsenden wirtschaftlich unfähig und ist die wichtigste Ur sache, daß so viele die Hilfe der Wohltätigkeits-Institute des Landes anrufen müssen. Die Tatsache, daß die Schaufenster mancher Buchhändler mit Werken über Flagellantismus, Sadismus, Masochis mus usw. vollgepfropft sind, läßt sich nicht in Abrede stellen; selbstverständlich gestattet die Überflutung des Büchermarkts mit derartigen Erzeugnissen gar keinen Rückschluß aus die Neigungen der Buchhändler, sondern auf die des Publikums; elfterer verkauft ja nicht, was ihm, sondern was dem Publikum gefällt. Es wäre zu verwundern, wenn sich nicht auch in diesem Fall Heilkünstler fänden, die, statt die Krankheit zu behandeln, die Symptome aus der Welt schaffen wollten. Die besonnenen Führer der Bewegung gegen den Alkohol wenden sich weder gegen die großen Spiritusfabrikanten, noch gegen den kleinen Branntweinschänker — elfterer spottet in seinem Machtbewußtsein des Angriffs, letzterer ist eher ein Objekt des Mitleids — sondern sie suchen einerseits in Wort und Schrift ihre Ansicht über die Schädlichkeit des Alkohols unter die Menge zu bringen, anderseits sorgen sie für die Herstellung unschädlicher Getränke. — Gegen das Überhandnehmen der pornographischen Literatur gibt es im Bereich des Buchhandels kein tauglicheres Mittel als die Verbreitung gediegener wohlfeiler Volksschriften. * -t- Die von verschiedenen Seiten heftig belagerte Festung mußte sich endlich ergeben. Mochten die Beweggründe und die Angriffstaktik der christlichsozialen und der sozialdemo kratischen Partei auch noch so verschieden sein: ihr Ziel war gemeinsam: vollständige Sonntagsruhe. Die Regierung hatte schrittweise nachgegeben, und zu schwüler Hochsommerzeit erschien die Verordnung des Statthalters von Niederösterreich, die das Ruhen der Arbeit in den Verkaufsräumen und Kontoren der Handelsbetriebe an allen Sonntagen des Jahres — mit Ausnahme der Sonntage vor dem Weih nacht^ und Neujahrstage — gesetzlich festlegt. Die Gründe, die die Anhänger der Sonntagsarbeit im Buchhandel bei frühem Verhandlungen ins Treffen führten, sind offenbar zu leicht befunden worden, beschränkten sie sich doch haupt sächlich auf die traurigen Folgen des Ladenschlusses, daß z. B. ein am Sonntag ankommender Fremdling nicht in der Lage wäre, einen Plan von Wien (ca. 60 Heller ord.) in einer Buchhandlung zu erstehen. Die Mehrzahl der Firmeninhaber dürfte sich mit der Verordnung gern zufrieden geben, hatte doch in der Regel der einzelne nur der Konkurrenz halber am Sonntag geöffnet gehalten. Die in Wien mächtig aufstrebende Bewegung zur Förde rung der Volksbildung, die Veranstaltung von Sonntags- Vorlesungen, die Führungen in Museen u. dergl. geben der bildungsdurstigen kaufmännischen Jugend die Möglichkeit zu zweckmäßiger Verwendung der freien Sonntagsstunden. Wenn ich das in hoffnungsgrünem Umschlag erschienene Heftchen »Fortbildungsgelegenheiten für Buchhändler, zusammengestellt vom »Krebs« in Berlin«, durchblättere und darin die Vor trags-Reihe für Buchhändler, veranstaltet von der Kor poration Berliner Buchhändler, sowie jene vom »Krebs« über Bibliographie und Bibliothekslehre erblicke, so muß ich zur Steuer der Wahrheit erklären: in diesem Punkte sind sie uns in Berlin »über!« * * *
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder