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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.06.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.06.1907
- Sprache
- Deutsch
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- LDP: Zeitungen
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19070613
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Nichtamtlicher Teil Vertragsgemäße Beschaffenheit eines Verlagswerks. In Z 31 des Verlagsgesetzes ist dem Verleger ein Rücktrittsrecht mit Rücksicht auf die Beschaffenheit des Werks eingeräumt, wenn diese nicht die vertragsgemäße ist; die Vorschrift bestimmt nämlich, daß die Bestimmungen des Z 30 entsprechende Anwendung finden, wenn das Werk nicht von vertragsmäßiger Beschaffenheit ist Beruht der Mangel auf einem Umstand, den der Verfasser zu vertreten hat, so kann der Verleger statt des in Z 30 vorgesehenen Rücktrittsrechts den Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung geltend machen. Über die Auffassung des Begriffs »vertragsmäßige Beschaffenheit« hat schon bei der Entstehung des Gesetzes innerhalb der beteiligten Kreise ein gewisser Meinungs zwiespalt bestanden, der auch in den Beratungen der Reichstagskommission zum Ausdruck gekommen ist. Auch heute besteht dieser noch, und die Rechtsprechung ist noch nicht in der Lage gewesen sich mit seiner Erledigung in erheblicherem Umfang zu befassen. Es handelt sich ins besondre darum, ob aus dem Rücktrittsrecht des Verlegers ein zwar nur mittelbares, darum aber nicht minder wirksames Prüfungsrecht desselben hinsichtlich Form und Inhalt des Verlagsgegenstandes abgeleitet werden kann, oder ob es dem Gesetzgeber ferngelegen hat, die Rechte des Verlegers dem Urheber gegenüber in diesem Umfang zu erweitern. In den Verhandlungen der Reichstagskommisston über das Verlagsgesetz fand sich Gelegenheit, auf die Frage ein zugehen. Der Regierungskommissar stellte fest, daß die Kommission und die Vertreter des Bundesrats darin einig seien, daß der Ausdruck »vertragsmäßige Beschaffenheit« nur insoweit auf den Inhalt des Werks sich beziehe, als die planmäßige Abfassung des Werks darunter begriffen werde, daß aber selbstverständlich, soweit über Inhalt und Eigen schaften des Werks besondere Vereinbarungen nicht getroffen seien, das Werk wegen seines Inhalts von dem Verleger nicht beanstandet werden könne. In der Hauptsache wird man dieser Behauptung zustimmen können; immerhin kann nicht verkannt werden, daß, wenn diese wörtlich und im engsten Sinne veistanden werden sollte, das dem Verleger zustehende Recht in etwas weitergehendem Maße beschränkt wäre, als es den Gepflogenheiten im Buchhandel entspricht, die inso weit auch vollkommen berechtigt sind. Der Fall, daß das Werk nach einem von dem Verleger aufgestellten Plan hergestellt worden ist, scheidet bei der gegenwärtigen Erörterung aus und bedarf einer weitern Be handlung nicht, da es selbstverständlich ist und auch von den jenigen, die ein Prüfungsrecht des Verlegers hinsichtlich des Inhalts des Werks im allgemeinen nicht zugeben, nicht be stritten wird, daß unter dieser Voraussetzung der Begriff der vertragsmäßigen Beschaffenheit seinen Inhalt aus dem auf gestellten Plan erhält. Allein auch in den übrigen Fällen kann dem Verleger nicht das Recht abgesprochen werden, unter besonderen Umständen auch wegen des Inhalts des Werks die in ZZ 30 und 31 bezeichneten Rechte auszuüben. Es ist nicht bestreitbar und wird auch nicht bestritten, daß auch bezüglich der Frage der vertragsmäßigen Beschaffenheit der Vertrag mit Rücksicht auf Treu und Glauben und die maßgeblichen Verkehrsanschauungen aufgefaßt und ausgelegt werden muß. Daraus folgt, daß, wenn der Vertrag, wie dies wohl regelmäßig der Fall ist, in Ansehung des Inhalts des Werks detaillierte Vorschriften enthält, gleichwohl der Verleger von dem Vertrag zurücktreten kann, wenn der Jn- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. halt nicht ein derartiger ist, daß er als vertragsmäßiger in dem soeben bezeichneten Sinne erscheint. Wollte man dies nicht zugeben, so würde man dem Verleger auch das Rück trittsrecht versagen müssen, falls das Werk sich als eine un züchtige Schrift im Sinne des Strafgesetzbuchs erweist, während doch kein Zweifel darüber vorhanden ist, noch vor handen sein kann, daß, sofern der Inhalt des Werks sei es mit den Gesetzen, sei es mit den guten Sitten in Widerspruch steht, der Rücktritt des Verlegers berechtigt ist; der Verleger setzt sich ja selbst der Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung aus, wenn er wissentlich ein Werk strafbaren Inhalts veröffentlicht. Aber man wird noch weiter gehen und dem Verleger das Rücktrittsrecht wegen des Inhalts des Werks unter Umständen auch dann einräumen müssen, wenn dieser weder gegen das Gesetz noch auch gegen die guten Sitten verstößt. Allerdings find die Fälle, in denen auch unter dieser Voraussetzung von dem Rücktrittsrecht Ge brauch gemacht werden darf, nicht zahlreich, und die Recht sprechung hat um so mehr Anlaß, sich einer recht strengen Auslegung hierbei zu befleißigen, als sonst mit der Möglich keit gerechnet werden müßte, daß Konjunkturänderungen zur Rechtfertigung des Rücktrittsrechts dienen würden; anderseits aber ist an sich die Existenz des Rücktrittsrechts innerhalb eines über die angegebenen Begriffe hinausgehenden Rahmens unter besonderen Umständen nicht zn bezweifeln. Dem Verfasser lag vor kurzem folgender Fall zur Begutachtung vor. Ein Verlag, dessen Richtung sich durch die Herausgabe von Werken kennzeichnet, die auf einem streng kirchlichen Standpunkt stehen und auch in der Be handlung sexueller Fragen den Anschauungen der Moderne schärfstens entgegentreten, hatte mit einem noch ziemlich unbekannten Schriftsteller einen Verlagsvertrag über die Abfassung einer gemeinverständlichen Darstellung der Ethik geschlossen. Über den Inhalt des Werks wurde weiter nichts gesagt, als daß es in möglichst verständlicher Schreib und Darstellungsweise die verschiedenen Fragen nach Kapiteln und Unterkapiteln behandeln solle. Als das Manuskript zur Ablieferung kam, überzeugte sich der Verleger, daß der Verfasser sich den Anschauungen der modernsten Richtung in bezug auf die sexuellen Fragen angeschlossen hatte. Zwar war die Behandlung eine durchaus dem Gegenstand an gemessene, vornehin sachliche und von jeder Frivolität freie, aber sie machte sich zur fanatischen Vertreterin der so genannten neuen Sexualethik und paßte absolut nicht in den Rahmen des Verlags. Der Verleger erklärte seinen Rücktritt von dem Vertrag, weil das Werk nicht von ver tragsmäßiger Beschaffenheit sei. Obwohl nun ohne Zweifel dem Verleger das Erscheinen dieses Werkes in seinem Verlag wesentlichen Nachteil zu gefügt hätte, konnte gleichwohl der Rücktritt nicht als be rechtigt erachtet werden. Auch unter weitgehender Ver wertung der vorhin bezeichneten Direktive ließ sich von einer vertragswidrigen Beschaffenheit nicht reden; der Umstand allein, daß dem Verfasser die Richtung des Verlags nicht unbekannt war, bot noch keine Handhabe zu der Annahme, daß der Inhalt eine vertragsmäßige Beschaffenheit nicht auf weise, da, wenn man sich einmal auf den Standpunkt stellt, daß die neue Sexualethik an sich eine nicht schlechthin zu verwerfende sei, die Behandlung des Gegenstands zu keinen Ausstellungen Anlaß geben konnte Der Verleger entschloß sich denn auch, die Differenz mit dem Verfasser durch Zah lung einer Entschädigung zu regeln; die richterliche Entschei dung würde nicht zu seinen Gunsten ausgefallen sein. Wäre das Werk hingegen zum Schulgebrauch bestimmt gewesen, so würde der Rücktritt berechtigt gewesen sein; denn 787
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