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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.12.1903
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- Erscheinungsdatum
- 18.12.1903
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- Deutsch
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10522 Nichtamtlicher Teil. »V 293, 18. Dezember 1803. Das deutsch-amerikanische Abkommen betreffend Schutz literarischer rr. Werke vom 16. Januar 1892 mutz gekündigt werden! Wer bisher noch nicht die unwürdige Rolle empfunden haben sollte, die wir Deutschen in diesem Abkommen spielen, in dem alle Rechte den Amerikanern zufallen, alle Pflichten uns Deutschen auferlegt werden, dem kann jetzt der in Nr. 287 des Börsenblatts am 11. d. M. veröffentlichte Notenwechsel zwischen dem Auswärtigen Amte und der Bot schaft der französischen Republik am 2. Juni und 13. Juli d. I. die Augen öffnen. Beim Abschluß des deutsch-amerikanischen Abkommens hat wohl niemand daran gedacht, den Amerikanern, die die Werke unsrer Autoren als vogelfreies Gut anzusehen das ge setzliche Recht haben, in Deutschland einen größern Schutz für ihre eigenen Werke zu bewilligen, als denjenigen, den wir zivilisierten Nationen, die bez. des literarischen Schutzes im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, einräumen. Auch bei der Re vision unsrer deutschen Urheberrechtsgesetzgebung, die in dem Ge setz vom 19. Juni 1901 ihren Abschluß fand, hat vielleicht noch niemand daran gedacht, welche Folgen dieses Gesetz auf unser prächtiges Abkommen mit den Jankees haben würde. Ich glaube, daß ich es gewesen bin, der zuerst auf diese unge wollte Ausdehnung des Schutzes der amerikanischen Autoren hingewiesen hat*), trotzdem der damals an dieser Stelle ver öffentlichte Artikel monatelang bei der Deutschen Juristen zeitung gelegen hatte, die ihn schließlich »wegen Raum mangels« zurücksandte. Der Artikel ist zum Ausgangspunkt der Bewegung gegen das unwürdige Abkommen geworden. Nun wohl! Durch diesen sonderbaren »Vertrag« sind wir nicht allein den Händen der Amerikaner ausgeliefert worden, sondern er zieht auch noch andre Folgen nach sich. Vor Abschluß der Berner Literar - Konvention vom 9. Sep tember 1886 hat das Deutsche Reich in den Jahren 1883 und 84 mit Belgien, Frankreich und Italien ziemlich gleich lautende Übereinkünfte betreffend den Schutz von Werken der Literatur und Kunst abgeschlossen, die noch nicht, wie der alte Vertrag mit Großbritannien, gekündigt sind und deren Artikel 16 lautet: »Die vertragschließenden Teile sind darüber einver standen, daß jeder weitergehende Vorteil oder Vorzug, welcher künftighin von seiten eines derselben einer dritten Macht in bezug auf die in der gegenwärtigen Überein kunft vereinbarten Punkte eingeräumt wird, unter der Voraussetzung der Reziprozität den Urhebern des andern Landes oder deren Rechtsnachfolgern ohne weiteres zu statten kommen soll.« Dieses Artikels hat sich angesichts unsers veränderten Verhältnisses zu Amerika, das sich lediglich durch die Ab änderung unsrer Urheberrechtsgesetzgebung gebildet hat, nun Frankreich erinnert. Durch den französischen Botschafter in Berlin hat Frankreich schon unterm 2. Juni d. I. an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes das Verlangen stellen lassen, daß den französischen Urhebern gegen Gewährung der gleichen Behandlung der deutschen Urheber in Frankreich der selbe Schutz zuerkannt werde, den die Amerikaner in Deutsch land genießen. Selbstverständlich mußte das Deutsche Reich angesichts der Sachlage diesem Verlangen nachgeben, wie es auch bei den gleichen Ansprüchen den Staaten Belgien und Italien willfahren müßte, wenn es diesen Staaten einfallen *) Diese Vermutung trifft zu. (Vgl. Börsenblatt Nr. 63 vom 18. März 1902). Red. sollte, das gleiche Verlangen zu stellen und Reziprozität zu zusichern. Es handelt sich, um es hier kurz noch einmal zu wiederholen, um die Ausdehnung des Schutzes gegen Übersetzung. Die Berner Konvention hat den Stand punkt eingenommen,, daß die Völker sich in geistiger Beziehung nicht gegenseitig von einander abschließen sollen, sondern daß das geistige Leben der Menschheit keine Grenze und keine Zollschranke, aber auch keinen Nationalitätenhaß kennen dürfe. Es sollte deshalb un möglich gemacht werden, daß ein Land sich von dem andern in geistiger Beziehung absperre. Im Interesse der Gesamt kultur sollte jedes Volk ein Recht haben, von dem Geistes leben des andern Kenntnis zu erhalten, und deshalb mußte es verhindert werden, daß einzelne Schriftsteller die Kenntnis nahme ihrer Werke einer Nation durch Verweigerung der Übersetzungsberechtigung, sei es aus nationaler Abneigung, sei es aus sonstigen Gründen, vorenthalte. Die ganze Urheberrechtsgesetzgebung durchzieht der Gedanke, daß das Interesse der Allgemeinheit an der Kenntnis großer Geistes taten dem Recht des einzelnen voranzustellen sei, ein Ge danke, der durch die zeitliche Beschränkung des Urheberschutzes zum Ausdruck kommt. Demselben Gedanken liegt auch die Bestimmung der Berner Konvention zugrunde, daß Werke des Auslands, deren Verfasser innerhalb zehn Jahren eine Übersetzung nicht veranlaßt oder autorisiert haben, in die betreffende Sprache frei übersetzt werden dürfen. Diese Bestimmung ist nun in unserm Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, ich darf wohl sagen, ohne unser Wissen und Wollen aufgehoben worden. Denn für so verblendet halte ich unsre Reichsregierung nicht, daß sie wissentlich einem Lande, mit dem uns ein solch entwürdigender Vertrag verbindet, noch besondere und weitergehende Begünstigungen bewilligt haben würde, als wir sie andern Ländern gewähren, die in einem ehrlichen Gegenseitigkeitsverhältnis zu uns stehen. Und da ergibt sich denn nun die Form, daß wir Deutschen jetzt sogar unsern eignen Willen auf opfern müssen, weil wir unbewußt und ungewollt einem Volke Bewilligungen gemacht haben, die wir mit Wissen und Wollen ihm niemals gewährt haben würden! Wir werden jetzt gar nicht mehr gefragt, ob wir Frankreich, Belgien und Italien den weitestgehenden und mit dem Interesse der Nation unvereinbaren Übersetzungsschutz gewähren wollen oder nicht. Es steht einfach bei diesen Ländern, ob sie uns dazu zwingen wollen oder nicht! Und in diesen unwürdigen Zustand sind wir ganz willenlos hineinversetzt worden, weil wir mit einem Staate, der sich dem Schutz des Urheberrechts konsequent widersetzt, vor elf Jahren ein die deutsche Nation beleidigendes Abkommen ge troffen haben! Welche Ereignisse müssen denn noch eintreten, um unsre Regierung zur Kündigung dieses Abkommens zu veranlassen? Gibt es denn nvch etwas Widersinnigeres, Entwürdigenderes, als die Ver hältnisse, in die wir neuerdings widerwillig hineingeraten sind? Wie lange noch will sich das Deutsche Reich am Narrenseil der Pankees leiten lassen? Zeigt die Zurückhaltung, die die deutsche Industrie und das Buch gewerbe der Ausstellung in St. Louis gegenüber beobachtet, nicht deutlich die Mißstimmung, in die das deutsche Volk durch die Mißachtung und Schutzlosigkeit seiner geistigen Werke hineingeraten mußte? Und unsre Re gierung schweigt angesichts all dieser Tatsachen weiter! Weiß sie vielleicht ein anderes Mittel, uns aus diesem Abhängigkeitsverhältnis zu befreien, als die Kündigung dieses schon viel zu alt gewordenen Vertrags als ersten
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