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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.02.1908
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 26.02.1908
- Sprache
- Deutsch
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2316 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 4?, 26. Februar 1908. Publikums, sondern an ganz andern Ursachen, an Mangel an Geld, Zeit oder Verständnis, auch an der Art, wie ein Buch dem Publikum angeboten wird«. Mir erscheint die ganze Frage nicht so kompliziert. Über produktion, über deren Vorhandensein im Buchhandel wohl nicht ernstlich gestritten werden kann, tritt ein, wenn die Konsumtion hinter der Produktion zurückbleibt. Die Gründe dafür können, was das Buch betrifft, dreierlei sein: 1. Mangel an Bekanntmachung; der eventuelle Interessent erfährt nichts von dem Buche, das er anzuschaffen bereit wäre (ein Fall, der nicht zu umgehen ist, weil die Kosten der Reklame in einem Mißverhältnis zum Erfolge stehen würden); 2. Mangel an Kaufkraft, da ein Teil des Publikums dringendere Auslagen für Nahrung, Wohnung und Kleidung hat (oft ist es gerade der lese- und bildungsdurstige Teil); 3. Mangel an Kauflust (eventuell an geistigem Ver ständnis oder geistiger Reife; so blieben Schopenhauers Werke viele Jahre lang in den Kellern der Verlagsfirma liegen, bis das Publikum an dieser philosophischen Richtung Interesse fand. Doch möge sich nicht jeder Verleger bei einer miß glückten Spekulation über Mangel an Verständnis des Publikums beklagen und Schopenhauer als Beispiel anführen!) Prager setzt sehr geistreich den Unterschied zwischen dem Buche und andern Waren auseinander und fährt dann fort Seite 43: »Ein weiterer Unterschied liegt darin, daß der Interessent den Gebrauchswert eines Buches erst nach eingehendster Prüfung ermitteln kann, während bei den meisten andern Waren ein Blick genügt oder eine Probe, um den Interessenten erkennen zu lassen, ob die Ware zu dem Gebrauch, den er von ihr machen will, tauglich ist«. Das scheint mir nicht ganz zu stimmen. Auch die er fahrenste Hausfrau wird im vorhinein nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob der Seidenstoff, den sie im Vertrauen auf die Solidität des Händlers kauft, ihren Wünschen in bezug auf Haltbarkeit der Farbe, Dauerhaftigkeit usw. entsprechen wird; aber jeder einigermaßen versierte Bücherkäufer weiß ziemlich genau, was er von einem neuen Buche von Mach, Wundt oder Philippovich zu erwarten hat; er weiß dies, unter uns gesagt, viel besser als der Buchhändler, während der Verkäufer des Seidenstoffes oder der Tapete die Qualität und den Gebrauchswert seiner Ware in der Regel sehr gründlich kennt. Bei der Besprechung des Reisebuchhandels läßt sich Prager von seinem Temperament zu Äußerungen und zu Schlüssen Hinreißen, die schwer zu begründen wären. Auf Seite 97 heißt es: »Man kann sagen, daß große Werke, wie Konversations- Lexika, in der tatsächlichen Ausstattung und zu diesem Preise nur bei einem Absatz möglich sind, wie ihn der Reisebuchhandel ermöglicht.« Nun sollte man meinen, würde es heißen: also ist der Reisebuchhandel wirtschaftlich begründet. Prager fährt aber so fort: »Freilich, ob dieser Raubbau sich noch lange lohnen wird — wer kann es sagen?« Weshalb Raubbau? Es heißt dann weiter: »Tatsache ist, daß die Schädigung des Sortiments nicht darin liegt, daß ihm der Verkauf eines Werkes entgeht, das es ja gar nicht verkauft haben würde, sondern daß die Kaufkraft eines Käufers durch den Kauf eines solchen Werkes auf Jahre hinaus brachgelegt wird.« Die Kaufkraft eines Käufers? Ja, wäre er ohne den Reisebuchhändler, ohne den zungengewandten Agenten sicher ein Käufer geworden? Nehmen wir den Fall an, ein Reise buchhändler verkauft einem Lehrer oder Beamten Klassiker gegen monatliche Teilzahlungen. Ist es sicher, ja ist es auch nur wahrscheinlich, daß dieser Absatz ohne den Reisebuchhandel erzielt worden wäre? Und wird nicht in vielen Fällen die Freude an Büchern erst durch ein solches Geschäft beim Be- tellcr geweckt, und wird der Käufer nicht oft in der Zukunft ein ständiger Kunde beim— Sortiment? Die ganze Opposition gegen den Reisebuchhandel erinnert an den Mann, der dem Hungernden nichts zu essen geben will, damit dieser nicht den schönen Appetit verliere! Eine ebenso oppositionelle Haltung nimmt Prager dem Warenhausbuchhandel gegenüber ein. Auf Seite 101 heißt es: »Ob aber die Schädigungen, die der Warenhausbuch handel dem Verlag wie dem Sortiment zufügt, sich mit der Zeit nicht so potenzieren werden, daß sie den Bestand des Buchhandels in seiner jetzigen Form in Frage stellen werden, muß die Zeit lehren« und zum Schluß des Buchs kommt Prager nochmals auf seine Anklagen zurück: (Seite 188.) »Mit welcher Findigkeit die Waren häuser die schwachen Seiten des Buchhandels zu treffen wissen, und wie sie bemüht sind, dem Buchhandel ein Stück seines Betriebs nach dem andern zu entreißen, be weist die Angliederung der Leihbibliothek an den Waren hausbuchhandel.« Ob Prager diese Gefahr nicht arg überschätzt, ob seine Kassandrarufe berechtigt sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Wir haben in Österreich zufolge des Konzessionszwangs keinen Warenhausbuchhandel; aber es scheint mir, daß dem Warenhause große Gebiete des Buchhandels verschlossen sind und daß es mindestens für lange Zeit hinaus nicht geeignet ist, die literarischen Bedürfnisse der Gebildeten und Gelehrten zu befriedigen. In dem Kapitel über die Zeitungen heißt es auf Seite 141: »Die in diesem Jahre (1848) in Wien gegründete »Freie Presse« hat diese Zeit überlebt und gehört noch heute zu den tonangebenden Blättern. Aus ihr hervor gegangen ist im Jahre 1864 die »Neue Freie Presse«, die es verstand, ebenfalls einen großen Leserkreis zu ge winnen.« Hier liegt ein Irrtum vor. Tatsächlich verhält sich die Sache so: Eine Zeitung mit dem Titel »Freie Presse« gab es in Wien nie und gibt es auch heute nicht. Die »Presse« wurde im Jahre 1848 von August Zang gegründet. Im Jahre 1864 trennten sich von ihr die Redakteure Friedländer und Etienne und begründeten die »Neue Freie Presse«, das derzeitige Hauptorgan der Deutsch- Liberalen in Österreich. Die »Presse« hat bereits vor einer Reihe von Jahren ihr Erscheinen eingestellt Auf Seite 142 findet sich der übliche Angriff gegen die Zeitungen, die angeblich eine »ernstliche Gefahr für das Buch« sind. Gewiß läßt sich nicht leugnen, daß unsre reich haltigen Tagesblätter mit ihrer Fülle an politischem, lite rarischem und belletristischem Inhalt manche Stunde, die einem Buch gewidmet werden könnte, wegnehmen; aber es sollte doch auch der günstige Einfluß, den die Zeitungen auf den Bücherabsatz nehmen, nicht unberücksichtigt gelassen werden. Acht Stunden, nachdem die Uraufführung eines Dramas in einem Berliner Theater vor sich gegangen ist, erfahren die Zeitungsleser aller deutschen Städte beim Früh stück, welchen Erfolg die Vorstellung gehabt hat, und — die Nachfrage nach dem Buch stellt sich mit einem Schlage ein, spontan und ohne irgendwelche Bemühung des Sortiments. Wer die Zeitungen aus der Welt schaffen will, hat ungefähr denselben Gedankengang wie mein Freund, der gute alte Dienstmann an der Straßenecke, der mir einmal seines Herzens Sehnsucht mitteilte: »Wenn wir Dienstmänner nur
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