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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.03.1907
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.03.1907
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- Deutsch
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Zss 55, 7. März 1907. Nichtamtlicher Teil. »örsonblatt f. d Ktschn. Duchh«ndcl 3545 halten; er kann nicht Einzelteile desselben als nicht existierend betrachten. Allerdings sind Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, nach tz 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nichtig; aber eine einzelne, übrigens durch den Verkehrs gebrauch sanktionierte Wendung eines Vertrags kann der Richter nie und nimmermehr als nichtig erklären, weil sie eventuell von einem unehrlichen Kontrahenten mißbraucht werden könnte. (Vgl. M 138 bis 144 B.G.-B.) Nicht jeder Vertrag, aus dem sich für den einen Teil erheblich größere Vorteile ergeben, ist unmoralisch; denn es ist auch zu erwägen, worin die Absichten der Kontrahenten bei Ver tragsschluß bestanden, wer von beiden das größere Risiko übernahm, usw. Das würde wohl etwas zu weit führen, wenn der Richter jeden Vertrag, der dem einen Teil größere Vorteile eingetragen hat, als unmoralisch ganz oder teilweise aufheben wollte. Der unlauteren Aus legung von Verträgen hat der Gesetzgeber im übrigen schon einen Riegel vorgeschoben; »Verträge sind so auszu legen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Ver kehrssitte es erfordern« (Z 157 B.G.-B.). Wo also das Gesetz versagt, ist der Richter an den Verkehrsgebrauch gebunden; in zweifelhaften Fällen haben die Sachverständigen zu ent- scheiden, was als Verkehrssitte und was als Mißbrauch zu betrachten ist. Indessen kann ich überhaupt nicht zugeben, daß die wegen ihrer Kürze beliebte Wendung »mit allen Rechten« zu Mißverständnissen und Mißdeutungen Veranlassung zu geben geeignet ist. Wenn z. B. Herr Blüthgen vermutet, ein Verleger könne aus dieser Klausel das Recht herleiten, das Werk mit einem andern Autornamen zu versehen, oder das Manuskript zu vernichten, so schwebt diese Auffassung vollkommen in der Lust. Denn das würde ebensosehr dem Urheberrechtsgesetz wie dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Der Schriftsteller überläßt sein Werk dem Verleger, damit dieser es verlege, d. h. in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Weise vervielfältige und verbreite — also nicht, damit er es vernichte oder den Autor seines Namens, der ihm gebührenden Ehren usw. beraube. Wenn der Ausdruck »mit allen Rechten« in einem Ver lagsvertrag angewendet wird, so können nur die Rechte ge meint sein, die den Verfasser mit seinem Werk verknüpfen; das sind die Urheberrechte. Wer sein Werk einem Verleger »mit allen Rechten« verkauft, überträgt diesem die Urheber rechte; denn er kann seinem Kontrahenten eben nur die Rechte übertragen, die er selbst besitzt. Was bestimmt nun das Urheberrechtsgesetz für den Fall der Übertragung von Urheberrechten? Und in welcher Weise erfolgt die Übertragung dieser Rechte? Die übliche Form für die Übertragung von Urheberrechten bildet der Verlagsvertrag. Durch diesen kann aber ebensowohl eine beschränkte wie eine unbeschränkte Übertragung der Rechte erfolgen. Wenn nicht unbeschränkte Übertragung ausdrücklich vereinbart wird, so ist nach Z 5 des Verlagsgesetzes beschränkte Übertragung vorauszusetzen. Denn es heißt dort: »Der Verleger ist nur zu einer Auflage berechtigt. — Ist die Zahl der Abzüge nicht bestimmt, so ist der Verleger berechtigt, 1000 Abzüge herzustellen.« Also — muß unbeschränkte Übertragung vereinbart werden; und das eben ist die Übertragung »mit allen Rechten«. Wer mithin ein Werk mit allen Rechten erworben hat, genießt das ausschließliche Recht, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, und zwar in einer beliebigen Zahl von Auflagen und Exemplaren. Neben dem Verleger besitzt in diesem Fall weder der Autor, noch sonst jemand das Recht, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. Nach Z 12 des Urheberrechtsgesetzes besitzt aber der Ver- Börsenblatt für den Deutschen R'ichhandel. 74. Jahrgang. fasser noch weitere Rechte, z. B. das Recht der Bearbeitung, der Übersetzung, Dramatisierung rc. Gehen diese Rechte auch an den Verleger über, wenn die Übertragung des Werks »mit allen Rechten« erfolgt? — Nein! Denn das sind nicht Rechte, die mit dem Werk selbst verknüpft sind, sondern Privilegien des Verfassers zur Herstellung anders gearteter Werke aus demselben Stoff. Diese »ausschließlichen Befug nisse« verbleiben, soweit nicht ein andres vereinbart ist, »im Fall der Übertragung des Urheberrechts« nach tz 14 des Ur heberrechtsgesetzes dem Urheber. Hierbei ist es also gleichgültig, ob eine beschränkte oder unbeschränkte Übertragung des Ur heberrechts erfolgt. Der Gesetzgeber ist hier sehr gründlich, logisch und ge recht verfahren. Die Vorrechte zur Übersetzung, Dramati sierung usw. sollen nicht durch Verkauf des Werkes still schweigend auf den Käufer übergehen. Das Privilegium zur Übersetzung und Dramatisierung ist ein ganz anders ge artetes Recht als das Recht zur mechanischen Vervielfältigung und Verbreitung eines Werkes; es muß deshalb ausdrücklich veräußert werden. Wenn also ein Verleger auch das Recht zur Übersetzung und Dramatisierung eines Romans kaufen will, so muß er in den Vertrag hineinschreiben: »Die Ver lagshandlung erwirbt den Roman zum Zwecke der Verviel fältigung und Verbreitung mit allen Rechten und außer dem das Recht zur Übersetzung und Dramatisierung«. Tut er das nicht und läßt er dennoch das Werk übersetzen und dramatisieren, so verstößt er gegen ZZ 12, 15 und 18 des Urheberrechtsgesetzes und macht sich strafbar. Voigtländer bemerkt in seinem Kommentar kurz und treffend zu Z 14: »Nur ist hier darauf hinzuweisen, daß bei Übertragung des gesamten Urheberrechts fortan, im Gegen satz zu dem bisherigen Gebrauche, die in den ZK 12 bis 14 aufgeführten Befugnisse des Ürhebers ausdrücklich im Vertrage als mitabgetreten aufgeführt werden müssen. »Im Zweifel« verbleiben sie dem Ürheber; das vermeintlich unbeschränkt erworbene Urheberrecht ist doch beschränkt.« Ich glaube nun, dieser Punkt ist hinlänglich geklärt. Aber noch ein andrer gibt häufig zu Differenzen Veran lassung. Viele Verleger meinen, daß sie bei Erwerbung einer Arbeit »mit allen Rechten« beliebige Änderungen an dem Werk vornehmen könnten. Ja, viele gehen sogar so weit, umfangreiche Streichungen vorzunehmen; sie meinen, in »allen Rechten« müsse doch unbedingt das Recht der Änderung mit enthalten sein. — Das ist nicht zutreffend. Z 9 des Urheberrechtsgesetzes sagt: »Im Falle der Über tragung des Urheberrechts hat der Erwerber, soweit nicht ein andres vereinbart ist, nicht das Recht, an dem Werke selbst, an dessen Titel und an der Bezeichnung des Urhebers Zusätze, Kürzungen oder sonstige Änderungen vorzunehmen«. Das ist deutlich. Das Recht der Änderung muß ausdrücklich vereinbart werden, gleichgiltig, ob die Übertragung beschränkt oder unbeschränkt (mit allen Rechten) erfolgte. Jede bezüg liche Vereinbarung ist auch wieder so zu verstehen, wie es Treu und Glauben in Rücksicht auf die Verkehrssitte bedingen. Eine völlige Umgestaltung des Inhalts oder der Tendenz eines Werkes ist auch dann nicht statthaft, wenn der Verleger das Recht der Änderung ausdrücklich vereinbart hat. Denn das würde gegen Treu und Glauben verstoßen. In völligem Einklang mit diesen Bestimmungen des Urheberrechts stehen diejenigen des Verlagsrechts; nur wird durch Z 2 des Verlagsgesetzes dem Verfasser noch ein weiteres Recht gesichert, nämlich das Recht, die Arbeit in die Gesamt ausgabe seiner Werke aufnehmen zu können. So sehen wir, daß die Klausel »mit allen Rechten« nichts weiter ist als eine kurze Fassung für eine Übertragung des ausschließlichen und unbeschränkten Rechts zur Ver vielfältigung und Verbreitung eines Werks. 393
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