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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1906
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- 1906-11-14
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1906
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- Deutsch
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11584 Nichtamtlicher Teil. ^ 265. 14. November 1906. Nichtamtlicher Teil. Die Plakat-Ausstellung im Deutschen Buchgewerbehaus zu Leipzig. Die Parterre-Räumlichkeilen des Deutschen Buch gewerbehauses zu Leipzig sind zurzeit vollständig von einer Plakat-Ausstellung eingenommen, die ein über sichtliches Bild der deutschen, französischen und englischen Plakatkunst der letzten Jahre gibt. Wenn die Franzosen besonders reich vertreten sind, so ist der Grund hierfür sehr naheliegend: sie haben von allen Kulturvölkern die aus gebildetste Kunst des Plakats; sind sie es doch gewesen, d e auf diesem Gebiet bahnbrechend vorangegangen sind. Mithin ist die Verwendung des Plakats in Frankreich auch bereits eine bei weitem stärkere geworden als in andern Ländern, und ein Stab ausgezeichneter Künstler hat sich unter diesen Umständen dort heranbilden können. Dem künstlerischen Werte nach stehen übrigens die deutschen Plakate den fran zösischen durchaus nicht nach. Beim Vergleich macht sich aber ein Unterschied recht augenfällig bemerkbar, der darin besieht, daß bei den deutschen das Formale stärker betont ist, während bei letztem mehr das Koloristische in den Vordergrund tritt. Der Dresdner Hans Unger hat in seinen Plakat entwürfen die Form wohl am ausgesprochensten zur Geltung gebracht, die er in der Hauptsache in reiner Schwarz- Weiß-Wirkung zum Ausdruck bringt. Nur ab und zu spielen einige zarte Töne mit hinein. Den gleichen Weg hat Franz Stuck verfolgt, der in seinen Münchner Kunst ausstellungsplakaten ebenso formenschöne wie wirksame Schau bilder geschaffen hat. Th. Th. Heine läßt dagegen Form und Farbe in gleicher Weise sprechen, und zwar zumeist in recht drastischer, immer aber hochkünstlerischer Weise. Seine allgemein bekannt gewordenen Simplicissimus-Afsichen seien hier als Beispiele angeführt. Heines Darstellungsweise beruht auf Linien und Flächen, und seine meisten Schilderungen tragen darum einen streng stilistischen Charakter, der sich, wenn auch in andrer Art, bei Melchior Lechter und I. V. Cissarz zeigt Eins der reizvollsten Plakate dürfte das zartfarbige Brunnenbild für Bad Nauheim von Cissarz sein. Emil Orlik, Angelo Jank u. a. dagegen verfolgen die rein malerische Tendenz, deren Eigenart Orlik in der Affichc zu Gerhart Hauptmanns »Weber- bedeut samen Ausdruck zu verleihen gewußt hat Mit wie geringen Mitteln sich eine zweckmäßige und vornehm wirkende Asfiche ausführen läßt, das bestätigt das diesjährige Plakat der dritten Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes, das nur aus Schriftzeichen in Antiqua-Form besteht. Es bestätigt treffend, daß sich immer wieder neuer Wein in alte Schläuche füllen, neuer Geist aus alten Formen schöpfen läßt, und tut zugleich schlagend dar, daß es auch in der Kunst ewige Gesetze gibt. Wie klar und leserlich und weithin sichtbar wirken diese Schriftzeichen, die nicht im beliebten Jugend-Hieroglyphenstil gehalten sind, der sich auch nach dieser Richtung hin seltsam genug gebärdete und uns Schriftzeichen vor Augen führte, angesichts derer man erst simulieren mußte, um mühselig einen Buchstaben zu erraten, und buchstabieren, bevor man ein Wort lesen konnte! Obwohl sich dieses Künstlerbund-Plakat an ganz be stimmte alte Schriftformen anlehnt, ist doch nichts darin ent halten, was so aussähe, als sei es nach berühmten Mustern gemacht. Es ist bei aller Achtung vor dem historisch Gewordenen in seiner Durchbildung dennoch selbständig und eigenartig. Nebenbei gesagt ist das Plakat in zwei Fassungen erschienen; das eine Mal mit einer Kopfleiste versehen, die den auf schwebenden Vogel Phönix darstellt, das andre Mal ohne Kopfleiste Ich ziehe die letztere Fassung vor, weil sie noch einfacher und noch schlagender wirkt. Bei den Darstellungen der französischen Plakate spielt das schöne Geschlecht eine große Rolle. Während der deutsche Künstler bemüht ist, das Sachliche in seiner Darstellung zum Ausdruck zu bringen, geht der Franzose auch hierbei weit eher auf den schönen Schein aus Eine zumeist oberfläch liche Art der Symbolisierung, bei der er mit Vorliebe eine weibliche Gestalt verwendet, genügt ihm für diesen Zweck Die Hauptsache ist ihm, die Aufmerksamkeit zu erregen, und — man muß es zugestehen — dies gelingt ihm fast immer. Um dieses Ziel zu erreichen, wählt er für seine Darstellungen vor allem kräftig leuchtende Farben, die er mit Raffinement anzuwenden weiß; denn er fällt dabei nicht in den Charakter der Buntheit Aber noch ein zweites Moment kommt hinzu, das ihn in der Verfolgung seines Zwecks unterstützt: die Wahl des Formats. Solche Größenverhältnisse, wie sie der französische Künstler für seine Plakatbilder verwendet, sind dem deutschen Künstler bislang nur in vereinzelten Fällen zugestanden worden. Diese Art der Reklame hat eben bei uns noch nicht die Ausbreitung gefunden wie in Frankreich. Leider hat der vor einigen Jahren erfolgte wirtschaftliche Rückschlag mancher Industriezweige recht hemmend auf die Weiterentwicklung der Plakatkunst gewirkt, so daß ein merk liches Abflauen des so energisch betriebenen Plakatwesens sich geltend machte. Erst neuerdings mehren sich wieder die Zeichen — wie auch verschiedene letzthin ausgeschriebene Konkurrenzen erkennen lassen —, daß das Interesse für die künstlerische Gestaltung des Plakats wieder im Zunehmen begriffen ist. Als volkstümlichster französischer Plakatkünstler ist zweifellos Chsret anzusehen Er liebt das Cocottentum. Jedoch die Art, wie er es schildert, schließt eher etwas An ziehendes als Abstoßendes ein, denn seine Gestalten tragen ein gewisses Etwas zur Schau, was wir mit dem Worte »Chic« bezeichnen und worüber der Franzose nun einmal in besonderem Maße verfügt Cherets Art der Darstellung zeigt daneben eine seltne Sicherheit der Hand, und man sieht es seinen Affichen-Bildern — die er alle selbst auf den Stein gezeichnet hat — an, mit welcher Leichtigkeit er produziert und mit welcher Lust er bei der Sache ist. Es gibt eine ganze Reihe französischer Plakatkünstler, deren Schöpfungen auf einer weitaus höheren künstlerischen Stufe stehen; dennoch hat Chsret sich bei weitem mehr betätigen können als andre, wie z B.: Berthou, Meunier, Misti, Grün, de Faure, Manuel Robbe, Steinlen, Jbels, Lsandre, Lautrec, Mucha. Der letzterwähnte französierte Böhme hatte einst große Erfolge zu verzeichnen; jetzt scheint seine Zeit vorüber zu sein, man hat sich satt gesehen an seinen manierierten Darstellungen, die trotz des Bestechenden, das ihnen innewohnt, auf die Dauer doch nicht befriedigen. Den schönsten Gleichklang der Form und Farbe weisen eigentlich die englischen Plakate auf, die, ohne Übertreibungen der Form und in dezenter Farbengebung gehalten, mehr das Merkmal des Innen-, als des Außenplakats tragen. Diese Abteilung birgt auch eine Anzahl interessanter farbiger Titel zu Harpers Monatsheften, deren künstlerische Aus stattung in der Hauptsache Edward Pennfield über tragen war. Als hervorragende Plakatkünstler sind hier Bradley, Gould, Dow, Hard, Hassall und Rhead zu nennen. Ernst Kiesling.
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