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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.12.1903
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- Erscheinungsdatum
- 16.12.1903
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- Deutsch
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10470 Nichtamtlicher Teil. ^ 291, 16. Dezember 1903. dings keine buchhändlerische, zuweilen sogar überhaupt keine Vorbildung haben. Die von einigen Barsortimentern heraus gegebenen ungemein übersichtlichen, sorgsam ausgearbeiteten Kataloge über alle Gebiete der literarischen Produktion er möglichen es fast Jedem, eine Bestellung aufzunehmen und auszuführen. Es soll damit selbverständlich nichts gegen diese Kataloge und gegen die Barsortimente gesagt werden, die in der Entwicklung des modernen Buchhandels ihren wohlerworbenen Platz haben. Nur kann nicht in Abrede ge stellt werden, daß ihre Wirksamkeit die Zunahme minder wertiger Sortimentsbuchhandlungen erleichtert. Auch einzelne Kommissionäre und Verleger sind bestrebt, aus Buchbindern, Papierhändlern usw. Sortimenter zu machen im Interesse der Ausdehnung des eignen Geschäfts. Zieht man noch in Be tracht, daß die Enteignung des kleinen Gewerbe- und Handel treibenden, die sich auf ausgedehnten Gebieten der Volks wirtschaft heute leider vollzieht, eine immer größere Über- süllung der wenigen Berufsarten mit sich führt, in denen ein Kleinbetrieb noch möglich ist — und dazu gehört eben der Buchhandel —: so wird so viel einleuchten, daß der »hohe Rabatt« keine der wichtigsten Ursachen für die große Zahl der Sortimentsfirrnen ist. Und diese große Zahl ist zudem weder die einzige, noch die wesentlichste Ursache der unbefriedigenden Lage des Buch handels. Das ist vielmehr die »Schleuderei«, die mit den siebziger Jahren eingesetzt hat, in den achtziger Jahren ihren Höhepunkt erreichte und seitdem durch das einmütige Zusammenwirken von Sortiments- und Verlagsbuchhand lungen zwar allmählich eingedämmt, aber immer noch, be sonders für den kleinen Sortimenter, von verderblicher Wirkung ist. Der Kampf des Sortimenters um seine Existenz ist identisch mit dem Kampf gegen die Schleuderei. Selbstverständlich ist zunächst zu erörtern, ob dieser Kampf ein berechtigter ist. Die Antwort ist abhängig von der Vorfrage, ob die Tätigkeit der »Schleuderei« volkswirt schaftlich produktiv ist. Meiner Meinung nach ist diese Frage zu verneinen. Daß auch der Handel produktiv ist, bedarf wohl keiner Erörterung; er schafft und entwickelt die Absatzgebiete, nach denen die im engern Sinne produktiven Klassen ihre Erzeugnisse absetzen und damit erst den Gegen wert dieser Erzeugnisse erlangen können. Aber es gibt auch einen Handelsbetrieb, der keinerlei produktive Arbeit leistet, keinerlei Erweiterung oder Vertiefung der Absatzgebiete herbeiführt, sondern nur der eignen Bereicherung dient. Er ist als Schmarotzer am Wirtschaftsleben eines Volks zu be trachten. Und dazu muß die »Schleuderei« gerechnet werden. Ich verstehe unter dieser Bezeichnung denjenigen Geschäfts betrieb, der nach dem Grundsatz: »Die Masse muß es bringen« durch Preisunterbietung seiner Konkurrenz die Kunden ab spenstig zu machen und zu sich herüberzuziehen sucht. Das ist niemals eine produktive Tätigkeit, so sehr sie den Einzelnen unter Umständen bereichern mag. Auch hier wird nach dem Grundsatz zu urteilen sein, daß der Einzelne nur so handeln darf, daß, auch wenn Alle ebenso handelten, kein Schaden für die Gesamtheit entsteht. Jede produktive Tätigkeit besteht vor diesem Grundsatz. Aber — um ihn auf den Buchhandel anzuwenden — was ist das Ergebnis, wenn plötzlich allgemein ein Kundenrabatt von 5 oder loo/g gegeben wird? Niemand wird wohl behaupten wollen, daß von einem guten Buche, das etwa 3 60 H kostet, auch nur ein Exemplar mehr verkauft wird, wenn es nur 3 40 H oder 3 20 H kostet. Dem unter Umständen großen Schaden, den die Gesamtheit der Buchhändler durch den geschmälerten Gewinn erleidet, steht also keinerlei Vorteil durch Vermehrung des Absatzes gegenüber, der diesen Schaden gut machen könnte. Man wende nicht ein, daß doch die Bücherkäufer eine ebenso große Summe ersparen, wie die Buchhändler verlieren. Das heißt die ganze Frage verschieben und kommt auf die Be hauptung hinaus, daß es vom Standpunkt des Volkswirtes gleichgültig sei, in wessen Tasche sich das National-Vermögen befindet, wenn es nur überhaupt vorhanden ist. Für jede gesunde Volkswirtschaft ist es unerläßlich, daß alle verschie denen Berufszweige — soweit ihre Existenz berechtigt ist — gutes Auskommen, ausreichendes Entgelt für ihre Arbeit er halten. Die Frage muß vielmehr darauf beschränkt bleiben, ob die »Schleuderet« für den Buchhandel nützlich oder schäd lich ist. Es sei deshalb noch erörtert, ob derartige Preis ermäßigungen etwa indirekt förderlich für den Bücherverkauf sind. Bibliotheks-Verwaltungen re. haben ein bestimmtes Budget für Bücherkäufe. Dasselbe wird mehr oder weniger bei jedem Privatmann der Fall sein. Nun wird man sagen: »Eine Bibliothek, die jährlich 100000 für Bücherankäufe verfügbar hat, wird, wenn sie einen Rabatt von 10°/g genießt, für die so ersparten 10 000 ^ weitere Bücher kaufen. Das bedeutet also eine Steigerung des Absatzes«. Das ist zu nächst zuzugeben; trifft aber schon nicht mehr zu bei Privaten. Ein Gelehrter, der in der Lage ist, im Jahr für etwa 300 ^ Bücher zu kaufen, wird sich niemals starr an diese Summe binden. Kosten die Bücher, die er in einem Jahre dringend zu erwerben wünscht, zusammen etwas mehr, so wird er anderswo zu sparen suchen, um seinen Wunsch zu befriedigen; kosten sie weniger, so wird er das so Ersparte eben auf anderes verwenden. Der gesparte Betrag geht also dem Büchermarkt verloren. In beiden Fällen ist aber so viel sicher: Die Ermäßigung der Bücherpreise führt dem Büchermarkt absolut nicht mehr Kapital zu, als ihm ohnehin zugeführt worden wäre; sie erweitert den Büchermarkt also weder direkt, noch indirekt, ist mithin wirtschaftlich völlig unproduktiv. Wenn aber das zugeführte Kapital konstant bleibt, nur mit Rabatt ein größeres Quantum Bücher gekauft wird als ohne Rabatt; so bedeutet das nichts andres als eine Bereicherung des Verlegers auf Kosten des Sortimenters. Das mag ja dem einzelnen Verleger unter Umständen recht willkommen sein, vom Standpunkt der Gerechtigkeit aus ist es aber sicher nicht zu verteidigen. Aber man behauptet ja gerade, daß der Sortimenter einen unverhältnismäßig hohen Rabatt genieße, der deshalb »von Rechts wegen« beschnitten werden müsse. Um hierüber ein Urterl zu gewinnen, wird es gut sein, konkrete Verhältnisse ins Auge zu fassen. Betrachten wir einmal ein Sortiment mit 30 000 Jahresumsatz. Den für alle die verschiedenen Arten der Bücher gemeinsamen Durchschnittsrabatt zu ermitteln, ist überaus schwierig. Ich will zunächst von 25 Prozent ausgehen. Die Spesen des Sortimenters belaufen sich erfahrungsgemäß auf 12—15 Prozent.*) Bei 25 Prozent bleiben ihm also 10—13 Prozent Reingewinn. Wenn nun der Sortimenter 5 Prozent Kunden rabatt gewährt, so bedeutet das für ihn, daß er nicht weniger, als die Hälfte seines ganzen Reingewinns an den Kunden abgibt. Ein solches Opfer dürfte ihm doch nur auferlegt werden, wenn auch dann noch ein einigermaßen auskömmlicher Verdienst bleibt. Aber nach obiger Rechnung bleiben ihm 5—8 Prozent, also 1500 bis 2400 bei 30 000 ^ Umsatz. Und ein solches Geschäft gehört schon zu den besseren. Der Besitzer muß, um diesen Umsatz zu er zielen, mit Betriebskapital und guter Vorbildung ausgerüstet sein, er muß mancherlei gesellschaftliche Verpflichtungen er füllen, persönliche Beziehungen zu Behörden, Bibliotheks verwaltungen, wohlhabenden und gebildeten Personen unter halten. Das wäre bei dem obigen Gesamt-Verdienst unmög- *) Ich nehme absichtlich die untere Grenze, weil ich auch von einem niedrigen Rabattsatz ausgegangen bin.
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