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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.12.1903
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.12.1903
- Sprache
- Deutsch
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9976 Nichtamtlicher Teil. ^1? 279, 2. Dezember ISO» hat. Dies alles trübte den Blick der beiden Ge lehrten des achtzehnten Jahrhunderts nicht. Pütter gibt ein Bild des geregelten buchhändlerischen Verkehrs in Deutschland, welches in allen seinen Zügen den Eindruck der Treue macht, und bringt damit die Zustände von Holland, England, Frankreich und Italien in Vergleich, Rößig aber nennt den Buchhandel schlechtweg ein deutsches Gewerbe, ohne zu sagen, wie er dies verstanden haben will. Nach seinen Ausführungen im ganzen nehme ich an, daß er damit die auf die Natur der Bücherware gestützten eigen artigen Einrichtungen und die allen andern Ländern über legene Entwicklungsfähigkeit unsres Buchhandels im Sinne trug. Der Buchhandel der Gegenwart leidet schon seit zwei Jahrzehnten an den Folgen der Gewerbefreiheit und der großen, unsre ganzen Zustände umgestaltenden wirtschaft lichen Bewegung. Aus teilweise andern Gründen klagt der Buchhandel des Auslandes noch lauter. Das Börsenblatt ist gefüllt mit Berichten aus Frankreich, England und den Vereinigten Staaten, die ein trübes Bild der dortigen Zu stände geben, in einem wesentlichen Punkte sich aber von den deutschen Besorgnissen abheben. Dies ist der Mangel an einem genügenden und fachmännisch gebildeten Sortimentsbuchhandel, für den die ausländische Fachwelt das deutsche Beispiel herkömmlich als Vorbild aufstellt. Wir haben ja einen fachmännisch gebildeten Sortimentsbuch handel; allein er ist nicht bloß gefährdet, sondern läßt schon seit Jahren in seiner wichtigsten Funktion, dem Novitäten vertrieb, nach. Die nächste Ursache hierfür war der durch die Gewerbefreiheit geförderte Zwergbetrieb als Nebenerwerb von Buchbindern, Schreibmaterialienhändlern rc. Gegen die Gewerbefreiheit läßt sich nicht Sturm laufen; unsre Ge schäftswelt hat sie ja selbst befürwortet, möglicherweise in der Voraussetzung, daß sie auch ohne solche Befürwortung kommen werde. Dafür hat der Buchhandel umsomehr darauf zu halten, daß er die Herrschaft über den Bücherpreis nicht verliert. Staatliche Eingriffe sind in der verschiedensten Form denkbar, und daß der akademische Schutzverein Glauben daran hat, ist außer Zweifel gesetzt. Die Spannweite zwischen Laden- und Verkaufspreis ist kein Gegenstand kontradiktorischer Ver handlungen; sie ist eine interne Angelegenheit der Geschäfts welt, und nur die Frage ist zulässig: Sind Verlags- und Sortimentsbuchhandel einig darüber, daß die Spannweite zwischen Laden- und Verkaufspreis verkleinert, beziehungs weise aufgehoben werden muß? Die Einigkeit hierüber ist Tatsache, aber nichts weniger als selbstverständliche Tat sache. Dem Verleger ist es von Hause aus gleichgültig, ob der Sortimenter Kundenrabatt gibt oder nicht, sein Interesse stimmt ihn sogar mehr für als gegen diesen Rabatt, da seine Verlagswerke dadurch für das Publikum wohlfeiler werden. Daher in der ältern Neuzeit die Passivität des Verlagshandels, sobald der Kundenrabatt öffentlich zur Er örterung kam. Diese Passivität hörte auf, als die Wir kungen der Gewerbefreiheit immer fühlbarer wurden, und mit der Erschütterung des regulären Sortimentshandels auch der reguläre Verlagshandel den Boden unter sich wanken fühlte. Die Sache war zur Lebensfrage geworden für den regulären Buchhandel insgesamt. Und inmitten des vom Verlagshandel allseitig unter stützten Bemühens, dem Schlimmsten nach Art aller andern Literaturländer durch Einschränkung und Regelung des Kundenrabatts vorzubeugen, erscheint die Denkschrift des akademischen Schutzvereins, welche die Fachwelt darüber belehrt, daß ihre Meinung von den Vorzügen der deutschen Ein richtungen hinfällig sei: »Kein Zweifel — heißt es Seite 231 der Denk schrift — der stehende deutsche Buchhandel ist nicht jene vollkommene Organisation, als welche man ihn so lange angepriesen hat. Er erfüllt seine Aufgabe im Wirtschafts leben unsers Volkes nur ungenügend, und auch dies nicht in der billigsten, sondern in der denkbar teuersten Weise. Er fordert von der Nation Opfer, wie sie der angeblich viel unvollkommnere Buchhandel andrer Kul turländer nicht beansprucht, und er stellt die Geistesarbeit, der er alle seine Erfolge verdankt, schlechter, als daß ein Volk, in dem jeder auf Grund staatlicher Anordnung lesen und schreiben lernt, dies länger ertragen könnte. Weitere Opfer können zugunsten einer in ihren Grundlagen ver alteten, in quietistischer Selbstgenügsamkeit er starrten Organisation nicht gebracht werden.« Was versteht man nun unter der Organisation unsres Buchhandels und ihren Grundlagen, wo ist der Ursprung zu suchen, und inwiefern soll die Organisation in ihren Grund lagen veraltet und in quietistischer Selbstgenügsamkeit er starrt sein? Nach der Denkschrift der Verlegerkammer*) soll der Reform versuch von 1802 den ersten Versuch einer Organisation bilden. Ich fasse die Sache anders auf. Der Reformversuch von 1802 bezweckte eine Konvention zwischen den Häuptern der Geschäftswelt zur Bekämpfung der eingerissenen Miß stände beim Übergang vom Tausch- zum Konditionsgeschäft. Eine Organisation wie die des deutschen Buchhandels kann aber niemals Sache einer Konvention sein; sie ist ein Natur produkt des Verkehrs unter besondern Landesverhältnissen, gerade so wie das Gewohnheitsrecht, welches sich aus dieser Organisation je nach den Anforderungen des herrschenden Geschäftssystems (Tauschhandel, Konditionsgeschäft) entwickelt hat, Naturprodukt des Verkehrs zu nennen ist. Wäre es anders, so würden Frankreich und Italien mit ihren Ver suchen, die deutschen Geschäftseinrichtungen bei sich nachzu bilden, wahrscheinlich zum Ziele gekommen sein. Die ersten Anfänge der Organisation liegen meiner Meinung nach am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, herbeigeführt durch die relative Massenproduktion der Jn- kunabelnzeit (bis 1500). v. d. Linde, Gutenberg (1878) S. 94 schätzt für die damalige europäische Kulturwelt, die für den Buchhandel der Frühzeit eine Einheit bildete, die Zahl der Inkunabeln auf mehr als 30000 vorhandene, nachdem eine unberechenbare Menge durch Krieg, Nachlässig keit, Gleichgültigkeit und Unwissenheit zugrunde gegangen sei. Bei dieser Fülle von Produktion versagten die über lieferten, wenn auch noch so aufgebesserten Einrichtungen des mittelalterlichen Handschristenhandels. Die Erkenntnis drängte sich von selbst auf, daß die Herstellung von Büchern mittels der Gutenbergschen Erfindung ungemessene Grenzen habe, der Absatz aber sehr gemessene, wenn sich nicht ein be sonderer Berufsstand bilde, der dem neuen, eigenartigen Warengegenstand die nötigen Bahnen breche. So vollzog sich im ersten Drittel des sechzehnten Jahr hunderts meist unter Verzicht auf den eignen Druckereibetrieb die Umwandlung der Drucker-Verleger in Sortimenter- Verleger. Die Frühzeit des eigentlichen Buchhandels weist be deutende Geschästspersönlichkeiten auf, die u. a. in Form von Verlagsgesellschaften tätig waren. Die Gesellschafter teilten den Kompagnieverlag untereinander und einigten sich über die Operationsgebiete. Dem einen wurde Deutschland, dem andern die Mederlande, England usw. zuerkannt. Die hervorragendste Persönlichkeit aber war der Nürnberger Koberger, der in Wahrung voller Souveränität sich nur auf sich selbst stützte. *) Trübner, vr. Karl, Wissenschaft und Buchhandel. Denk schrift der deutschen Verlegerkammer rc. Jena 1903. S. 32.
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