Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.11.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.11.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061103
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190611030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061103
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-11
- Tag1906-11-03
- Monat1906-11
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
11012 Sprechsaal. ^ 256, 3. November 1906. Sortimenters Leiden Auch im Sortimentsbuchhandel ist die Unzufriedenheit mit den jetzigen Verhältnissen eine wachsende, und bei einem Fort bestehen derselben oder gar bei ihrer Verschlechterung würde die Befürchtung wachsen, daß unser für die kulturelle Entwicklung Deutschlands so überaus wichtiger Stand dem Untergang ent gegeneilt. Der Grund hierfür läßt sich kurz in folgende Worte zu sammenfassen: Zu wenig Verdienst und viel gewinnlose Arbeit. Unsre vom Ausland gerühmte und für nachahmungswert ge haltene Organisation gibt uns aber die Zuversicht, daß eine Ver besserung der heute erdrückenden Lage herbeigeführt werden kann, sobald das Sortiment mit Hilfe des Verlagsbuchhandels, dem das Bestehen des soliden, Vertrauen erweckenden Bücherladens ein Lebensbedürfnis ist, sein ernstes Wollen in die Tat umsetzt. Dann würde unser Beruf auch wieder ein gewinnbringender, die Arbeit lohnender Geschäftszweig werden. Meine Ansicht hierüber, die sich während einer 26jährigen Berufstätigkeit herangebildet hat, ist folgende: Zu wenig Verdienst. Auf einen festgesetzten Ladenpreis gewährt der Verlagsbuch händler uns einen Abzug, dessen Höhe nach seiner eignen Be stimmung festgesetzt werden kann, aber nach unsrer Verkehrsord nung nicht geringer als 25 Prozent sein darf. Dieser Minimal satz besteht schon, so lange ich zurückdenken kann, und hat trotz der im Laufe der Jahre gewaltig steigenden Geschäftsunkosten, die sich in einigen Geschäften verdreifacht haben (die Verdoppelung derselben kann wohl als allgemeine Regel betrachtet werden), nie eine Verbesserung erlebt. Die Ilmsatzerhöhung einzelner Geschäfte kann hierfür nicht genügend Ersatz leisten, da dem Buchhandel fernstehende Geschäftsleute, besonders die Warenhäuser, sich immer mehr und mehr auch mit dem Verkauf von Büchern beschäftigen und, kaufmännisch bedacht, gerade die am besten rabattierten Artikel an sich reißen: Klassiker, schöne Wissenschaft, Jugend schriften, Bilderbücher und Varia. Es ist kein Geheimnis mehr, sondern schon oft ausgesprochen, daß ein Rabatt von 25 Prozent unter diesen Umständen für uns heute nicht mehr genügt, und nur die in der Minderzahl nicht zum Nachteil ihrer Verleger höher rabattierten Artikel bewahren uns in der Provinz vor dem Zusammenbruch. Eine Erhöhung des Minimalrabatts auf 30 Prozent in Rechnung und 33^/g Prozent gegen bar würde uns den wohlverdienten Lohn bringen, und dieses ist zu erreichen, ohne daß dadurch der Verlagsbuchhandel pekuniär leidet. Die meisten der jetzt mit 25 Prozent rabattierten Werke mit Ausnahme der Zeitschriften, auf die ich noch später zu sprechen kommen werde, sind solche Werke, deren Anschaffung ange ordnet wird oder die nach ihrer erfolgten Anzeige vom Publi kum als notwendig brauchbar verlangt werden (Schulbücher, wissenschaftliche Lehrbücher, Kalender, Bücher über spezielle Ge biete usw.). Da hier das direkte Verlangen des Käufers vorliegt, spielt eine kleine Preiserhöhung zugunsten des Buchhändlerrabalts keine Rolle für ihre Absatzfähigkeit. Um meine Theorie zu prüfen, habe ich bei einigen solcher gangbaren Neuerscheinungen, bei denen der gewährte Rabatt nur 25 Prozent betrug, dieses ins Praktische übertragen, indem ich versuchsweise einen höheren Ladenpreis ver langte, und bin nur aus Ablehnung oder Widerspruch gestoßen, wenn dem Käufer zufällig dieser bekannt war. Hier erwächst dem deutschen Verlagsbuchhandsl unter Führung der Herren Verleger, die bereits den Minimalsatz von 30 resp. 33^/, Prozent bei sich eingeführt haben oder es beabsichtigen, die ruhmvolle Aufgabe, den deutschen Buchhandel durch die Erhöhung des Minimalrabatts aus seiner jetzigen bedrängten Lage zu be freien, denn so lange der jetzige bestehen bleibt, wird er auch be nutzt werden und lockt sogar zu seiner Benutzung. Es ist daher auch unrecht, den Herren Verlegern, die sich oft erst auf Antrieb der Autoren seiner bedienen mußten, dieses zum Vorwurf zu machen. Da ich die Zuversicht habe, daß mehr als die Hälfte der Herren Verleger aus Standesintereffe sich hilfsbereit zeigen werden, habe ich es auch wagen können, mit diesem Vorschlag zu kommen. Trotz des ungenügenden Verdienstes gewährt der Sortiments buchhandel eine Vergünstigung bis 7^ Prozent. Diese Abzüge werden für einzelne vom Börsenverein besonders bestimmte Fälle gestattet, aber nicht gefordert (es -darf- gewährt werden), ge schehen also aus eignem Antriebe, sind aber, da allgemein üblich, auch, wie ich gestehen muß, für mich selbst zwingende geworden. Für das Bestehen dieses Gewinnverlustes ist daher allein der Sortimentsbuchhandel verantwortlich zu machen, und seine Be seitigung kann deshalb auch nur von ihm selbst bewirkt werden, aber erst dann, wenn die Mehrzahl der einzelnen Geschäftsinhaber gelernt hat, sich vor seinen Folgen nicht mehr zu fürchten. Eine klare, offne Darstellung des Wesens dieser Rabattvergünstigung, an die Behörden gerichtet, würde diese überzeugen, daß die vom zugesicherten Gewinn ihnen zugeschobenen Zuwendungen nur Ge schenke für Erhaltung oder Neuerwerbung ihrer Kundschaft sind, deren Annahme einer Behörde unwürdig sein sollte. Ich habe mich schon früher, im vorigen Jahre, in einem an die Vorstands mitglieder der einzelnen Kreisvereine versandten Flugblatt über das Unrecht des Kundenrabatts im Buchhandel ausgesprochen. Viel gewinnlose Arbeit. Die viele gewinnlose Arbeit läßt sich verringern, denn oft ist sie nur eine selbstgeschaffene Last, die jeder Geschäftsmann zwecks Ersparung an Zeit und Betriebskapital wieder abschaffen kann. Als Beispiel nur einiges: In vielen Geschäften werden noch Journallesezirkel geführt. Diese können bei der üblichen geringen Leihgebühr nur bei damit verbundener geschickter Reklame Gewinn abwerfen; für eine solche gibt es aber im Buchhandel noch viel noblere Gelegenheiten, die bei gleicher Wirkung weniger Arbeit verursachen, auch keine so große Anzahl von Arbeitskräften in Bewegung setzen. Dann wird viel zu viel Wert auf eine große Zeitschriften-Konti- nuation gelegt. Sie bringt bei einem noch nicht allgemein darauf eingeführten Minimalrabatt von 40 Prozent unter Berücksichtigung der wöchentlich auszuführenden Leistungen, der Portoauslagen, Spesen und der Gratisbeförderung der Beilagen in denselben, wenn überhaupt nur ungenügenden Gewinn. Diese Rabatt forderung ist bei Unternehmungen, deren Unkosten durch Jnserat- einnahmen gedeckt oder übertroffen werden sollen, keine ungerecht fertigte. Auch betreiben viele Geschäfte den Verkauf von Schulbüchern bei nur geringem Absatz derselben. Dieser Zweig kann nur bei einem größeren Bedarf ohne Verlust betrieben werden. Der geringe Rabatt (ja oft unter 25A) und das Risiko bei nur festem Bezüge, wozu noch der beständige Wechsel an neuen Auflagen oder der Lehrbücher selbst kommt, bewirken diese zweifelhaften Gewinn aussichten. Während jedes von vier einzelnen Geschäften bet einem vierten Teile des Umsatzes an Schulbüchern Verlust erleiden müßte, könnte derselbe, in einem einzigen Geschäft vereinigt, Gewinn abwerfen. Die Arbeit freilich, die uns die Kenntnisnahme von jeder Neuerscheinung bereitet, ist nicht zu vereinfachen, denn von jedem Titel müssen wir mehrfach Notiz nehmen. Bedenken wir, daß sich schon seit mehreren Jahren die Zahl derselben ziemlich regelmäßig um je 1000 vermehrt hat (im Jahre 1899 .hatten wir an in Deutsch land erschienenen Neuerscheinungen und Ausgaben neuer Auflagen zu verzeichnen 23 715, im Jahre 1905 die höchste bis jetzt erreichte Ziffer: 28 886), dann lernen wir auch begreifen, daß diese Arbeit uns immer schwerer fallen muß und wir, gleichgültiger geworden, auch sorgsam die Novitäten wählen müssen; denn nur hierdurch können wir uns vor zu großer Arbeitsverpflichtung schützen. Die zur Ostermesse zurückzusendenden Novitäten belehren uns jährlich, welche Werke wir unnötig bestellt haben, für welche wir die zu ver meidenden Arbeiten ihrer Auszeichnung, Buchungen, Versendungen übernommen und für welche wir zweimalige Zusendungsgebühr verschwendet haben. Diese zwingende Selbstauswahl gestattet uns außerdem infolge der Verkleinerung des Lagers eine bessere Ver wendung für das gewünscht Erhaltene und erleichtertes uns ferner, je nach unserm Bildungsgrad und unsrer Gesinnung mehr oder weniger der geistigen Ausbildung unsrer Nation dienen zu können. Die immer häufiger aufiretenden Klagen über finanzielle Ver luste im Sortimentsbuchhandel und meine eignen Wahrnehmungen bewegen mich, meine Ansichten über die heutige Lage desselben im Sprechsaal des Börsenblatts abdrucken zu lassen, um damit Ge legenheit zum Gedankenaustausch über unsre Notlage und deren Abhilfe zu geben. Danzig, Oktober 1906. Gustav Horn, i/Fa. L. Saunier's Buchhandlung.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder