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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.11.1906
- Strukturtyp
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- 1906-11-02
- Erscheinungsdatum
- 02.11.1906
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- Deutsch
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255, 2. November 1906. Nichtamtlicher Teil. 10927 herrschende Rechtsordnung aufgebaut ist Und da muß denn wieder zurückgegriffen werden auf jene Aussprüche, von denen man ohne Übertreibung sagen kann, daß sie das Leitmotiv unsers neuen Reichsrechts abgeben, nämlich die 88 157 und 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die erste Gesetzesstelle besagt, daß Verträge so aus zulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssilte es erfordern, und in fast wörtlicher Überein stimmung hiermit heißt es in dem zuletzt angezogenen Paragraphen: »Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu be wirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.« Wenn hier der Ausdruck »der Schuldner« gebraucht ist, so muß man sich zum bessern Verständnis die Terminologie des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergegenwärtigen. Danach ist Schuldner jeder, der aus einem Vertragsverhältnis dem an dern Teil zu irgend einer Leistung verpflichtet ist. Hat — um das Gesagte an unserm Beispiel zu veranschaulichen — die Verlagsbuchhandlung der Druckerei 8. den Auftrag er teilt, die Drucklegung der von ihr herausgegebenen Wochen schrift zu bewerkstelligen, und hat 8. diesen Auftrag über nommen, so ist er, was die Ausführung der Druckarbeiten anbe langt, Schuldner der Firma diese wiederum in bezug auf die Zahlung u a. m. seine Schuldnerin. Beide Kontrahenten nehmen also gleichzeitig die Rolle des Gläubigers und des Schuldners ein, wie dies ja auch in der Natur eines Vertrags liegt, der beide verpflichtet und berechtigt. Eine solche Ver pflichtung aber soll — so sagt das Gesetz — nicht erfüllt werden lediglich im Hinblick auf den Buchstaben des Ver trags oder des Gesetzes und ausschließlich von ihm beherrscht werden,- sondern es hat sich der Schuldner auf Schritt und Tritt die Frage vorzulegen, ob sein Verhalten mit den Grund sätzen von Treu und Glauben übereinstimmt, ob es die Billigung eines rechtlich denkenden Geschäftsmannes, der, ohne einen berechtigten Vorteil preiszugeben, doch auf seine kauf männische Ehre hält, finden würde und ob es sich zugleich im Einklänge befindet mit der Verkehrssitte. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, will das Gesetz auf der einen Seite weder frivole Rücksichtslosigkeit dulden, noch auf der andern Seite übertriebene Penibilität und Pedanterie fordern. Die Druckerei 8. könnte nun einwenden, daß es sich bei dem Z 242 lediglich immer um einen bestehenden Vertrag handle, der nun erfüllt werden solle. Davon könne hier nicht die Rede sein, denn der Vertrag zwischen ihr und der Firma beziehe sich ja immer nur auf eine einzige bestimmte Nummer, und wenn sie, die 8., in dieser Hinsicht alles, was man vernünftigerweise von ihr verlangen könne, auch getan habe, so sei die Sache damit erledigt — Gewiß, das mag bis zu einem gewissen Grade zutreffen; aber es kommt ja nicht bloß auf den Z 242, sondern auch auf die Norm des Z 157 B. G -B. hier an, die eine Auslegungsregel dahin gibt, daß Verträge so zu deuten sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Das aber ist der Punkt, gegen den in unserm Falle die Druckerei 6. offenbar verstößt, wenn sie, ohne einen wichtigen Grund hierfür zu haben, plötzlich die Geschäftsbeziehung zu 7t. ab bricht und dieser Firma eröffnet, sie werde die nächste Wochennummer nicht mehr in ihrer Druckerei Herstellen. Indem sie nämlich den Auftrag, sei es auch immer nur für eine Nummer, übernommen hatte und auf diese Weise lange Zeit hindurch den Druck der Wochenschrift bewirkte, hat sie stillschweigend den andern Teil zu der Annahme berechtigt, es werde dieses Verhalten sich so lange fortsetzen, bis es ent weder plötzlich arr irgend einer Klippe scheitern oder aber im Wege ordnungsgemäßer Kündigung zu Ende geführt werden würde. Daß ein Blitz aus heiterm Himmel niederfahren werde, ist ein Ereignis, mit dem man unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zu rechnen hat. Die Firma ^4. sah sich deshalb auch der Notwendigkeit enthoben, nach einer andern Druckerei Umschau zu halten, um sich für alle Fälle einen Ersatzmann zu sichern, der sofort und ohne daß irgend welche Störung erfolgen oder äußerlich bemerkbar würde, an Stelle des ausscheidenden 8. eintreten und den Druck besorgen könnte Die Firma L.. würde vielleicht sogar das Empfinden gehabt haben, illoyal gegen ihre Geschäftsfreundin zu handeln, wenn sie eine solche Umschau gehalten hätte, würde doch darin ein Mißtrauen gegen die Druckerei 6. zu finden gewesen gewesen sein. Sie hat sich also, und zwar mit Fug und Recht, darauf verlassen, daß 8., wenn nicht ganz besondere Umstände eintreten würden — die nicht Vorlagen —, unter den anfänglichen Bedingungen weiter mit ihr arbeiten und regelmäßig wie bisher allwöchentlich die ständige Nummer drucken werde. Diese Auffassung vermochte sie zu stützen auf die Grundsätze von Treu und Glauben, und dementsprechend war es die Pflicht der Druckerei 8., eben diese Ansicht durch ihr eigenes Verhalten zu rechtfertigen. Daraus folgt, daß ihr die Frei heit, ohne Grund plötzlich sich der Firma zu versagen und die weitere Ausführung des Druckes abzulehnen, nicht zustand. Daß die im vorstehenden entwickelte Ansicht übrigens nicht ohne Rückhalt in der maßgebenden Spruchpraxis ist, bekundet eine Entscheidung, die das Reichsgericht vor nicht allzulanger Zeit in einem Falle hat ergehen lassen, der dem unsrigen ziemlich ähnlich war. Dort stand in Frage die Geschäftsverbindung zwischen einer größern Firma und einer Bank. Diese letztere hatte eine Reihe von Jahren hin durch alle Geldgeschäfte für jene Firma besorgt, ihre Kundenwechsel diskontiert u. dergl mehr, und alle diese Beziehungen hatten sich abgewickelt, ohne daß der Bank Anlaß zu irgend welcher nennenswerten Beschwerde ge boten worden wäre. Plötzlich aber, aus Gründen, die hier nicht interessieren, die aber von der Firma nicht ver schuldet waren und auch nicht in ihren Verhältnissen lagen, — plötzlich also trat die Bank mit der Erklärung hervor, sie sei nicht gewillt, die Geschäftsverbindung weiter fortzusetzen, breche sie vielmehr hiermit ab. Dem andern Teile waren hieraus nachweislich nicht nur große Ungelegenheiten, sondern auch empfindliche Vermögensnachteile, die sich beziffern ließen, entstanden, und die Firma beschritt deshalb, um sich wenigstens nach dieser Richtung hin Genugtuung zu verschaffen, den Klageweg. Sie erhob natürlich nicht den Anspruch, daß die Bank dauernd mit ihr arbeiten müsse; wohl aber vertrat sie die Ansicht, daß es dem geschäftlichen Anstande und rechtlich den herrschenden Grundsätzen von Treu und Glauben in der Verkehrssitte entsprochen hätte, wenn die Bank ihr Zeit gelassen hätte, sich nach einer Ersatzverbindung umzusehen, wenn sie also nicht kündigungslos die Beziehungen auf gehoben, sondern eine der Sachlage entsprechende Kündigungs frist hätte voraufgehen lassen Dieser Meinung pflichtete der höchste Gerichtshof auch vorbehaltlos bei Welche zeitliche Ausdehnung eine solche Kündigungs frist annehmen müsse, läßt sich natürlich ein für allemal auch nicht annähernd bestimmen; es kommt hier auf die be- sondern Umstände, auf die Art der Geschäftsverbindung, auf die größere oder geringere Schwierigkeit, einen geeigneten Ersatz zu finden, und auf mancherlei anderes an. Der Teil also, der von der Geschäftsverbindung zurücktritt, dort die Bank, hier die Druckerei, muß sich vergegenwärtigen, welche Schritte der Gegenkontrahent tun muß, um sich zu arrangieren, also um nach einer andern Seite hin eine gleich artige Geschäftsverbindung anzuknüpfen, ferner mit welchen Schwierigkeiten ein solches Beginnen verbunden ist, wie 4433'
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