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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.10.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.10.1906
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- Deutsch
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Deutsche Künstlerplakate Vortrag, gehalten im Verein für Deutsches Kunstgewerbe zu Berlin am 3. Oktober 1906 von Regierungsrat W. von Zur Westen. Heute sind es fast auf den Tag zehn Jahre, daß ich zum ersten Male in unserm Verein weilte. Die Ankündigung eines Vortrags des Herrn Professor Emil Döpler des Jüngeren über Künstlerplakate hatte mich hergeführt. Die Wände des großen Saales des Architektenhauses, der sich zu Ausstellungszwecken so vortrefflich eignete, waren be deckt mit den hervorragendsten Erzeugnissen der Plakatmalerei Frankreichs und Englands, Belgiens und Nordamerikas Diesen Meisterwerken gegenüber war die Vertretung Deutschlands quantitativ wie qualitativ nicht eben be deutend; das konnte auch gar nicht anders sein, be fand sich doch die deutsche Plakatbewcguug erst in ihren frühesten Anfängen. Immerhin konnte der Vortragende aber bereits auf eine ganze Reihe in jüngster Zeit ent standener Affichen Hinweisen, die als hoffnungsvolle Vor boten einer besseren Zukunft angesehen werden konnten, die zu der Erwartung berechtigten, daß die deutsche Kunst das auf dem Gebiet des Plakats bis dahin Versäumte schnell nachholen und Werke schaffen werde, die denen des Aus lands ebenbürtig zur Seite gestellt werden könnten. Zehn Jahre sind seitdem verflossen — ein beträchtlicher Zeitraum in unsrer schnelllebenden Epoche, jedenfalls lang genug, um nunmehr die Frage aufwerfen zu können, inwieweit die deutsche Plakatbewegung die auf sie gesetzten Hoffnungen ge rechtfertigt, was sie gefördert, was sie gehemmt hat. Der Wunsch, diese Frage in Ihrem Kreise zur Erörterung zu stellen, hat mich in erster Linie zur Wahl meines Themas veranlaßt. Ich habe es aber weiter gefaßt, ich will über »deutsche Künstlerplakate« überhaupt reden und werde da rum zunächst einen Rückblick auf die Leistungen der Ver gangenheit auf unserm Gebiete werfen. Es ist ein im Publikum sehr verbreiteter Irrtum, daß das Reklamewesen etwas Funkelnagelneues, eine mehr oder minder bedauerliche Folgeerscheinung des gewaltigen Auf schwungs sei, den Handel und Wandel in unserm Zeitalter des Verkehrs genommen haben Dem ist jedoch keineswegs so. Auch in frühern Jahrhunderten hat der Kaufmann, hat der Fabrikant geschäftlicher Propaganda nicht entraten können, und das römische Kaiserreich mit seinem gewaltigen Welthandel besaß sogar ein sehr entwickeltes Reklamewefen, in dem auch das Plakat, trotz des Mangels graphischer Vervielfältigungsmittel, eine wichtige Rolle spielte Die Ausgrabungen in Pompeji haben zahlreiche Ankündigungen zutage gefördert, die mit roter oder schwarzer Farbe auf für diesen Zweck reservierte Wandflächen aufgemalt waren. Wenn Sie nun berücksichtigen, daß Pompeji eine kleine Provinzialstadt abseits vom großen Weltverkehr war, so werden Sie sich denken können, welchen Umfang das Plakat- und sonstige Reklamewesen in den großen Handelszentren des Weltreichs gehabt haben wird Auch von illustrierten Plakaten ist uns überliefert — wir wissen z. B, daß Bilder berühmter Schauspieler, auf denen sie in ihren Hauptrollen dargestellt waren, vor den Theatern aufgestellt wurden, um zum Besuche der Vorstellungen anzulocken. Es würde jedoch zu weit führen, wollte ich auf die antike Reklame näher ein- gehen; denn mit unseren modernen Arbeiten verknüpft sie kein Band, abgesehen natürlich von der Gleichheit des Zweckes. In den Stürmen der Völkerwanderung ver schwanden mit dem römischen Weltreich auch die antike Kultur und der antike Welthandel In den neuen Staats gebilden, die germanische Stämme auf den Trümmern des Römerreichs errichteten, spielte der Handel zunächst nur eine untergeordnete Rolle; für ein Reklamewesen bestand somit kein weiter gehendes Bedürfnis, als der heute noch in kleinen Ortschaften tätige Ausrufer befriedigen konnte. Was hätte eine Schriftreklame übrigens auch für einen Nutzen ver sprochen in Volksgemeinschaften, in denen Vornehm und Gering des Lesens unkundig war und nur die Geistlichkeit Hüterin der Bildung war? Zwei Umstände schufen hierin im fünfzehnten Jahr hundert einen gewissen Wandel! einmal das mächtige Empor blühen der Städte und des Handels in ihnen, die Er weiterung der Verkehrsbeziehungen von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, wodurch das Bedürfnis nach geschäftlicher Propaganda gesteigert wurde, andrerseits die Erfindung der Buchdruckerkunst, die die Verbreitung der Bildung gewaltig förderte und zugleich der Schriftreklame ein unschätz bares Mittel leichter Vervielfältigung verschaffte. Natürlich waren es zuerst die Buchdrucker, die die neue Er findung ihrer Propaganda dienstbar machten. Sie waren damals regelmäßig gleichzeitig Verleger ihrer Erzeugnisse und besorgten auch selbst den Verkauf an die Bücherfreunde, indem sie oder von ihnen angenommene »Buchführer« mit ihren Büchervorräten von Ort zu Ort zogen. Kamen sie an einen Platz, an dem sie auf Absatz rechnen durften, so klebten sie an den belebtesten Stellen gedruckte Verzeichnisse ihrer Verlagswerkc an und luden die Kauflustigen unter Zusicherung kulanter Bedienung ein, sich in die handschriftlich eingefügte Herberge zu begeben, in der sie abgestiegen waren. Von mehr als zwanzig Druckern der Jnkunabelzeit sind uns solche Verzeichnisse erhalten — ein Beweis für die schnelle Verbreitung der Sitte; eins derselben führe ich Ihnen hier im Lichtbilde vor; es stammt von Johann Mente l aus Stratzburg und ist um 1470 entstanden. Als ich vor einigen Jahren die Geschichte der Reklame in die Vergangenheit zurückzuverfolgen suchte, konnte ich keine illu strierte Buchanzeige des fünfzehnten Jahrhunderts ausfindig machen Inzwischen hat man jedoch eine illustrierte An kündigung des Volksbuchs von der schönen Melusine entdeckt, die von dem Antwerpener Drucker Geraert Leeu im Jahre 1491 ausgegeben worden ist. Es handelt sich, wie Sie sehen, um einen ziemlich primitiven Holzschnitt, der die bekannte Szene der Beobachtung der Melusine im Bade darstellt Die Anzeige ist jedoch insofern kein eigentliches Bildplakat, als ihr illustrativer Schmuck nicht zu diesem Zweck geschaffen, sondern den Abbildungen des Buchinnern entlehnt ist. An der nun folgenden Blütezeit der deutschen Kunst in ihrem glorreichen sechzehnten Jahrhundert hat aber auch die Affiche ihren Anteil gehabt. Ein Bruder des be rühmten Landschafters Albert Altdorfer, — Eberhard Alt dorfer, — der als Hofmaler der Obotritenherzöge in Mecklen burg lebte, hat im Jahre 1518 für eine in Rostock veran staltete Lotterie ein schönes Plakat geschaffen Gewiß hat es keine Fernwirkung im modernen Sinne, — aber deren be durfte es auch nicht, um in einer mecklenburgischen Stadt des sechzehnten Jahrhunderts aufzufallen. Ich glaube sicher, auch heute gelangt jede nicht zu kleine illustrierte Anzeige, die in einigen Exemplaren in Güstrow, Sternberg oder Malchin angeheftet wird, in kürzester Zeit zur Kenntnis der gesamten Bürgerschaft. Wie er aber zur Beteiligung an der Lotterie anlocken konnte, das wußte der Künstler ganz genau: oben bildete er die Ziehung ab, die sich unter behördlicher Aufsicht vollzieht und deren Ergebnis alsbald ausgeschrieben wird, so daß jeder Beschauer die Überzeugung gewinnen mußte, es werde streng reell zugehen Darunter aber wurden die zu verlosenden Gegenstände abgebildet, silberne Kannen, Schalen und Becher, Rosenkränze, Ringe, kostbare Stoffe
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