Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.10.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061002
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190610023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061002
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-02
- Monat1906-10
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 229, 2. Oktober 1906. Nichtamtlicher Teil. 9511 möglich übelnehmen; er muß doch auch den Rückgang der Konjunktur tragen, die, wie es schon häufig vorgekommen ist, ganze Literaturgattungen infolge Wechselns der Mode wertlos macht. So erinnere ich mich noch der schönen holländischen Ausgaben der griechischen und lateinischen Klassiker, von denen ich bei meinem Eintritt in den Buch handel eine große Menge vorfand. Diese Bücher, die noch kurze Zeit vorher pro Band 10,20 und 30 ^ gegolten hatten, waren mit einem Male geradezu unverkäuflich geworden. Wie diesen Schaden der Antiquar tragen muß, so muß er auch den Nutzen der Konjunktur wahrnehmen können. Auch die ersten Aus gaben der deutschen Klassiker waren nach einem großen Auf schwung in den fünfziger Jahren, wenn auch nicht gerade unverkäuflich geworden, doch nur zu sehr billigen Preisen abzusetzen. Gerade dieser tiefe Fall im Preis dieser Literatur erklärt den jetzigen Aufschwung, der vielen übermäßig er scheinen mag. Wenn Herr Professor Minor annimmt, daß die Einkaufspreise nicht gestiegen sind, so ist er auch darin in einem Irrtum. Während noch im Anfang und Mitte des vorigen Jahrhunderts aus dem Ausland, namentlich aus Italien, ganze Wagenladungen Bücher nach Deutschland über führt wurden, für die manchmal die Fracht höher war als der bezahlte Preis, kaufen jetzt die Italiener die Bücher von uns zurück. Während noch vor zwanzig Jahren große Biblio theken von Gelehrten zu mäßigem Preis in den Besitz des Antiquars übergingen und einen entsprechenden Nutzen ließen, hat es die Konkurrenz jetzt dahin gebracht, daß solche Biblio theken nur zu sehr hohem Preis verkäuflich sind, wodurch natürlich der Nutzen sehr ermäßigt wird. Dazu kommt noch, was ja auch Herr Professor Minor anführt, daß zahlreiche große Bibliotheken im ganzen ins Ausland, namentlich nach Amerika verkauft worden sind. Dadurch ist die Beschaffung von Büchern für den Antiquar erheblich erschwert, und die Preise, die er zahlen muß, sind erhöht worden, während die Verkaufspreise, abgesehen von einzelnen Teilen der Wissen schaft, nicht gestiegen, eher niedriger geworden sind. Bei Seltenheiten, Erstdrucken und ähnlichen Ausgaben ist freilich ein Steigen der Preise unvermeidlich, und die jenigen, die, wie Herr Minor, in der Lage gewesen sind und diese Lage ausgenutzt haben, sich wertvolle Bücher zu mäßigen Preisen hinzulegen, sind durch die Preissteigerung am meisten überrascht. Wenn ich mein Spezialfach ansehe, so kann ich darauf Hinweisen, eine wie ausgezeichnete Sammlung von volkswirtschaftlichen Werken der jüngst verstorbene Anton Menger zu mäßigen Preisen zusammengebracht hat. Ist aber nun der Antiquar derjenige, der die Preise wirkich erhöht hat? Es ist doch eine Verkennung der wirtschaftlichen Zu sammenhänge, wenn man annehmen wollte, ein Antiquar oder die Gesamtheit der Antiquare — wo ist diese zu finden? — könne Preise dekretieren Auch ich habe, angeregt durch Menger, versucht, namentlich die englische sozia listische und verwandte Literatur dem kontinentalen Markte zugänglich zu machen, und habe da mancherlei Erfolge aufzuweisen. Hier waren die Preise zu Anfang billig, sehr billig, aber bei der wachsenden Nachfrage gingen sie, zwar nicht sprungweise, doch nach und nach ganz er heblich in die Höhe. Auch bei mir; aber nicht etwa erhöhte ich die Preise, während ich wieder und wieder die ursprüng lich billigen Preise zahlte, nein, auch ich mußte die höheren Preise anlegen, wenn ich die Bücher haben wollte So habe ich meines Wissens das erste Exemplar der ersten Auflage von Thompsons Lrweiplss ok vssltb wost ooock. to bwusv l>3ppiüs88 Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in meinem Katalog mit 8 angesetzt; im Jahre 1903, als ich eines Exemplars bedurfte, um die für meine Bibliothek der Volkswirtschaftslehre oeranlaßte Übersetzung Herstellen zu lassen, mußte ich selbst 1 F in London be zahlen. Die erste Ausgabe von Adam Smith, 'Wesltb ok vLtiovs 1776, habe ich von 20 auf 40 heraufsetzen müssen, während das letzte Exemplar, das ich in einer Auktion aufgegeben habe, für 55 ^ verkauft worden ist. Ich könnte diese Liste noch sehr vermehren; ich meine aber, diese Beispiele genügen, um darzutun, daß der Antiquar der Steigerung des Marktes folgt, nicht sie veranlaßt. Herr Professor Minor sagt: »Und so ist es gekommen, daß die deutschen Antiquare nach und nach ihre Kataloge überhaupt nur mehr im Hinblick auf die Dollarwährung zu sammenstellten und Preise zu notieren begannen, die bisher unerhört waren.« Sieht man von der rhetorischen Übertreibung ab, und nimmt man an, daß statt Dollarwährung auch irgend eine andre nichtdeutsche Währung hätte genannt werden können, so liegt ein Körnchen Wahrheit darin. Wer sind aber die besten Kunden des deutschen Antiquars, das Inland? Nein, das Aüsland, wozu ich in diesem Sinne auch Österreich- Ungarn rechnen kann. In diesen Blatte*) ist hiervon die Rede gewesen. Aus dem Jahresbericht des Vorsitzenden der Deutschen Bibliothekare, des Herrn Geheimrats Schwenke, habe ich die Worte zitiert: »Nach den Angaben eines Antiquars, in die ich keinen Zweifel setze, kommen auf 25 000 Auf träge aus dem Auslande höchstens 2000 aus dem Inlands, von Sammlern und Bibliotheken « Ist es da ein Wunder, wenn der deutsche Antiquar nach dem Auslande blickt? So ist es jetzt, so war es früher. Den deutschen Sammlern und Bibliotheken waren auch die früheren billigen Preise, besonders die, die für Seltenheiten gefordert wurden, zu hoch, und so ist der schönste und größte Teil unserer Bücher ins Ausland gewandert; die Bücher fehlen, die Preise erhöhen sich, und nun klagen deutsche Bibliotheken, deutsche Sammler, daß sie nicht mehr kaufen können, und deutsche Antiquare, daß sie die Bücher nur zu erheblich erhöhten Preisen kaufen und folglich auch nur zu erheblich erhöhten Preisen verkaufen können. Jeder Antiquar könnte hierfür Beispiele aus seinem Wirkungskreis in Fülle beibringen. Aus meiner Praxis nur eins. Ich hatte vor kurzem die erste Ausgabe eines Buchs, das neben dem wissenschaftlichen Interesse ein spezielles für Berlin hat. In den mehr als vierzig Jahren meiner Berufstätigkeit war mir kein Exemplar in die Hände gekommen, auch keins in andern Antiquarkatalogen aufgestoßen. Soviel ich feststellen konnte, besitzt außer der Königlichen Bibliothek in Berlin keine Bibliothek ein Exemplar. Ich habe, um das Exemplar in Deutschland zu erhalten, einen im Verhältnis zur Seltenheit des Buchs sehr mäßigen Preis angesetzt, den ich, wenn ich auf das Ausland hätte spekulieren wollen, auf das Doppelte hätte setzen können. Keine deutsche Bibliothek, kein deutscher Liebhaber hat das Exemplar gekauft, es ist nach Amerika ge gangen. Man kann ruhig sagen, daß das Interesse der deutschen Bibliotheken für Antiquarkataloge minimal ist — bei diesen infolge ihrer unzulänglichen Mittel, die für Ausfüllung von Lücken nicht vorhanden sind —, das Interesse der deutschen Gelehrten aber nicht sehr groß. Auch dies ist erklärlich, wenn auch nicht erfreulich. Aber nicht die hohen Preise der Antiquare sind die Ursache; die Ursache liegt einerseits in den gesteigerten Bedürfnissen, die nicht mehr so viele Mittel für Bücher aufzuwenden gestatten wie früher, die Steigerung der Mieten, die eine Aufwendung für ein Bibliothekzimmer häufig nicht erlauben, endlich die viel geringere Seßhaftigkeit der Professoren, als es früher der Fall war. Ich erinnere mich noch mit Vergnügen des Hauses des Professor Bluhme in Bonn, dessen Bibliothek in meinen Besitz übergegangen ist. ") Börsenblatt 1906, Nr. 201, S. 2181. 1250'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder