214, 14. September IS06. Künftig erscheinende Bücher. 8785 L. Steinkopf in Stuttgart. (A In ca. 8 Tagen erscheint: Jngeborg Maria Zick, Jungfrau Elfe. 24 Bogen 8°. Geh. ^ 4.— ord., ^ 3.— no., ^ 2.80 bar. Geb. S.— ord., ^ 3.75 no., ^ 3.50 bar. Freiexemplare 7/6. Zur Probe mit 40°/» 2 Exemplare geh. für ^ 4.80, geb. für 6.—. Verlangzettel liegt bei! Jngeborg Maria Sicks neues Buch erzählt von einem Pfarrhaus, wo ein Ehepaar in besonders glücklicher Ehe miteinander lebt. Der ernste, etwas verschlossene Mann und die lebhafte, überall gegenwärtige Frau ergänzen einander. -Vater-, sagt die junge Frau zu ihrem Töchterchen, -bekam mich vom lieben Gott, damit er sich nicht irgendwo festfahre, ich aber bekam ihn, damit ich nicht durchgehe.- Für das Kind teilt sich das Pfarrhaus unwillkürlich in zwei Hälften. Die eine Seite ist die Kirchhofseite, die andere die Hochzeitsseite, des Lebens Helle, frohe Sonnenseite. Die Kirchenglocken läuten zum Begräbnis und zur Hochzeit. So ist es sehr verständlich, daß das Kind diese zwei Seiten im täglichen Leben und in seinem Spiel sich widerspiegeln sieht. In dieser Kindheitsbeschreibung ist ein Flug und eine Schönheit, die keinen einzigen Leser kalt lassen werden; sie ist wohl das Beste, was die begabte Schriftstellerin je geschrieben hat. Bildung und Menschenkenntnis, wahres Gefühl und feiner Humor leuchten hier aus jeder Zeile. Aber die kleine Else wächst heran und wird eine schöne große Jungfrau Else. Es ist natürlich, daß eines schönen Tages auch die Liebe bei ihr anklopft. Die Mutter, die bei einem ihrer Werke der Barmherzigkeit das Leben zugesetzt hat, hat sie mit dem ernsten Vater allein gelassen. Selbst muß sie deshalb den Kampf mit dem Leben aufnehmen. Daß sich Klein-Else in einen ausgesprochenen Freidenker verliebt, wird man begreiflich finden, wenn man die Verfasserin des „Hochlandspfarrers" kennt. Der Eigenart Jngeborg Maria Sicks entspricht es, den Konflikt der Leidenschaft auf solcher Grundlage zuzuspitzen. Wie wird es aber der kleinen Else in ihrer Ehe mit dem jungen Freidenker gehen? Ich bitte um gütige Verwendung. Hochachtungsvoll I. F. Steinkops. In den nächsten Tagen erscheint: ZMencle Seele. NM AE. 18 Bogen stark. Preis geheftet 3.— ord., 2.25 no., 1.80 bar und 7/6; gebunden ^ 4.— ord., 2.50 netto bar. Gebundene Exemplare auch bei K. F. Koehler, L. Staackmann und F. Volckmar in Leipzig. Anny Wothe, die beliebte Erzählerin, bietet hier einen neuen Roman, der eine ausgezeichnete und scharf geschnittene Silhouette aus dem Leben des pensionierten, pekuniär nicht sonderlich gut gestellten Offiziers, wie wir ihm so manches Mal in der Reichshauptstadt begegnen, bedeutet. Dieser Gerhard von Hessenstein, eine echte Kavaliergestalt, nicht nur äußerlich ritterlich, auch im Innern gefestigt und ehrlich, ein braver Charakter, der lieber zur Pistole greift, als sich durch die pekuniären Sorgen auch nur ein Fleckchen auf seine Offiziersuniform spritzen lassen, ist eine prächtig gemeißelte Figur, welcher als Antipode der Kommerzienrat Dürrberg mit egoistischen kalten Anschauungen gegenübersteht. Typus: Berlin IV., Börse und Tiergartenviertel; Moral: Unter dem Gefrierpunkt. Die Differenzen, die sich zwischen diesen beiden Männern ergeben, die noch dazu in einem verwandtschaftlichen Ver hältnis stehen (denn des Kommerzienrats Tochter hat den Sohn des Majors geheiratet), die Ausbeutung des mit Geldgeschäften nicht vertrauten Offiziers durch den Börsianer, der Selbstmord des greisen ruinierten Majors, alle diese Momente sind in einer Serie spannend gehaltener und fein ausgearbeiteter Kapitel von der Verfasserin in elegantem Stil geschildert worden. Das Interesse wird von Abschnitt zu Abschnitt reger und wärmer, und nicht ohne tiefe Ergriffenheit, zu der uns die Tragik des hier Geschauten zwingt, legen wir das Buch aus den Händen. — Wer ein Auge dafür hat, wird diese Studienköpfe Anny Wothes in irgend einem süddeutschen Pensionopolis, oder in der Reichshauptstadt, wo sie allerdings in der Brandung des Lebens schwerer zu erkennen sind, oft genug gesehen und beobachtet haben. Und für den ist der Roman natürlich noch um manchen Grad fesselnder. Ich bitte zu verlangen! Bremerhaven, den 12. September 1906. L v. Llangerow