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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1906
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- 1906-07-24
- Erscheinungsdatum
- 24.07.1906
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- Deutsch
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7124 Nichtamtlicher Test. 169, 24. Juli 1906. Nichtamtlicher Teil. Die Zuständigkeit des Reichsgerichts in Arheberrechtssachen. Ein Jahr ist fast verstrichen, seitdem das zum Zweck der Entlastung des Reichsgerichts ergangene, die Revisions- summe auf 2500 ^ festsetzende Gesetz zur Abänderung der Zivilprozeßordnung in Kraft getreten ist. Mit großem Miß vergnügen haben seinerzeit die weitesten Kreise der deutschen Juristenwelt den Gesetzgeber sich auf eine Bahn begeben sehen, auf der für eine moderne Gesetzgebung alles eher als Lor- beern zu ernten waren; mit den stärksten Befürchtungen haben sie insbesondere der Einwirkung der Novelle auf die Rechtsprechung in Fragen der immateriellen Rechte entgegen- geschen und behauptet, daß für große Gebiete des gewerb lichen Eigentumsrechts die Novelle tatsächlich eine Ausschal tung der Kompetenz des Reichsgerichts bedeute. Auf dem Gebiet des Urheberrechts liegen die Verhält nisse nicht ganz so ungünstig wie auf dem des Warenzeichen- und Wettbewerbsrechts; dennoch ist auch hier die befürchtete Folge nicht ausgeblieben. Die Möglichkeit, in einer Urheber rechtsfrage eine Entscheidung des Reichsgerichts herbeizuführen, ist heute im Vergleich zu früher ganz außerordentlich er schwert, und es konnte oft genug festgestellt werden, daß, mit Rücksicht auf die Bedenken, die dem Nachweis, beziv. der Glaubhaftmachung der Revisionssumme entgegenstanden, von Einlegung der Revision Abstand genommen werden mußte. Das Reichsgericht prüft selbständig, ob die Revisions summe vorhanden ist. Die Feststellungen der vordem In stanzen über den Streitwert binden es nicht, die Anforde rungen, die das Reichsgericht in bezug auf die Glaubhaft machung der Revisionssumme stellt, sind strenge, und die Rechtsübung des Reichsgerichts läßt erkennen, daß weit eher auf eine weitere Betonung als auf eine Abschwächung dieser Tendenz zu rechnen ist. Gerade bei Rechtsstreitigkeiten, in denen es sich um die Abgrenzung der urheberrechtlichen Be fugnisse handelt, ist es häufig geradezu unmöglich, den ganzen Wert, um den es sich dabei handelt, soweit glaubhaft zu machen, daß auch nach einer strengen Anschauung die Revisionssumme vorhanden ist. Bei dem Streit um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Urheberberechtigung kommt für denjenigen, der die An erkennung des von ihm beanspruchten Exklusivrechts begehrt, nicht nur der Schaden in Betracht, der ihm durch die von seinem Prvzeßgegner begangene Verletzung bereits erwachsen ist und noch erwachsen wird, sondern auch der weitere, der sich daraus ergibt, daß Andere ebenfalls die Verletzung vor nehmen werden. Es ist beispielsweise die Frage zu ent scheiden, ob die Übersetzung eines beliebten französischen Romans, die in der Zeit vor dem Erlaß des Urheberrechts gesetzes von 1901 vorgenommen wurde, mit dem Rechte eines deutschen Verlegers, der das ausschließliche Über setzungsrecht rechtsgeschäftlich erworben hat, kollidiert oder nicht. Wird die Kollisionsfrage in verneinendem Sinne entschieden, so muß der, auf den die Übersetzungsbefugnis rechtsgeschäftlich übertragen worden ist, nicht nur mit der bereits vorhandenen, sein Recht beeinträchtigenden Übersetzung rechnen, sondern des weitern auch damit, daß alsbald noch andere, zum Teil sogar billigere Übersetzungen erscheinen werden, durch die ihm die Möglichkeit des Ab satzes seiner Übersetzung wesentlich erschwert wird. Dieser Nachteil ist nicht selten größer als der elftere, und doch wird es zum mindesten sehr schwer sein, ihn bei der Glaubhaft machung der Revistonssumme dergestalt in Rechnung zu stellen, daß hiermit auch den strengen Ansichten des Reichs gerichts genügt wird. Wer in der Praxis des Urheberrechts steht, weiß, daß diese Behauptungen auf Tatsachen beruhen und daß die Zahl der urheberrechtlichen Streitigkeiten, die heute noch zur Kognition des Reichsgerichts gebracht werden können, im Verhältnis klein ist. Je mehr aber gerade auf diesem Gebiete eine gleichheitliche Auslegung des geltenden Rechts dem Bedürfnis des Verkehrs und des rechtsuchenden Publi kums entspricht, in um so höherem Maße ist es zu bedauern, daß mehr und mehr der Schwerpunkt der urheberrechtlichen Rechtsübung in Deutschland in die Urteilstätigkeit der Ober landesgerichte fällt. Mit der Zeit wird, falls keine Änderung in dieser Hinsicht eintritt, dies eine Eigentümlichkeit der deutschen Rechtspflege bilden, auf die stolz zu sein wahrlich kein Grund vorhanden ist. Wenn jetzt auf diesen Übelstand hingewiesen wird, der sich je länger je mehr fühlbar machen wird, so scheint ein mal mit Rücksicht auf die einjährige Geltung der Zioil- prozeßnovelle und die während dieser Zeit gemachten Er fahrungen genügender Anlaß hierzu vorhanden zu sein; sodann aber bietet die im Spätherbst bezw. im Winter be vorstehende Verabschiedung des Kunstschutzgesetzes eine mehr als ausreichende Rechtfertigung hierfür. Die Streitfragen, die auf dem Boden dieses entstehen werden, dürften an Zahl diejenigen bei weitem übertreffen, die in Ansehung des lite rarischen Urheberrechts entstehen, und ihre vielfach schwierigere Natur verlangt das Bestehen einer einheitlichen Auslegung in intensivstem Maße. Nun ist ja allerdings vorab nicht daran zu denken, daß allgemein die Revisionssumme wieder herabgesetzt wird, die Schäden der Erhöhung müssen erst in viel deutlicherer Gestalt verkörpert sein, bevor den hierauf gerichteten Anregungen ein gewisser Erfolg in Aussicht ge stellt werden kann. Dagegen dürfte es doch möglich sein, für die Reoisionsentscheidungen in Fragen des geistigen und künstlerischen Urheberrechts nicht minder Sonderrecht zu schaffen wie für die Entscheidungen in Fragen des gewerb lichen Eigentums. Sollte es wirklich unmöglich sein, im Reichstage einem Vorschläge die Mehrheit zu schaffen, wo nach die erhöhte Revistonssumme dann keine Voraussetzung für die Revision bildet, wenn die Entscheidung über die Revision dem Reichsgericht durch ein besondres Reichsgesetz zugewiesen ist? Und sollte es aussichtslos sein, die Zu stimmung des Bundesrats zu einem solchen Beschluß des Reichstags zu erreichen? Man braucht wahrlich kein Optimist zu sein, um die Unmöglichkeit zu verneinen, zumal man auch in Kreisen der Regierung doch empfindet, daß infolge der Erhöhung der Revisionssumme die Ein wirkung des Reichsgerichts gerade auf das moderne Recht eine recht bescheidene zu werden droht, wenn sie es nicht schon jetzt geworden ist, und daß dadurch mit der Zeit Deutsch land gegenüber andern Ländern auf diesem Gebiet in den Hintergrund gedrängt werden wird. So wertvoll die Fortbildung des materiellen Urheber rechts im Wege der Gesetzgebung ist — mindestens so wert voll ist die Sicherung einheitlicher Auslegung dieses Rechts durch das Reichsgericht. Diese Sicherung fehlt uns aber seit dem Gesetz von 1905 in bedenklichem Maße. vr. Ludwig Fuld, Rechtsanwalt in Mainz.
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