Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.07.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19060727
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190607271
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19060727
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-07
- Tag1906-07-27
- Monat1906-07
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
pV 172, 27. Juli 1906. Nichtamtlicher Teil. 7219 Ansicht, die zuerst von dem Pfarrer I. Niesert 1825 aus gesprochen worden ist, durch den Umstand, daß die Typen der Bibel in datierten Drucken Quentells aus den Jahren 1479 bis 1482 sich wiederstnden. Das Erscheinungs jahr der Bibel ist ebenso unbestimmt wie der Drucker; da aber ihre Holzschnitte auffallenderweise schon 1483 in der von Koberger in Nürnberg gedruckten Bibel wiederkehren, so muß der Druck vor diesem Jahre in Köln stattgefunden haben. Ihre Randleisten treten aber teilweise auch in datierten Quentellschen Drucken aus den Jahren 1479 und 1480 auf, und da sie hier schon Anzeichen starker Benutzung haben, so ist die Bibel höchst wahrscheinlich nicht nach 1479 gedruckt.*) Da aber zu dem Text der Kölnischen Bibel diejenigen von Augsburg und Delft aus den Jahren 1475 bezw 1477 be nutzt worden sind** ***) ), so ist der Druck höchstwahrscheinlich um 1478 zustande gekommen, welcher Ansicht auch Voullisme ist.**') Aus dem Angeführten geht schon hervor, daß sich seit 1897 mehrere Forscher mit der Frage der Kölnischen Bilder bibel befaßt haben, und es hat in der Tat nicht an neuen Kombinationen gefehlt. Schon der kölnische Antiquar Lempertz ist in den 1830er Jahren der Ansicht Nieserts entgegen- getreten und hat den Drucker Götz von Schlettstadt als den Schöpfer des Werkes bezeichnet. Bei Quentell besteht näm lich die Schwierigkeit, daß er erst im Jahre 1479 in Köln, eben durch seine ersten datierten Drucke nachgewiesen werden kann. Aus dem genannten Jahre liegen gleich sechs Erzeug nisse seiner Presse vor, von denen fünf umfangreiche Werke sind. Man müßte also annehmen, daß er die Bilderbibel als erstes Werk seiner Presse undatiert gedruckt habe. Auch fehlen der Bibel die Seitenzahlen, Signaturen und Kustoden, die sich in den andern Drucken Quentells finden; dann wären sie eben erst nach der Herstellung der Bibel bei dem Drucker eingeführt worden. Diese Annahmen wären indes nicht so sehr unwahrscheinlich, daß man sie von vorn herein verwerfen könnte; vielmehr spricht gegen diesen Drucker erstens der Umstand, daß die Druckpraxis der Bibel von derjenigen der Quentellschen Erzeugnisse verschieden ist, und zweitens, daß die Holzschnitte so bald darauf bei einem fremden Drucker auftauchen, an diesen also verkauft worden sind. Hierzu war Quentell nicht gezwungen, der in Johannes Helman einen anscheinend sehr wohlhabenden Schwieger vater hatte, dessen Verlagstätigkeit auf reiche Mittel schließen läßt. Die Annahme, daß Quentell nicht der Drucker der Bibel sei, wird auch von solchen Forschern geteilt, die dem Götz ihre Herstellung absprechen. So hält der schon angeführte Gerlach den Bartholomäus von Unckel für den Drucker, den auch schon Lempertz als in Frage kommend erwähnt hatte. Dem Kölner Stadt-Bibliothekar vr. O. Zaretzky ist es vor mehreren Jahren gelungen, im Stadtarchiv eine Urkunde zu finden, aus der hervorgeht, daß Götz für Quentell gedruckt hat und daß er nicht über große Mittel verfügte; es heißt sogar darin, daß er, wie stadtkundig sei, kein Brot zu essen habe. Dieser Ausspruch mußte angesichts der Tat sache befremden, daß Götz vermutlich innerhalb 7 Jahren mehrere umfangreiche lateinische Bibeln gedruckt hat und eine große Anzahl andrer Werke, von denen sieben über 300 Seiten stark find. Ein neues Licht in diese unklaren Verhältnisse werfen *) Gerlach, Der Drucker und die Ausgaben der Kölner Bilder bibel in »Beiträge zur Kenntnis des Schrift-, Buch- und Bibliotheks wesens-, Hrsg, von K. Dziatzko. V. Leipzig 1900. S. 32. **) Walther, Die deutsche Bibelübersetzung des M.-A. Braun schweig 1889 Sp. 662. ***) Der Buchdruck Kölns bis zum Ende des 15. Jahrh. Bonn 1903. S. 114. nun zwei Urkunden, die O. Zaretzky kürzlich im Stadt archiv aufgefunden und im Heft 3 der »Zeitschrift für Bücherkunde« 1906/07 veröffentlicht hat. Wenn auch damit die vielumstrittene Frage nach dem Drucker nicht gelöst wird, so geben sie doch wertvolle Direktiven und stellen einen Mann in den Vordergrund, der sehr wohl mit dem Bibel druck in Beziehung gestanden haben kann: den Schwieger vater Quentells, Johannes Helman. Helman war Asseymeister (städtischer Beamter für die Münzprüfung) und Schreinsschreiber der Stadt Köln, der in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts sehr oft genannt wird. Bemerkenswert findet es Zaretzky, daß Helman, der häufig Reisen unternahm, auffallend oft Frankfurt während der Messen besuchte. Wie ein erhaltenes Ver zeichnis der Schuldner der Drugwarenakzise*) aus den Jahren 1469—79 ausweist, hat Helman, wie einige andre bekannte Kölner Drucker, bedeutende Sendungen Papier bezogen, die 1473 und 1474 sogar diejenigen des Druckers Kölhoff um das Doppelte übertrafen. Da nun aber Helman selbst keine Druckerei besaß, so kann er nur Papierhändler oder Verleger gewesen sein, der das Material für seinen Schwiegersohn Quentell bezogen hat. Das Schriftstück, das Zaretzky jetzt entdeckt hat, gibt uns Kunde von Streitigkeiten zwischen Helman, Quentell und Götz nach dem Druck einer lateinischen Bibel, für die Helman und Quentell das Papier geliefert und einen Zuschuß in barem Gelde geleistet hatten. Götz beschwerte sich beim Rat der Stadt Köln über die beiden, welche Beschwerdeschrift bis jetzt leider nicht hat aufgefunden werden können; wohl aber ist nun die Rechtfertigungsschiift dagegen ans Licht gekom men. Daraus geht hervor, daß die zwischen den streitenden Parteien bestehende Geschäftsverbindung sich nicht auf den Druck dieser lateinischen Bibel beschränkt hat, sondern daß Helman, Quentell und andere dem Götz »zu tun« gegeben haben, da es ihm an eignem Betriebskapital mangelte. Wie umfangreich diese Aufträge gewesen sein müssen, geht aus dem Vorwurf in dem oben erwähnten Helmanschen Recht fertigungsschreiben hervor, daß Götz seine Auftraggeber um 700 Gulden zu betrügen versucht habe. Zaretzky nimmt nun an, daß es Götz in Anbetracht seiner mißlichen Verhält nisse, und nachdem er seinen bisherigen Kapitalisten ver loren hatte, vorgezogen habe, nach dem Druck seiner am 9. Mai 1480 vollendeten vierten lateinischen Bibel Köln den Rücken zu kehren. Er wandte sich nach Süddeutschland zurück und machte seine angeblichen Forderungen während der vier folgenden Jahre nun auf schriftlichem Wege geltend. Aus den ermittelten Tatsachen schließt nun Zaretzky, bei der zwischen Helman und Götz offenbar schon längere Zeit bestehenden Geschäftsverbindung liege es außerordentlich nahe, anzunehmen, daß Götz auch bei den ersten aus der jungen Quentellschen Offizin hervorgegangenen Drucken zu »tun« gehabt hat. Die Drucke des Jahres 1479 tragen sämtlich Quentells Namen und einen einheit lichen Charakter, so daß nicht ersichtlich ist, in welcher Weise Götz an diesen Werken beteiligt gewesen sein könnte; die ein bis zwei Jahre früher entstandene deutsche Bibel dagegen, die wir für den ältesten Druck der Quentellschen Offizin halten müssen, zeigt in der Druckpraxis Abweichungen von den ersten mit Quentells Namen versehenen Drucken, die wir nicht ohne weiteres auf Rechnung des Zufalls setzen können, für die wir aber bislang keine Erklärung hatten. Diese Abweichungen führt Zaretzky auf die Mitwirkung des *) Drugwaren — trockene Waren, bei denen die Stadt Köln die Stundung der Akzise gewährte (vgl. Knipping, Die Kölner Stadtrechnungen des Mittelalters S. XXIV, I-XXIX). 949
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder