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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.06.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-06-07
- Erscheinungsdatum
- 07.06.1906
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- Deutsch
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5654 Nichtamtlicher Teil. 129, 7. Juni 1906. und längere berufliche Tätigkeit erworben ist. Ebenso wie ein intelligenter strebsamer Schreiber durch Fieiß und Aus nutzung der sich ihm bietenden Gelegenheiten ein tüchtiger, vollwertiger Buchhändler werden kann, ebenso werden ander seits junge Gehilfen trotz ausreichender Vorbildung und Lehr zeit, wenn sie die Gelegenheit zur Fachbildung versäumen, nur als mechanische Hilfskräfte Anstellung finden. Alle Angestellten des Buchhandels nennen sich heute »Buchhandlungsgehilfen«; so grundverschieden die Leistungen der einzelnen im Vergleich sein werden, so sehr werden ihre Ansprüche und wirtschaftlichen Ziele auseinandergehen. Der junge Buchhändler, der, ausgerüstet mit dem Ein jährigen - Zeugnis oder einer noch weiter gehenden Vor bildung, eine dreijährige Lehrzeit in einer guten Buch handlung gewissenhaft zu seiner Fachbildung benutzt hat, kann und muß von vornherein ganz andere Ansprüche stellen als ein Schreiber, der ein Jahr in einer Buchhand lung Abschriften usw. besorgt hat. Die Interessen beider gehen in vielen Punkten wesentlich auseinander; sie können sich unter Umständen direkt entgegenstehen. Es dürfte auch bekannt sein, daß alle sozialen Berufsorganisationen in erster Linie eine Hebung des Standes bezwecken und nötigenfalls stets einen Unterschied machen zwischen »gelernten« und Hilfs-Arbeitern. Um ein naheliegendes Beispiel anzu führen: Es fällt keinem gelernten Buchdrucker ein, den Hilfs arbeiter in der Druckerei als Gleichberechtigten anzusehen. Diese Auffassung wird auch sicher von einem großen Teil der Gehilfenschaft geteilt; es sind zahlreiche und deut liche Beweise dafür vorhanden. Die Frage, warum diese Anschauungen nicht in der Öffentlichkeit bekannt werden, findet ihre einfache Lösung in dem Fehlen eines unabhängi gen oder wenigstens objektiven Organs der Gehilfenschaft. Die Buchhändler-Warte umgeht jede sachliche Kritik von Auslassungen, die nicht mit dem Organisationsgedanken der Vereinigung in Einklang stehen, und sie bekämpft mit per sönlichen Verdächtigungen und tendenziösen Entstellungen, mit Spott und Hohn grundsätzlich alle Andersdenkenden und jede ernste Arbeit im Interesse der Allgemeinheit, wenn sie sich auf andern als auf den von ihr gutgeheißenen Wegen vollzieht. Es gibt schon eine ganze Auswahl von Titula turen für solche Gehilfen von der »vorsintflutlichen An schauung« und dem »Kriecher vor den Prinzipalen« bis zum »Verräter an der Sache der Gehilfenschaft«. Wer be gibt sich gern in einen Kampf, der mit so ungleichen Waffen geführt wird und in dem der Gegner eine ehrliche Über zeugung und das Bestreben, der Gehilfenschaft zu nützen, absichtlich mißachtet? Darum muß es aber einmal offen ausgesprochen werden, daß die Allgemeine Vereinigung in ihrer heutigen Form keine würdige Vertretung des Jungbuchhandels ist. Weite Kreise der Gehilfenschaft wollen nicht mit den Lohnarbeitern im Buchhandel, die von der Sozialdemokratie zur Stellung von Lohnforderungen und zum Eintritt in eine Tarif bewegung eingeladen wurden, auf eine Stufe gestellt werden. Die Forderungen, die sie zu stellen sich für berechtigt halten, find andrer Art und wesentlich höhere; sie betrachten sich als gleichberechtigte Mitglieder eines Berufes, als »Buch händler« und erstreben entsprechende Beachtung und Be zahlung seitens ihrer Prinzipale, denen sie als Mitarbeiter im Existenzkampf zur Seite stehen. Ihr Ziel ist eine aus kömmliche, der gesellschaftlichen Stellung des Buchhändlers angemessene Position, die der Buchhandel jedem bieten kann, der die Anforderungen des Berufs zu erfüllen in der Lage ist. Der einzelne kann dies erreichen nur durch Weiter bildung und Ausnutzung der Gelegenheit zum Lernen in der Praxis. Nicht durch Beitritt zu einer Organisation allein verbessert man seine und seiner Berufsgenoffen wirt schaftliche Lage, sondern durch Arbeit und Streben nach den verschiedenen Zielen, die der Beruf bietet. Wie wohl überall werden im Buchhandel nur die tatsächlichen Leistungen be zahlt, die sich in ihrer Verschiedenartigkeit nicht in einen Tarif werden bringen lassen. Wenn die Allgemeine Vereinigung in ihren Werbe zirkularen behauptet: »Der Gehilfe ist lediglich nur noch »Arbeitskraft«, ein Rad in der Maschine; die Arbeitsbedin gungen werden ihm von der übermächtigen Prinzipalität diktiert; er hat sie anzunehmen oder — zu hungern«, so kann dies nur für Hilfskräfte zutreffen, die eben nichts weiter als Maschinenarbeit zu leisten vermögen. Diese Maschinen arbeit wird freilich nirgends besonders gut bezahlt werden, und für solche Leute mag schließlich auch eine Entlohnung nach Stunden oder nach einem Tarif erstrebenswert sein. Wer den Buchhandel als Lebensberuf gewählt hat, wird höhere Anforderungen an sich stellen und andere Ziele ver folgen, und er wird diese Ziele ganz oder teilweise nur er reichen als denkender Mitarbeiter seines Prinzipals durch seine Arbeit und sein Wirken im Interesse des Geschäfts. Nur solche Arbeiter können auf bessere Bezahlung hoffen, als die »Räder« in der Maschine. Ein junger Buchhändler, der diese bessere Bezahlung erstrebt — und wer täte dies nicht! —, kann sich unmöglich, ohne sich und seine gleichberechtigten Kollegen zu schädigen, auf einen grundsätzlichen Kampf standpunkt gegenüber der Prinzipalität stellen. Er müßte diesen Standpunkt ja doch aufgeben, sobald er sein Ziel, eine würdige Position im Beruf, als Prinzipal oder Ange stellter, erreicht hat; als ehrlicher Mann kann er nicht eine Überzeugung vertreten, von der er von vornherein wissen muß, daß er sie unter keinen Umständen aufrecht erhalten kann. Die Waffen des Gehilfen im Kampf um sein Fort kommen sind seine Kenntnisse und Fähigkeiten; sie allein befähigen ihn dazu, seine Interessen dem Chef gegenüber wirksam zu vertreten. Diese Waffen dem Jungbuchhandel, dem Nachwuchs in die Hand zu geben, sie zu verbessern und zeitgemäß zu erneuern, sollte die vornehmste Aufgabe der Führer der Gehilfenschaft sein; sie würden damit die wirt schaftliche Lage aller Berufsgenossen bessern helfen. Eine geeignete Vertretung der Gehilfeninteressen sollte nicht mit allen nur denkbaren Mitteln, durch Verallgemeine rung und Übertreibung einzelner Schäden, durch Verhetzung und Verdächtigung die zwischen Prinzipalen und Gehilfen bestehenden Interessengegensätze verschärfen und künstlich er weitern. Ihr Ziel müßte es sein, in anständigem, dem ge bildeten Buchhändler würdigem Tone Berufsangelegenheiten zu besprechen, Verbesserungen anzucegen und zu unterstützen auf Grundlage der tatsächlichen buchhändlerischen Verhält nisse. Daß für solche Bestrebungen sich Arbeit in Menge bietet, weiß jeder erfahrene Kollege, und es kann auch nicht geleugnet werden, daß von seiten der Prinzipale viel ge schehen muß, um die wirtschaftliche Lage der Gehilfen zu bessern und den Stand, dem beide angehören, zu heben. Vor allem sollten die Chefs bei der Ausstellung von Zeugnissen unterscheiden zwischen Buchhändler und Hilfsarbeiter. Es sollte kein Gehilfenzeugnis ausgestellt werden, wenn der Lehr herr nicht mit bestem Gewissen bezeugen kann, daß der Lehr ling im Sinne der Bestimmungen des Handelsgesetzbuches auch wirklich im Berus ausgebildet wurde. Forderungen in dieser Richtung müssen auch von den Angestellten ausgehen; man kann nicht erwarten, daß die Prinzipalität grundsätzliche Zugeständnisse auf dem Präsentier teller entgegenbringen wird. »Ein gutes Wort findet eine gute Statt.« Die Wahrheit dieses Sprichwortes hat die Gehilfenschaft schon oft erfahren, und sie hat keinen Grund, die Gesamtheit der Prinzipale und ihre Organisationen als prinzipielle Gegner zu betrachten.
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