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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.06.1906
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- Erscheinungsdatum
- 01.06.1906
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- Deutsch
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5498 Nichtamtlicher Teil. ^ 125, 1. Juni 1906. heißt, weiß ich nicht mehr. Ich reiste eben nach Leipzig und sollte diese beißende Schrift nachgeschickt bekommen, so aber nicht erfolgte. Wie ich zurückkam, fragte ich ihn, warum ich solches nicht bekommen. Die Antwort war, er wäre darin zu grob zu Felde gegangen, hätte dem Sekretär Schernhagen nach Hannover, so sein Freund war, ein Exemplar geschickt, dieser hätte ihn gebeten, da Zimmermann so großen Anhang in Hannover hätte, so möchte er solches unterdrücken und kassieren, so er auch gethan hätte und verbrannt wären. Ich bat um ein Exemplar oder wenigstens mir solches nur lesen zu lassen, auch dieses konnte ich bei aller Freundschaft nicht erhalten und ver sicherte mich kein Exemplar zu haben. Ich wante mich an meinen Faktor, auch dieser und alles im Hause waren ihm so getreu und gehorsam, wider allen Gebrauch von Buchdruckern und ihren Gesellen, die sonst von allem ein Exemplar behalten, auch nicht ein Exemplar behalten zu haben. Endlich fiel mir ein der Reoisions- oder Korrekturbogen, so bei allen Buchdruckern aufgehoben wird und zurückzugeben vergessen war. Diesen be kam ich zu lesen und ging in aller Unschuld und Vertrauen zu ihm und sagte: Mein Gott, Lichtenberg, was bist Du für ein Mann! Gott behüte mich für deinem Zorn und Feindschaft! Wieso? frug er. Der arme Zimmermann, wie hast du den versohlt! Hast du die Schrift? in vollem Feuer war die Ant wort. Ich sagte: Ja! Nun fing er an zu schimpfen und zu lärmen über meine Leute, so er befohlen alles zurückzugeben. Ich erwiederte ihm, daß solches auch geschehen wäre, und daß es der Revisionsbogen wäre, so niemand bekäme, worauf er ant wortete, ich sollte ihm solchen mal weisen. Ich war so treu herzig und sowie er solchen hatte, zerriß er solchen und ver brannte die Stücken vor meinen Augen, und niemals, da ich glaubte, nach Zimmcrmann's Tode wenigstens ein Exemplar wieder zu bekommen, allein er versicherte mich allemal, daß er keines zurückbehalten und alles kassiert hätte, und ist gut, daß Sie solches noch gefunden, da Zimmermann tot und ihn als ein ehemaliger Freund durch die fameuse Schrift genung ge ärgert hat, so ich glaube noch zu haben, ihm aber niemals weisen mögen und durch andere muß erfahren haben.- Zimmermann war wegen seines Charakters berüchtigt, Lichtenberg berichtet 1784 an Schernhagen über einen Fall, der dem Buchhändler Ettinger mit Zimmermann passiert war und der hier zur Charakteristik des Gothaer Buchhändlers nachträglich eingefügt werden mag:«) >Ew. Wohlgebohren-, — schreibt Lichtenbcrg—»werden sich bcy Lesung der lezten Seite bekommenden Zeitungsblatts ge wiß, wie ich, auf eine angenehme weiße ärgern. Ist der Leib- medicus Zimmermann nicht ein rechter unverständiger Bengel? Ich glaube, daß jede Dienstmagd in Hannover gleich gemuth- maßt haben würde, daß das Paquet nicht an sie sei,. Mich freut die feine Rache des Commissions Rath Ettinger. Das Blatt geht hier von Hauß zu Hauß und wird mit dem größten Vergnügen gelesen. Ew. Wohlgebohren können beykommendes behalten und beliebigen Gebrauch davon machen. Ich wünschte nur, daß es in mehreren Blättern abgedruckt würde, nun wird man doch sehen mit was für einem Früchtchen ich zu thun gehabt habe. — Kästner schreibt mir, daß er die Gothaische Zeitung in seinen Stunden auf den Tisch legen wolle, damit sie die Pursche läsen. Ettinger hat ihm auch ein Exemplar zugeschickt; um die dumme Geschichte recht zu empfinden, muß man wissen, daß dieser Ettinger ein Mann ist, der gewiß kein Kind beleidigt, und der gewiß die Dependenz des Kaufmanns von seinen Kunden auch selbst in dem Fall, da sie schlechte Bezähler sind, noch sehr empfindet. Zur Erklärung dieses Falls inöge noch folgendes be merkt werdend) In den Gothaischen gelehrten Zeitungen vom LI. Juli 1784 findet sich unter der Überschrift: »Urbanität eines angesehenen Schriftstellers« ein Brief Zimmermanns an die Ettinger'sche Buchhandlung in Gotha abgedruckt, in dem er sich über eine fälschlich an ihn adressierte Büchersendung unter anderm mit den Worten beschwert: «) Lichtenbergs Briefe II, 137. «) Anmerkung zu Lichtenbergs Briefen I, 405. Entweder haben Ew. Wohlgeboren Visionen oder dieser Brief .... ist in der Raserei eines hitzigen Fiebers geschrieben. Ich kenne Sie nicht .... Sic müssen also nicht bei Sinnen ge wesen sein, als Sie an mich schrieben. Wenn Sie krank sind, so bedaure ich Sie dafür und verzeihe Ihnen Ihre Thorheit. Sind Sie aber nicht krank, so verlange ich von Ihnen zu wissen, warum Sie sich solche Impertinenzen einfallen lassen.« Der Abdruck des Zimmermannschen Schreibens war mit Recht die beste Charakteristik für den eitlen, groben Gelehrten. So bietet der Briefwechsel Lichtenbergs eine Fülle von Material, vor allem auch für den Buchhandel der Zeit, die Bedeutung der Dieterichschen Handlung, wie überhaupt einiger Handlungen in Universitätsstädten, die, von den Berliner, Leipziger, Frankfurter, Hamburger und wenigen andern Handlungen abgesehen, den literarischen Markt be herrschten und weithin ihre Verbindungen hatten. 1772 schreibt Lichtenberg aus Hannover an Dieterich:«) »Die Hauptursache warum ich schreibe ist, daß Du mir doch die Emilie Galotti von Hrn. Lessing schickst, auch wenn es sein kann die Ephemerides des Hell von diesem Jahr. In den hiesigen Buchläden kann man doch Nichts haben, und ich habe den Buchhändler Dieterich so sehr vermißt, als den Gevatter.« Und aus Bürgers Briefen erfahren wir, daß Joh. Gottl. Buhle 1789 an Bürger schreibt:?) »Mit den Buchhändlern ist nichts anzufangen. Helwing meynte, ob wir uns nicht mit — Mciners vereinigen könnten; ein besonderes Journal möchte er nicht gern noch übernehmen.- Was aber den Briefen einen so eignen Reiz gibt, ist der herzliche Ton, der zwischen Lichtenberg und Dieterich und dessen Familie herrscht und das dauernde freundschaft liche Verhältnis recht zum Ausdruck bringt. Die Persönlich keiten des Briefschreibers und der Empfänger treten uns menschlich näher. Dieterichs Gattin scheint nach allem, was wir über sie hören, eine vortreffliche Frau gewesen zu sein; fast kein Brief Lichtenbergs an Dieterich geht ab, ohne daß er das liebe Christelchen grüßen läßt, und die Briefe und Briefchen an Christelchen und die »Mamsellen« Dieterich sprudeln über von Mutwillen und scherzhaften Bemerkungen. Den jungen Mädchen sendet er Rätsel, Zeichnungen, bedankt sich für die Rute, womit das »unartige Katzenvieh« gezüchtigt werden soll, klagt dann wieder über das Unheil, das Miß Abington, die Katze, in seinem Bett angerichtet habe, und bittet Mutter und Töchter um Abhilfe. Mit den Töchtern treibt er allerlei kleine Scherze, neckt und hänselt sie, wie ein guter Onkel wohl tut, freut sich dann später ihres Glücks, als sie Bräute sind, und nimmt innig teil an der Trauer im Hause. Schwer klagt er, als gleich zeitig mit Dieterichs Tochter ein junges Mädchen, das er zu sich genommen hatte und erzog, starb und tiefste Trailer im Hause herrschte. Es ist die Tochter Dieterichs, bei deren Hinscheiden auch Bürger die tiefempfundenen Briefe an Dieterich, der über den Verlust fassungslos war, richtete. Lichtenbcrg, der selber schwer unter seinem Verluste litt, weiß den Freund aufzurichten und zu zerstreuen Frau Dieterich ist ihm, bis er selbst heiratet, alles; er wendet sich an sie, wenn er Gäste hat und sie würdig bewirten möchte, 1776 bittet er ihm für seinen Club für die armen Ehemänner »zwey Gothaische Hochzeit-Semmel mit Wein zu präpariren«, und 1786 ersucht er Frau Dieterich und Tochter, ihm bei dem Ausrichten einer Gesellschaft von zwölf Personen behülflich zu sein. So ließe sich noch eine große Anzahl Proben geben, die von dem reizenden Verkehr zwischen Lichtenberg und dem Dieterichschen Hause Kunde geben. Da findet sich einmal ein humoristisch abgefaßtes Urteil wider Frau Dieterich und Töchter wegen nächtlichen Mühlen- ") Lichtenbergs Briefwechsel mit Dieterich 55. ') Bürgers Briefe II, 314.
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